Mit Kai Diekmann ist ein Gesprächspartner von bundesweiter Prominenz ins kleine Rösrath gekommen. Dass er die Reihe "Rösrather Schlossgespräche" mit seiner Anwesenheit schmückt, sorgt für Aufsehen, dennoch sind im Bergischen Saal von Schloss Eulenbroich längst nicht alle Plätze besetzt.

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Die rund 50 Anwesenden erleben mit Diekmann einen früheren Top-Journalisten, der auch Entertainerqualitäten mitbringt. Die Geschichten und Anekdoten aus seinem Buch "Ich war Bild", in dem er aus seiner Zeit als Chefredakteur der Bild-Zeitung von 2001 bis 2015 erzählt, sind oft unterhaltsam. Auch fehlt es Diekmann nicht an Selbstbewusstsein: "Keiner war so lange Chefredakteur wie ich", stellt er fest. "Wenn man 16 Jahre Chefredakteur von Bild ist, gibt es nichts, was man nicht erlebt hat."

Da kommt es zu Begegnungen mit Prominenten der internationalen Politik, von Wladimir Putin bis Gerhard Schröder. Von Putin erzähle er heute "nur noch mit sehr gemischten Gefühlen", sagt Diekmann. Sein Nah-Eindruck von dem russischen Präsidenten ist aber aufschlussreich, dieser wolle immer das Bild vermitteln: "Ich bin derjenige, der die Situation beherrscht." Putin habe ein "überragendes Ego" und wolle stets "Kontrolle haben". Zugleich dämonisiert Diekmann den Kreml-Chef nicht, sondern nimmt auch dessen Perspektive wahr: Bei den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen von 1990 habe es noch keine Ukraine gegeben, nach dem 11. September 2001 seien einstige Zusagen des Westens "zumindest aus russischer Sicht" nicht mehr eingehalten worden.

Anerkennung für Gerhard Schröder

Auch bei Schröder sieht Diekmann nicht nur Fehler. "Ich stehe nicht im Verdacht, dass mich mit ihm politisch etwas verbindet", sagt er über den Altkanzler und SPD-Politiker. "In unserer aktiven Zeit haben wir uns gegenseitig bekämpft." Doch mit seiner Agenda 2010 habe Schröder "das Wohl des Landes" über das Wohl seiner Partei gestellt und dafür auch in Kauf genommen, sein Amt als Kanzler zu verlieren. Weniger Anerkennenswertes sieht Diekmann bei Christian Wulff: Dass der einstige Bundespräsident nach einer folgenreichen Nachricht auf der Mailbox von Diekmann mit Androhung von rechtlichen Schritten eine Recherche der Bild-Zeitung auslöste, über die er letztlich stürzte, ist für Diekmann offenbar eine Trophäe. So wurde Bild für ihr investigatives Vorgehen in der Affäre mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet.

Bizarre Einblicke gibt Diekmann zu dem Verhältnis der politisch völlig konträren Blätter Bild und taz. Er stellt fest, im Verhältnis zur taz habe er "alles falsch gemacht". Eine Satire der taz über eine angebliche Penisverlängerung, der sich Diekmann unterzogen habe und die missglückt sei, war Anlass für einen Rechtsstreit, bei der die taz am Ende zur Unterlassung, aber nicht zu Schadensersatz verurteilt wurde. Die taz argumentierte damals, sie habe die Berichterstattung von Bild parodieren wollen. Das Verhältnis zur taz sei die "Geschichte einer Hassliebe", sagt Diekmann, die taz habe sich "hingebungsvoll" mit ihm beschäftigt, er habe sie aber auch umgekehrt gepiesackt. Dabei erkennt er erfolgreiche Schlagzeilen der Konkurrenz durchaus an.

Eindrücke von Donald Trump

Womit Diekmann sich heute schmücken kann, sind Begegnungen mit Donald Trump. Er hat interessante Eindrücke von dem erneut gewählten US-Präsidenten zu bieten: "Er ist total in Fahrt", sagt er über dessen Stil der Kommunikation, Trump lasse sich Informationen nicht aus der Nase ziehen. "Er liefert eine Schlagzeile nach der anderen." Für das Publikum interessant wäre natürlich, wie Diekmann den Trump von heute sieht und was er von seiner erneuten Präsidentschaft erwartet. Aber Moderator Stefan Braun vom Vorstand der Bürgerstiftung Rösrath, die zu den Schlossgesprächen einlädt, fragt nicht nach. Und das Publikum erhält keine Gelegenheit zu Fragen.

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Auch sonst ist Braun nur Stichwortgeber. Brisante Themen, die auf der Hand liegen, spricht er nicht an: Warum musste Diekmann Bild verlassen? Was bedeutet für ihn persönlich der Verlust seiner Machtposition als Bild-Chefredakteur? Der Verzicht auf kritische Impulse ist für Braun, der Bürgermeisterkandidat der CDU Rösrath werden will, keine Visitenkarte. Dass Kritik außen vor bleibt, mag bei Musiker Henning Krautmacher, der beim ersten Schlossgespräch zu Gast war, passend sein, bei einem politisch profilierten Gast aber sicher nicht. Da lässt sich am Konzept der Bürgerstiftung noch arbeiten.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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