Manch ein Gastronom habe erst aus der Presse erfahren, dass er seine Außengastronomie am Brüsseler Platz ab dem 1. Februar 2025 nur bis 22 Uhr statt bis Mitternacht betreiben darf.

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Ein Schreiben der Stadt Köln an die Gastrobetriebe vom Dienstag (16. Dezember) hatte offenbar noch nicht jeder gelesen. "Dieses Vorgehen der Stadt, dass man nicht vorab darüber informiert wird, ist unter aller Sau", sagt Till Riekenbrauk, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Gastro.

Diese Entwicklung habe man nicht kommen sehen – man sei "überrascht und geschockt". In diversen Gesprächskreisen, auch mit der Stadt, sei vielmehr über andere Lösungen wie einen Biergarten am Brüsseler Platz gesprochen worden. "Da war die Rede davon, dass die Gastronomie kein Störfaktor, sondern ein guter Partner ist, weil sich dort alles gesittet abspielt."

IG Gastro: Verweilverbot bedeutet nur Verdrängung der Massen

Das Verweilverbot gilt vorerst ab 1. Februar freitags, samstags und vor Feiertagen von 22 bis 6 Uhr. Es handelt sich um eine Übergangslösung, bis die Stadt eine neue Verordnung erarbeitet hat. Ob diese dauerhaft zum Einsatz kommt und das Verweilverbot damit langfristig gilt, ist eine Entscheidung des Stadtrates.

Riekenbrauk sei bewusst, dass im Hintergrund das Gerichtsurteil aus Münster wirke, nachdem die Stadt gegen einige Anwohner einen Lärmstreit verloren hat: Demnach ergreife die Stadt zu wenig Maßnahmen für die Lärmreduzierung. "Für uns ist das ein Einknicken vor dem Individuum. Die Macht des Einzelnen ist hier zu groß."

Hier sei das auch das Land NRW und seine Gesetzgebung gefragt, sagt Riekenbrauk. "Die Leute sehnen sich nach Gemeinschaft, danach, dass man sich draußen gemütlich zusammenstellt und ein Bierchen zusammentrinkt. Man müsste die Gesetze anpacken und die heutige Lebensrealität akzeptieren."

Zum Verweilverbot sagt Riekenbrauk: "Das ist ein wahnsinniger Eingriff, bedeutet aber nur eine Verdrängung. Die Leute werden mit ihrem Kioskbier weiterziehen. Dann wird wahrscheinlich auf dem Mäuerchen am Stadtgarten wieder mehr los sein oder in der Brüsseler Straße weiter Richtung Kreisel."

Anwohner über Verweilverbot und frühe Schließung der Außengastro am Brüsseler Platz

Die Anwohner im Belgischen Viertel reagieren empfindlich auf das angekündigte Verweilverbot. "Ich glaube nicht, dass so ein Verbot etwas bringen wird", sagt Anwohnerin Ruth, die seit über 50 Jahren im Viertel lebt. "Die Leute werden trotzdem weiter von der Aachener Straße und den Ringen kommen." Der Lärm störe sie nicht, aber der Müll. "Es ist den letzten Jahren schlimmer geworden. Und abends lassen mich die ganzen jungen Leute nicht mehr mit dem Fahrrad durch."

Den Müll findet auch eine andere Anwohnerin besonders störend. Sie möchte namentlich nicht genannt werden, lebt aber schon seit vielen Jahren direkt am Brüsseler Platz. "Es muss ein Glasverbot her! Morgens sind überall Scherben. Das ist viel schlimmer als der Lärm."

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"Der neue Plan der Stadt hat alle Betreiber völlig schockiert", sagt ein weiterer Anwohner, der seit über 20 Jahren ein Geschäft am Brüsseler Platz betreibt. Er setzt sich aktiv für das Veedel ein und möchte ebenfalls keinen Namen nennen. "Ich halte das Verweilverbot und das Schließen der Außengastro nicht für sinnvoll. Die Stadt sollte mit den Anwohnern und Betreibern in den Dialog treten, aber stattdessen werden wir übergangen." Er fordert, punktuellere Maßnahmen zu entwickeln. "Nicht die Leute in den Lokalen sind das Problem, sondern die Menschen, die extra zum Trinken hierher kommen." Seine Vorschlag: ein Alkoholverbot. Zudem müsse die Stadt andere Plätze in der Innenstadt attraktiver machen, damit sich die Menschenmassen entzerren könnten.   © Kölner Stadt-Anzeiger

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