Ratsmitglied Andreas Seidel (Grüne) malte ein ganz düsteres Bild an die Wand. Investiert die Stadt Königswinter rund neun Millionen Euro in die Sanierung des Lemmerz-Freibades, um am Ende in die Haushaltssicherung zu rutschen?

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Kann sie sich dann sowohl Hallen- als auch Freibad nicht mehr leisten und steht schließlich mit zwei "Investitionsruinen" da beziehungsweise muss die Steuern erhöhen?

Es war eine von mehrere skeptischen Äußerungen, die am Montagabend im Stadtrat laut wurden, als die Grundsatzentscheidung für das Großprojekt Freibad-Sanierung anstand. Um es vorwegzunehmen: Die Sanierung und Modernisierung und die zusätzliche Ausstattung mit kleinen Attraktionen wie Kinderrutsche oder Spray-Park wurde mit breiter Mehrheit beschlossen.

Koalition stimmt nicht geschlossen für die Freibad-Sanierung

Die Koalition aus Königswinterer Wählerinitiative, Grünen und SPD allerdings votierte nicht geschlossen für das Projekt. Es gab je nach Beschluss – insgesamt standen fünf Punkte zur Abstimmung – Gegenstimmen beziehungsweise Enthaltungen bei den Grünen und den Köwis. Ein bisschen Kommunalwahlkampf kam ins Spiel, als Andreas Seidel von den beiden Bürgermeisterkandidaten – Amtsinhaber Lutz Wagner und seine Herausforderin und Sportdezernentin Heike Jüngling saßen im Stadtrat am Vorstandstisch – wissen wollte, ob sie das Projekt mit Blick auf die Finanzen wirklich empfehlen könnten?

Lutz Wagner stellte klar, dass sich beide nicht als Kandidaten, sehr wohl aber als Bürgermeister und Dezernentin äußern würden und sagte: "In der vorliegenden Variante: ja!" Damit machte er erneut deutlich, dass sich der Verwaltungsvorstand für die preiswerte Fliesenlösung im "neuen" Freibad ausgesprochen habe und nicht für die eine Million Euro teureren Edelstahlbecken.

Die waren vorige Woche für nicht einmal 24 Stunden Beschlusslage, bis der Hauptausschuss ein Edelstahlbecken-Votum des Sportausschusses wieder kassierte. Thomas Koppe (Grüne) kritisierte in dem Zusammenhang am Montag im Stadtrat, dass die Verwaltung in ihren Vorlagen nicht alle Informationen geliefert habe, die man gebraucht hätte.

Etwa die, dass mit den eine Million Euro Mehrkosten ein Nachtragshaushalt nötig sei oder gar die Haushaltssicherung drohe. Eine Kritik wiederum, die Heike Jüngling für sich und ihr Team zurückwies. Man habe alles "sehr gut vorbereitet"und bewusst das Edelstahlbecken erst gar nicht vorgeschlagen.

Fehlender Betreiber fürSchwimmbänder in Königswinter ein Kritikpunkt

Dirk Lindemann (SPD) sagte zwar auch, es sei nicht so klar gewesen, dass das Geld für die Edelstahllösung, die nach Einschätzung der Befürworter nachhaltiger sein soll, nicht da sei. "Aber vielleicht haben wir auch was übersehen oder überhört."

Der Kämmerer und Erste Beigeordnete Torsten Funken sah sich auf Nachfrage aus dem Rat nicht imstande zu sagen, ob die Stadt Königswinter durch das Großprojekt längerfristig in die Haushaltssicherung geraten könnte. Das hänge unter anderem von der Entwicklung der Erträge ab.

Er bezeichnete es aber als "nicht zielführend", am Ende beide Bäder brachliegen zu lassen. Belastung für den Haushalt 494.000 Euro im ersten Jahr. Die Belastung für den Haushalt durch das Projekt gab er im ersten Jahr mit 494.000 Euro für Zinsen (268.000 Euro) und Abschreibung (226.000 Euro) an. Hinzu kommen noch die Kosten für den Betrieb beider Bäder, deren Höhe noch unbekannt ist.

Aber zur Einordnung: 2024 waren im städtischen Etat dafür zusammen 664.000 Euro eingeplant. Dass die Frage eines künftigen Betreibers vor der Großinvestition völlig ungeklärt ist, hatte unter anderem Michael Ridder (Köwi) im Hauptausschuss nachdrücklich kritisiert.

In der Sitzung des Stadtrates am Montag überwog aber unter dem Strich das Positive. Ulrike Ries-Staudacher (Köwi) sprach von einer Entscheidung "zum Wohle der Stadt". Möglichst viele Kinder müssten schwimmen lernen können. Das Bad werde ein "touristisches Highlight" und bedeute ebenso wie die künftige Rheinallee "ein Imagegewinn" für Königswinter.

Eigentlich sollten wir doch alle froh sein.

Andreas Danne (Die Linke)

Stephan Unkelbach (CDU) bezeichnete die neun Millionen Euro zwar schon als "Hausnummer". Aber die Risiken hielten sich im Rahmen, die CDU vertraue auf die Verwaltung. "Wir wollen ein Familienbad für alle Generationen", so Unkelbach, der sich optimistisch zeigte, was die Suche nach einem Betreiber angeht. Bernd Schlegel (FDP) betonte, man habe sich bereits für die Sanierung des Freibades entschieden. Man könne den Menschen kaum erklären, dass man ein zentrales Rathaus bauen wolle, aber das Hallenbad nicht modernisiere.

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Andreas Danne (Die Linke), der seit Jahren eine Sanierung des Bades gefordert hat, sagte, er teile die Kritik an der Verwaltung nicht. "Ich kann die Stimmung hier nicht verstehen. Eigentlich sollten wir doch alle froh sein."  © Kölner Stadt-Anzeiger

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