Panisches Bellen, unruhiges Auf- und Ablaufen sowie Zittern: All das sind Symptome des noch wenig erforschten "Werwolf-Syndroms", das bei Hunden auftritt. Worum genau es sich dabei handelt, wisse man bisher nicht, sagt der Tierarzt Dr. Sebastian Sarter.
Zum ersten Mal in Berührung mit dem Thema gekommen sei er, weil ein Hund mit entsprechenden Symptomen in der Tierarztpraxis Horrem, in der er arbeitet, vorgestellt wurde.
Kerpen: Tierarztpraxis tauschte sich mit Hochschule Hannover aus
"Eine Kollegin steht im engen Kontakt mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Die sind relativ führend, was die Forschung in dem Themenbereich angeht", erklärt Sarter: Die Tierärzte hätten sich also informiert und schließlich einen Beitrag über Facebook veröffentlicht. Der zog viel Aufmerksamkeit auf sich. Und schließlich standen sogar Vertreter diverser Fernsehsender vor den Praxistüren.
Leider sei es derzeit noch nicht möglich, einwandfrei nachzuweisen, ob ein Hund dieses Syndrom habe. Denn die Symptome können auch auf andere schwerwiegende neurologische Schäden hinweisen, erklärt Sarter: "Zum Beispiel auf einen Hirntumor."
Bisher nur Verdachtsdiagnosen möglich
"Bisher handelt es sich dabei um eine Verdachtsdiagnose, weil wir aktuell noch nicht einmal genau wissen, was die Symptome auslöst", sagt er. In der Diagnose würden also in einem ersten Schritt alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen. Erst dann werde das "Werwolf-Syndrom" in Betracht gezogen. Ein Indiz gebe es aber.
"Die Hunde, bei denen wir vom Werwolf-Syndrom ausgehen, haben alle Rinderhautknochen eines bestimmten Herstellers aus China gefressen", erläutert der Tierarzt. Mittlerweile seien die Knochen der Firma online nicht mehr erhältlich. Dennoch empfiehlt Sarter, vorerst darauf zu verzichten, Rinderhautknochen zu verfüttern, vor allem, wenn man diese bereits vor einiger Zeit gekauft habe.
In seltenen Fällen müssen Tiere eingeschläfert werden
Was genau nun die teils beunruhigenden Symptome auslöst, da gebe es verschiedene Vermutungen. "Es gibt Kollegen, die gehen von einem Pilz-Toxin aus. Andere sprechen von Chemikalien, die in der chinesischen Leder-Industrie verwendet werden, aus der auch die Rinderhaut stammen kann. Aber zu diesem Zeitpunkt sind das alles noch Spekulationen."
Erst seit dem Spätsommer des vergangenen Jahres sei das Krankheitsbild aufgetaucht. "Die Kollegen in Hannover haben den ersten Fall im August beschrieben. Wir haben hier vor Ort im November den ersten Fall gesehen", sagt Sarter. Warum die Symptomatik erst seitdem auftrete, könne er nicht sicher sagen, merkt Sarter an.
Neben großer Angst bei den Tieren könne es auch zu Krampfanfällen und Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen sowie zu regelrechter Panik und auch Aggressivität kommen. Und die Symptome können laut Sarter teils über Monate anhalten. Tödlich sei das per se zwar nicht. "Ich weiß allerdings von Fällen, in denen Tiere eingeschläfert werden mussten aufgrund der Aggressivität", sagt der Tierarzt. Die Regel sei das jedoch nicht.
In der Horremer Praxis seien die Tierärzte mittlerweile auf drei Verdachtsfälle auf das "Werwolf-Syndrom" gestoßen. Aber wie sieht es kreisweit aus? Dem Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises liegen eigenen Angaben nach bisher keine Informationen zu Fällen vor: "Das Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises hat bisher keine amtliche Kenntnis von dem Thema", heißt es aus der Pressestelle. Allerdings müssen diese Verdachtsfälle auch nicht gemeldet werden. "Es gibt auch keine amtlichen Maßnahmen", teilt das Veterinäramt weiter mit.
Wer bei seinem Hund entsprechende Symptome vermutet, könne sich bei seinem Tierarzt melden, so Sarter. Würden alle anderen Ursachen ausgeschlossen und es bestehe der Verdacht, dass Rinderhautknochen verfüttert wurden, sehe die Therapie je nach Schwere unterschiedlich aus. "Bei leichten Symptomen, wie leichter Unruhe, würde man zunächst alle Kauartikel wegnehmen und den Hund möglichst reizarm zu Hause behalten", erklärt Sarter.
Bei schwerwiegenden Symptomen wie Krampfanfällen würden diese symptomatisch behandelt. Die Mittel seien hier krampflösende, sedierende oder angstlösende Medikamente. Dann sei auch mit einer Besserung zu rechnen, so der Tierarzt. © Kölner Stadt-Anzeiger
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