Düsseldorf - Das nordrhein-westfälische Kabinett hat drei Staatsverträge zur Modernisierung und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes gebilligt.
Die in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) im vergangenen Monat errungenen Lösungen müssten nun schnell umgesetzt werden, betonte NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU).
Minderjährige vor ungeeigneten Apps schützen
Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag will es Eltern ermöglichen, ihre Kinder künftig wirksamer vor schädlichen Inhalten im Internet zu schützen. Mit einer zentralen Einstellung im Betriebssystem des Endgeräts sollen Altersgrenzen für Apps eingestellt werden können.
"Konkret heißt das, dass das Betriebssystem etwa auf einem Smartphone das Alter des Nutzers kennt und das damit dann nicht mehr in alle Apps, in alle Anwendungen einzeln eingegeben werden muss, sondern im Gegenteil alle genutzten Services daraufhin überprüft werden, ob sie überhaupt vom Besitzer dieses Mobiltelefons genutzt werden dürfen", erläuterte Liminski.
Der Kampf der Eltern
"Alle, die sich mit Eltern unterhalten, die noch Kinder haben im jüngeren Alter, werden die Frage kennen: Wie kriegt man Altersbeschränkungen auf den Mobiltelefonen der Kinder durchgesetzt?", sagte der Vater von vier Kindern. "Daran verzweifeln nicht wenige Eltern." Schließlich wüssten die digital affinen Kinder und Jugendlichen häufig, wie man solche Altersbeschränkungen wieder aufheben könne.
"Wenn das künftig im Betriebssystem quasi einmal beim Kauf festgelegt wird, ist das eine andere Schranke, als wenn ich das in bestimmten Apps einzeln tue und das wahlweise leichter auch wieder entkräftet werden kann", erklärte der Medienminister. Auch künftig bleibe es aber für Eltern möglich, eine generell eingeschaltete Altersbeschränkung für einzelne Anwendungen aufzuheben. Eine solche einheitliche Grundlage dokumentiere "eine andere Ernsthaftigkeit bei der Durchsetzung von Altersbeschränkungen", sagte Liminski.
Staatsvertrag birgt keine Allheilmittel
Jugendmedienschutz sei seit Jahren "rechtlich, technisch und gesellschaftlich hochkomplex". Immerhin werde in sehr persönliche Rechte von Kindern und Jugendlichen im privaten Raum eingegriffen. Dies müsse gut abgewogen sein. "Und bevor ich Anwendungen komplett verbiete, ist die Altersbeschränkung das verhältnismäßigere Mittel." Das sei zumindest ein Fortschritt. "Eine Garantie ist es nie." Erziehungsberechtigte könnten durch einen Staatsvertrag letztlich auch nicht von ihrer Verantwortung entbunden werden.
Die Anzahl der Konflikte in einer Familie mit pubertierenden Jugendlichen werde aber reduziert. "Wenn ich nicht mehr zu jeder einzelnen Anwendung, zu jeder einzelnen App, zu jedem einzelnen sozialen Netzwerk, zu jeder einzelnen Seite, zu jedem einzelnen Portal neu diskutieren muss", sei das nicht zu unterschätzen "mit Blick auf den sozialen Frieden in unserem Land", schmunzelte der Politiker.
Schlupflöcher ausländischer Anbieter schließen
Gleichzeitig sollen die Landesmedienanstalten mehr Kompetenzen in der Aufsicht erhalten, um Recht auch gegen ausländische Anbieter besser durchsetzen zu können. Bisher könnten Sperrverfügungen oftmals umgangenen werden, indem die Angebote inhaltsgleich auf einer anderen Website - beispielsweise mit der Endung "com" statt "de" -veröffentlicht würden, erläuterte die Staatskanzlei.
Mehr Finanzierungssicherheit beim Rundfunkbeitrag
Auch der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag passierte das Landeskabinett. Er enthält einen Vorschlag, wie der Rundfunkbeitrag künftig festgesetzt werden soll. Demnach soll die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ermittelte Beitragshöhe unmittelbar gelten – unter der Bedingung, dass die ermittelte Beitragshöhe einer Erhöhung von maximal fünf Prozent entspricht und eine näher definierte Anzahl an Ländern nicht widerspricht. Eine solche Widerspruchslösung biete Finanzierungssicherheit und die Chance, die Diskussion um den Beitrag langfristig zu versachlichen, sagte Liminski.
Er setze auf gute Beratungen mit den Spitzen der Sender in den nächsten Wochen und hoffe auf eine Verständigung vor der nächsten MPK im März, damit ein Systemwechsel endlich gelinge. Auf diesem Weg hätten die Länder inzwischen mit ihren Vorschlägen einen Grad der Konkretion erreicht, "der eigentlich nicht mehr zu steigern ist", meinte der CDU-Politiker. "Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Wir haben die Verbindlichkeit so weit geschraubt, dass bis auf zwei Länder - Bayern und Sachsen-Anhalt - die anderen sogar bereit sind, das Verfahren bereits einzuleiten."
Mit Blick auf die im vergangenen November eingereichte Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF für eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags mahnte Liminski, Akzeptanz sei auf Dauer nicht vor Gericht zu erstreiten. "Wir müssen jetzt aufpassen, dass das kein Kräftemessen, kein Showdown wird."
Die FDP-Opposition meinte hingegen: "Mit zaghaften Trippelschritten will die Landesregierung Reformen vorgaukeln, die in Wirklichkeit den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Welt nur minimal straffen." Notwendige Strukturreformen blieben aus, während Beitragserhöhungen weiter fest eingeplant seien.
Striktere Kostensteuerung und Kooperation mit Privaten
Beim dritten gebilligten Baustein, dem Reformstaatsvertrag, geht es um den Abbau von Doppelstrukturen, mehr Fairness im Wettbewerb mit Presseverlagen, mehr Wirtschaftlichkeit und Transparenz in der Budget- und Kostensteuerung, eine Modernisierung und Bündelung des Angebots - insbesondere in den Sparten und Mediatheken - sowie die Verpflichtung zur Kooperation auch mit privaten Anbietern. "Letztlich geht es im Sinne der Akzeptanz darum, auf Dauer Preis und Leistung in Balance zu bringen", sagte Liminski.
Alle Landesparlamente müssen über die Staatsvertragsentwürfe unterrichtet werden. Bis zur MPK im März sollen die Länderchefs die Verträge unterzeichnen. © Deutsche Presse-Agentur
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