Karl-Heinz Miebach sparte wieder nicht mit Kritik. Beim Neujahrsempfang im Porzer Rathaussaal ging der Vorsitzende des Vereins Selbständiger Handwerksmeister Porz mit der Ampelregierung hart ins Gericht.
Hoffnungsvoll sei die Regierung vor drei Jahren gestartet. Nach 16 Jahren innenpolitischer Dornröschenschlaf sollte endlich eine Zeitenwende stattfinden.
"Leider", so Miebach, "folgten dann drei Jahre Dilettantismus". Im Jahr 2024 sei die Zahl der Insolvenzen um 24 Prozent gestiegen. Versäumnisse und nicht durchgeführte Reformen lassen schon länger als die vergangenen drei Jahren warten, sagte Miebach. Digitalisierung, Unterfinanzierung der Bildung, Fachkräftemangel, das nicht mehr zu finanzierende soziale Sicherungssystem, Wohnungsmangel, marode Infrastruktur und die Bürokratiekosten – das seien die Themen, mit denen sich die nächste Regierung beschäftigen muss.
Miebach kritisiert AfD und Kölner Kommunalpolitik scharf
Die politischen Entwicklungen würden der AfD in die Hand spielen. Antworten gäbe es von dieser Partei aber nicht, sagte Miebach. Es werde sich vielmehr auf nationale Inhalte und auf den Hass gegen Ausländer und Migranten fokussiert.
"Hätten wir hier keine Migranten in unseren Systemen, egal ob Wirtschaft, Gesundheit, Pflege oder Soziales. Alle Systeme würden kollabieren." Allein in seinem Betrieb würden 40 Prozent der Arbeitskräfte fehlen, betonte Miebach. Die AfD bezeichnete er als Vaterlandsverräter. "Die werden von Putin bezahlt, um uns hier zu destabilisieren. Leider mit zunehmendem Erfolg."
In der Kommunalpolitik sehe es nicht besser aus, sagte Miebach. "Die Verwaltung macht, was sie will und die Politiker im Rat der Stadt Köln schauen hilflos zu." Besonders Verkehrsdezernent Ascan Egerer bekam wegen der "Erfolge seiner Verkehrspolitik" sein Fett weg.
"Ich sehe ja ein, dass die Innenstadt ein Verkehrsproblem hat, aber: Wie sollen wir Handwerker dort arbeiten, wenn wir sie nicht anfahren und dort parken können?" Auch der ÖPNV pfeife aus dem letzten Loch. Besonders die Außenbezirke hätten darunter zu leiden.
Wollseifer kritisiert Bürokratie und Verkehrssituation
Hans Peter Wollseifer, Präsident der Handwerkskammer Köln, kritisierte in seinem Redebeitrag die immer weiter steigende Bürokratisierung und auch die Verkehrssituation. "Es häufen sich die Aussagen unserer Betriebe, dass sie Aufträge aus der Kölner oder aus der Bonner Innenstadt meiden." Auch weil es auf die Nerven gehe, "immer wieder nur stundenweise Parkplätze zu suchen".
Auch kritisierte er, dass immer noch die großen Industrieunternehmen in den Fokus gesetzt werden. Als Ford Ende des Jahres 2024 angekündigt hat, tausende Arbeitsplätze in Deutschland und vor allem einen Großteil in Köln abzubauen, sei das wirklich eine schlechte Nachricht gewesen. Wenn so etwas passiere, dann schalte sich die Politik ein und es gebe Berichte in der Tagesschau.
"Unsere Handwerksunternehmen, die treten leise von der Bühne ab, die sterben leise." 2024 seien im deutschen Handwerk 80.000 Arbeitsplätze abgebaut worden. "Im Kammerbezirk Köln scheiden pro Jahr zurzeit circa 300 Betriebe mehr aus der Handwerksrolle als eingetragen werden. Das bedeutet bei durchschnittlich sechs Mitarbeitern pro Betrieb, dass jährlich 1800 Arbeitsplätze im Kammerbezirk verloren gehen", sagte Wollseifer, der sich mit persönlichen Worten verabschiedete, da er im Mai dieses Jahres nicht mehr für eine weitere Amtszeit in Köln antreten werde.
Während Kölns Bürgermeister Ralf Heinen Grußworte der Stadt an die Gäste richtete, sprach Köln Polizeipräsident Johannes Hermanns über das Thema "Herausforderung einer Großstadtpolizei". Er erörterte den Aufbau der Kölner Polizei, die nicht nur für die Domstadt und Leverkusen, sondern auch weit über die Stadtgrenze hinaus zuständig sei. Geregelt wird das in der sogenannten Kriminalhauptstellenverordnung.
So sei die Kölner Polizei auch beispielsweise im Erftkreis oder im Oberbergischen Kreis zuständig für Kapitaldelikte, Sexualdelikte. Deswegen stünden Köln rund zehn Prozent des Gesamtpersonals der Polizei NRW zur Verfügung. Etwa 6000 Personen. Von rund 1,4 Millionen Straftaten in NRW, würden allein im Schnitt jedes Jahr etwa 150.000 in Köln bearbeitet.
Hermanns sprach von dem Erfolg der Videoüberwachung an Brennpunkten wie dem Ebertplatz. Dadurch könne die Polizei viel schneller vor Ort sein. Beim Thema Ausländerkriminalität, sagte Hermanns, dass Menschen, die nach Deutschland kämen, beschäftigt werden müssen. Junge Männer in Unterbringungseinrichtungen zu stecken und sie nicht zu beschäftigen, führe zu dem, was "man nicht haben will". Da müssten Lösungen her, Menschen relativ schnell in Arbeit zu bringen, mit Sport oder mit anderen Dingen zu beschäftigen.
Auch ging Hermanns darauf ein, dass Handwerksfahrzeuge aufgebrochen und teure Werkzeuge gestohlen werden. Dadurch, dass viele Werkzeuge allerdings mit GPS-Trackern ausgestattet seien, sei es zum Beispiel gelungen, in 2024 eine rumänisch-bulgarische Diebesbande hoch zunehmen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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