4,162 Milliarden Euro an Hilfe wurden bisher für den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe 2021 in NRW bewilligt.

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Mehr als ein Drittel davon ging in den Kreis Euskirchen – nämlich 34,7 Prozent. Diese Zahlen, die sich auf den Stand vom 30. September dieses Jahres beziehen, gab am Mittwoch die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Ina Scharrenbach (CDU), in Düsseldorf bekannt.

Demnach sind 1,247 Milliarden Euro zur Bewältigung der Schäden im Kreis Euskirchen bewilligt worden: rund 920 Millionen für Maßnahmen in der Infrastruktur und 327,5 Millionen für private Haushalte im Kreis Euskirchen (eine Aufschlüsselung nach Kommunen finden Sie unten).

Kreis Euskirchen: 1,247 Milliarden wurden bereits bewilligt

Damit steht der Kreis an der Spitze der von der Katastrophe im Juli 2021 betroffenen Gebietskörperschaften in NRW, gefolgt von der Städteregion Aachen. Ihr wurden bisher 685,2 Millionen Euro und somit 19,1 Prozent der genehmigten Mittel für die Beseitigung von Schäden an Privateigentum, für Unternehmen der Wohnungswirtschaft und für den Wiederaufbau von Infrastrukturen der Kommunen bewilligt. Auf Platz drei führt das Ministerium den Rhein-Sieg-Kreis mit 262,7 Millionen Euro (7,3 Prozent). Mehr als die Hälfte entfielen dort auf Swisttal.

"Wenn wir wieder aufbauen, wollen wird auch sicherer bauen" – das sei nach der Katastrophe rasch einer der wichtigen Grundsätze gewesen, erklärte Ministerin Scharrenbach. Und sie richtete daher den Hinweis an die Betroffenen: "Sie können auch mit Finanzmitteln aus dem Wiederaufbaufonds beispielsweise Flutschotts in den Kellerräumen anbringen."

Bürger können sich auch Schutzmaßnahmen fördern lassen

Den Einbau wasserdichter und druckfester Kellerfenster oder Rückstausicherungen innerhalb des Gebäudes nannte Scharrenbach als weitere Beispiele, die gefördert werden. Die gute Nachricht dabei: Eine Förderung solcher Sicherheitsmaßnahmen ist auch dann möglich, wenn die Eigentümer bei der Behebung der Schäden keine Aufbauhilfe in Anspruch genommen haben – etwa weil die Versicherung die Kosten übernommen hat. Die weniger gute Nachricht: Dieses Förderangebot für präventiven Hochwasserschutz richtet sich ausschließlich an Bürger, bei denen ein "konkreter räumlicher Bezug zu geschädigten Siedlungsbereichen besteht".

Gemessen an den Schäden ist eine Eigenvorsorge viel günstiger.

Ina Scharrenbach, NRW-Kommunalministerin

Aufgrund der Haushaltslage sei die Förderung solcher Schutzeinbauten auch bei anderen Gebäuden nicht möglich. Die Ministerin appellierte dennoch an die Hausbesitzer, sich und ihre vier Wände zu schützen: "Gemessen an den Schäden ist eine Eigenvorsorge viel günstiger."

Es wird noch ein paar Monate dauern, dann sollen alle Bürgerinnen und Bürger mit einem Blick auf ihrem Smartphone erkennen können, wie hoch die Gefahr ist, dass ihr Haus von einem Starkregenereignis oder einem Hochwasser betroffen werden kann. Bisher können das ausschließlich die Einwohner von Bochum, Bottrop, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne und Herten.

Denn diese Kommunen gehören zum Gebiet der Wasserverbände Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) – und die haben die "Flood Check App" entwickelt und bieten sie bereits an. "Da haben wir uns gefragt: ,Wie bekommen wir diese App, die mehr als sinnvoll ist, landesweit ausgerollt?'", so Ministerin Scharrenbach. 30 000 Euro stellt das Land dafür bereit.

Wann etwa auch die Einwohner des Kreises Euskirchen von diesem "Hochwasserschutz aus der Hosentasche" (Scharrenbach) profitieren, hängt nicht zuletzt davon ab, wie schnell die Kommunen die benötigten Daten liefern. "Wir schreiben nun alle Kommunen an, mit der Bitte mitzuarbeiten", so die Ministerin.

Neue App soll für jedes Haus das Hochwasserrisiko darstellen

Das landesweite Ausrollen der für die Nutzer kostenlosen App dauere wohl bis zu neun Monate. Dann sollen alle Bürgerinnen und Bürger in NRW ihre Adresse eingeben können, um eine Risikoeinschätzung zu erhalten. Wie der EGLV-Vorstandsvorsitzende Prof. Uli Paetzel erläuterte, werden dann mögliche Wasserstände für jeweils drei Szenarien für die eingegebene Adresse ermittelt. Wasserstandshöhen könnten dann sowohl schematisch am Haus als auch in der Karte dargestellt werden.

Paetzel gab zur Erklärung eine Beispieladresse ein, auf der App erschien daraufhin der Hinweis: "Ihr Haus ist überflutungsgefährdet." Bei Hochwasser sei mit einem 4,80 Meter hohen Wasserstand rund um das Haus zu rechnen, zeigte die App in diesem Beispielfall an.

"Hier geht das Wasser mindestens bis in das erste Obergeschoss hinein", so Paetzel. Bei Starkregen könne ein halber Meter Wasserstand auftreten – auch das mache Schutzvorkehrungen nötig. Welche das sein können und wo man sich beraten lassen kann, teilt die App dann auch mit.

Minister Krischer: Viele haben die Gefahr "gar nicht auf dem Schirm"

Dieses niedrigschwellige Angebot ist laut NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) auch deshalb wichtig, weil viele Menschen von Starkregenereignissen betroffen sein könnten, diese Gefahr aber "gar nicht auf dem Schirm haben", weil die Wohnung oder das Haus nicht in der Nähe eines Gewässers liegt oder ein Gewässer als unbedeutend eingeschätzt wird.

Dass diese Fehleinschätzung fatale Folgen haben kann, hatten im Juli 2021 viele Menschen bitter erfahren müssen. Denn die Gefahrensituation, so Krischer, habe sich verändert. Während früher das Hochwasser langsam angestiegen sei, "haben wir es heute zusätzlich mit Starkregenereignissen zu tun, die kurzfristig aus sehr kleinen, oft gar nicht wahrgenommenen Gewässern große Gefahren entstehen lassen".

So teilt sich die Fluthilfe auf die Kommunen im Kreis Euskirchen auf

Die rund 1,247 Milliarden Euro, die den Kommunen und den Privatpersonen im Kreis aus der Wiederaufbauhilfe nach der Flutkatastrophe vom 14. Juli 2021 bewilligt wurden, teilen sich auf die Städte und Gemeinden sowie auf die Kreisverwaltung wie folgt auf (Zahlen sind gerundet):

Bad Münstereifel 238,6 Millionen Euro: 177,8 Millionen für Infrastruktur und 60,8 Millionen für Private.

Blankenheim 18,7 Millionen: 15,9 Millionen Infrastruktur, 2,9 Millionen Private.

Dahlem 20,1 Millionen: 19 Millionen Infrastruktur, eine Million Private.

Euskirchen 234 Millionen: 121 Millionen Infrastruktur, 112,9 Millionen Private.

Hellenthal 22,3 Millionen: 16,2 Millionen Infrastruktur, 6 Millionen Private.

Kall 84,5 Millionen: 66,7 Millionen Infrastruktur, 17,8 Millionen Private.

Mechernich 41,2 Millionen: 22,3 Millionen Infrastruktur, 18,8 Millionen Private.

Nettersheim 35,1 Millionen: 31,7 Mio. Infrastruktur, 3,4 Mio. Private.

Schleiden 265,8 Millionen: 206,5 Millionen Infrastruktur, 59,2 Millionen Private.

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Weilerswist 43,8 Millionen: 14,8 Millionen Infrastruktur, 28,9 Millionen Private.

Zülpich 28 Millionen: 12,4 Millionen Infrastruktur, 15,6 Millionen Private.

Kreisverwaltung 215,3 Millionen Euro (ausschließlich für Infrastruktur).  © Kölner Stadt-Anzeiger

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