Die erste Nostalgiesitzung des Siegburger Karnevalskomitees war auch ein Treffen sehr vieler Vereine der Kreisstadt.
Was wiederum deren Bekenntnis zu einer Sitzung war, bei der sich Partystimmung, die andernorts oft Rockkonzert-Atmosphäre annimmt, hinten anstellen musste. Seine Intention sei gewesen, so Jörg Sola Schröder, Tanz, Musik und Reden zu gleichen Anteilen ins Feld zu führen und vor allem die Rednergilde im Wortsinn zu Wort kommen zu lassen.
Publikum in Siegburg feierte ein gelungenes Experiment
Nicht nur deswegen schwärmte der charmant-joviale Sitzungs- und Komiteepräsident hinterher von einem "phantastischen Publikum". Er lobte das "farbenfrohe Bild" im Rhein-Sieg-Forum und die vielen historischen Kostüme, welche das neue Format und den Sitzungstitel ansprechend bebilderten.
Angesichts des emphatischen Umgangs der Gäste mit den Bühnenakteuren, der vielen Beifallsstürme sowie der praktizierten Sitzungsetikette (Aufmerksamkeit wenn nötig, Ausgelassenheit wenn möglich) lag Sola Schröder richtig, wenn er vom "überaus gelungenem Experiment" sprach. Auch Günter Krengel war begeistert: "Das haben die alle prima gemacht, es war wie früher", so der Komitee-Ehrenpräsident: "Es wäre schön, wenn das nicht bei einen Mal bliebe."
Die Macher um Sola Schröder hatten ein gutes Näschen mit ihren zehn Programmnummern inklusive des strahlenden Empfangs der Siegburger Tollitäten Markus I. und Siegburgia Nadine I.. So kostete das Traditionscorps der Siegburger Funken "Blau-Weiß" das Heimspiel aus, präsentierte sich beim Einzug des Elferrats zackig und quietschfidel und kein bisschen wackelig bei den Tänzen.
Kölner Tanzcorps trägt Staubwedel statt Federbusch
Seine eigene, wenngleich laut gefeierte Auffassung vom Corps-Tanz hat das "Dellbröcker Boore Schnäuzer Ballett". Statt Federbusch sitzen beim Männerballett Staubwedel auf dem Dreispitz, ein Paraplü ersetzt die obligatorische Knabüß (Gewehr) und das Tanzmariechen mimt ein staatses Mannsbild. Urkomische Nummer, die gleichwohl mit geschliffener Choreografie begeisterte. Nicht minder punkteten später die "Lyskircher Heilige Knächte und Mägde" und das farbenglühende Poppelsdorfer Tanztheater.
Großes Theater zeigte auch das "Senioren"-Duo Willi & Ernst", das sich etwa fragte, ob der Plural von Rettich Meerrettich sei. Bauchredner Peter Kerscher, dessen schwarz-weiß-gefleckte "Partnerin" Dolly vorschlug, das Team vom Fluglatz BER mit dem Ausbau des Zaunes zwischen Mexiko und USA zu beauftragen, sorgte nicht minder für Lachtränen. Für ihn unerwartet musste plötzlich Elferrat Kevin Sühl Dollys Platz einnehmen und Kerschers Stimme ein "Gesicht" geben, was ihm mindestens eben soviel Beifall einbrachte wie der Stoffkuh.
Als vorletzte Nummer sorgte Solist Thomas Cüpper alias "Et Klimpermännche" für Stille im Saal. Seinen herrlich bestussten Verzäll rahmten alte kölsche Leeder von Ostermann und Co. wie "Mir schenke der Ahl e paar Blömcher" oder "Wenn ich su an ming Heimat denke" ein. Er konnte sich freilich auf den erstklassigen Saalchor verlassen. © Kölner Stadt-Anzeiger
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