Pflanzen, Säen, Balkon oder Garten neugestalten, die eigenen vier Wände renovieren: Mangels Beschäftigungsalternativen während der Corona-Pandemie erlebten Bau- und Gartenmärkte ungeahnte Umsatzsprünge.

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Kaum eine Branche konnte wirtschaftlich so von der Zeit der Lockdowns profitieren. Die Menschen zogen sich in ihr Zuhause zurück und investierten in Heim und Garten, da andere Ausgaben wie etwa Reisen nicht möglich waren.

Umsätze zum zweiten Mal in Folge rückläufig

An die Höhenflüge der Pandemie-Zeit kann die Branche seither nicht mehr anknüpfen. In das vergangene Jahr hatten die Händler bundesweit große Hoffnungen gesetzt – auch mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land. Das frühe Ausscheiden der deutschen Elf war nur ein Grund, warum es wirtschaftlich nicht rund lief. Ein weiterer wesentlicher war vor allem das Wetter: Zu Beginn des Jahres weckten die vergleichsweise milden Temperaturen bei vielen Menschen die Lust, im eigenen Garten aktiv zu werden. Der Start verlief hoffnungsvoll. Dann aber verdarben Regen, Kälte und Schneegraupel die Kauflaune, sagte der Vorstandssprecher des Branchenverbandes BHB, René Haßfeld, bei Vorlage der Bilanz.

Insgesamt haben die Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland im vergangenen Jahr gut 20,9 Milliarden Euro umgesetzt. Das war nominal, also nicht um Preissteigerungen bereinigt, 1,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Zumindest die Online-Umsätze zogen wieder leicht an (plus 2,1 Prozent).

Damit waren die Umsätze zum zweiten Mal infolge rückläufig, lagen nominal aber immerhin rund 7,5 Prozent höher als vor der Pandemie. Man habe sich in einem schwierigen Umfeld vergleichsweise achtbar behauptet, sagt Haßfeld.

Besonders gut lief es im Segment Gartenchemie, Erden und Saatgut. Mit 8,2 Prozent hat es laut dem Verband das stärkste und einzig nennenswerte Umsatz-Plus erzielt. Hintergrund ist hierbei vor allem die bundesweite Schneckenplage in Folge der hohen Feuchtigkeit. Gifte gegen die Kriechtiere wurden stark nachgefragt.

Im Bereich Gartenmöbel (minus 8,1 Prozent) und Wohnen/Dekoration (minus 7,5 Prozent) lief es indes deutlich schlechter. Blickt man auf Material für Neubau oder Renovierung gehörten Fliesen zu den größten Verlierern. Die Umsätze lagen hier 13,1 Prozent niedriger als 2023, denn auch weiterhin stagniert die Bauwirtschaft in Deutschland. Was auch die Baumärkte deutlich zu spüren bekommt, denn die Krise führt zu einer geringeren Nachfrage nach Baumaterialien und Werkzeugen. Kunden schieben weiterhin größere Renovierungsprojekte auf. Die steigenden Preise für Baustoffe wie Holz oder Dämmstoffe verteuern die Kosten für Heimwerker.

Trend geht zum Selbermachen

Allerdings beobachtet der Verband auch, dass aufgrund der hohen Kosten und oftmals geringen Verfügbarkeit von Handwerkern viele Menschen Renovierungs- und Reparaturarbeiten wieder selbst machen. Internet-Tutorial und Do-it-Yourself-Foren im Netz geben mittlerweile detailliert Anleitung. Das verschafft dann auch den Baumärkten Zulauf.

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In Deutschland gibt es laut Verband 2030 Fachmärkte mit mehr als 1000 Quadratmetern Größe. Die Zahl der Beschäftigten liegt, inklusive Lieferanten, bei etwa 480.000. Insgesamt spricht der BHB aber weiterhin von einer allgemeinen Verunsicherung und Kaufzurückhaltung. Die allgemeine geopolitische Lage mit dem Angriffskrieg in der Ukraine, aber auch etwa der Bruch der Ampel-Koalition, drücken auf die Stimmung. "Die Menschen agieren vorsichtig und legen ihr Geld eher für zukünftige Ausgaben beiseite, statt in Konsum zu investieren", sagt Haßfeld.

Mit Blick auf das laufende Jahr ist der Branchenverband daher nur mäßig optimistisch. 2025 sei eher als "Durchhaltejahr" zu sehen. Ab 2026 hoffe man wieder auf nachhaltige Besserung.  © Kölner Stadt-Anzeiger