Manchmal befördert ein gewöhnlicher Schicksalsschlag Menschen dauerhaft auf die Straße. Die Kölner Polizeibeamtin Stefanie Galli hat von Frauen gehört, die nach dem Tod der Eltern oder des Ehepartners, oder nachdem sie von einem Mann sitzengelassen wurden, die gemeinsame Wohnung nicht mehr finanzieren konnten, keine kleinere Wohnung fanden und so auf der Straße landeten.
Die Obdachlosigkeit von Frauen und ihre besondere Verletzlichkeit hat sie schon lange bewegt – und so spendete die 56-jährige, die im Kölner Süden lebt, im vergangenen Jahr ihren Quizgewinn in Höhe von 10.000 Euro bei der Fernsehshow "Die Pyramide", um ein neues Hilfsangebot zu initiieren: ein "Duschmobil" für obdachlose Frauen. Die Akquise weiterer Gelder ist gut angelaufen. Das Projekt steht nun in den Startlöchern. Im Sommer 2025 soll das Duschmobil in Köln unterwegs sein.
Anlaufstelle für versteckte weibliche Obdachlosigkeit
Frauen können dort nicht nur duschen. Sie erhalten auch Hygieneartikel sowie frische Unterwäsche und können sich bei einem Kaffee oder Tee beraten lassen.
"Ich habe das Buch der ehemaligen Obdachlosen Kölnerin Linda Rennings ‚Rebellin der Straße‘ gelesen", erzählt Galli. Dabei sei ihr dieser eine Moment im Gedächtnis geblieben: Die Wohnung ist geräumt. Die Frau steht da, mit einem Rucksack und den Fragen: Was mache ich jetzt? Wo gehe ich hin? Das Mobil soll Frauen erleichtern, in Kontakt mit dem Hilfssystem zu kommen.
Karolin Balzar, Leiterin der Wohnungsangebote und Wohnungslosenhilfe für Frauen des Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) weiß, wie schwierig das ist: Weibliche Obdachlosigkeit sei versteckt, sagt sie, die Frauen schambesetzt. Sie seien auf der Straße sehr gefährdet und würden sich schützen, indem sie sich unsichtbar machen.
"Sie leben oft in ihren Autos oder in Zelten", so Balzar. Manchmal wählten sie als Ausweg ein Abhängigkeitsverhältnis mit Gegenleistung, den Tauschhandel Sex gegen eine Unterkunft. Der SkF hilft auf vielfältige Weise: In seinem Gebäude am Mauritiussteinweg betreibt er das Café Auszeit, wo obdachlose Frauen ohne Voranmeldung Schutz, Beratung, eine warme Mahlzeit, Kleidung, aber auch eine Notschlafstelle in einem Zweibettzimmer erhalten und ebenfalls duschen können.
Er betreibt diverse betreute Einrichtungen, wie beispielsweise das Haus Erna und das Haus Zwischenzeit, mit insgesamt 43 Appartements. Er hat auch acht Wohnungen für Frauen, für die die Warteliste allerdings lang ist.
Eine Brücke zum vorhandenen Hilfssystem
Das Duschmobil könne künftig eine Brücke zum vorhandenen Hilfssystem schlagen, sagt Balzar, darüber informieren, und so als mobiles Angebot das Bestehende ergänzen. Die Stadt Köln hat die Evaluierung bezahlt, die ergab, dass der Einsatz des Mobils sinnvoll ist. Das Fahrzeug selbst und sein Betrieb werden aber durch Spendengelder und Sponsoren finanziert.
Galli ist mittlerweile bereits einmal mit dem existierenden Berliner Duschmobil für obdachlose Frauen auf Tour gewesen und hat sich ein Bild gemacht: "Es war gut besucht", sagt sie. "Eine ältere Frau bat um einen warmen Kaffee, eine kam zum Duschen, die nächste brauchte Hygiene-Artikel. Eine bekam eine Mütze, eine andere wollte einfach sprechen."
Man sei mit dem Mobil flexibel, könne auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Im Mobil könnten die Frauen duschen, wenn die anderen Hilfestellen geschlossen sind, zu denen sie auch erst anreisen müssen.
Weitere Spenden gesucht
"Wir möchten jetzt das Auto kaufen", sagt Galli. Der erste Schritt ist dann getan, doch weitere finanzielle Unterstützung wird benötigt. Balzar kann die konkreten Kosten benennen: "Wir sprechen von einer Summe von etwa 250.000 Euro pro Jahr, mit Anschaffung des Mobils, Personal- und Betriebskosten, sowie Standgebühren. Toll wäre es, wenn uns jemand ein Auto zur Verfügung stellen könnte oder einen Abstellort auf einem Campingplatz, wo das Duschmobil eine Heimat bekommt", so Blazar. Eine Spende für das Duschmobil sei eine schöne Geschenkidee für Weihnachten.
duschmobil-koeln.de © Kölner Stadt-Anzeiger
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