Der weiße Bulli biegt links ab, an der Kreuzung in Köln-Poll. "Da hinten müsste der Verkehrsübungsplatz sein, steht auf dem Schild", sagt Peter Opterweidt und blickt aufmerksam durch die Windschutzscheibe.

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Er kennt sich aus in Köln: 20 Jahre lang hat er als Taxifahrer gearbeitet. Doch hinter dem Steuer saß er zuletzt vor mehr als einem Jahrzehnt. Seine psychische Erkrankung hat ihn aus dem Verkehr gezogen – buchstäblich.

Heute aber wird er wieder fahren. Die sogenannte Pralinengruppe des Sozialpsychiatrischen Zentrums hat einen besonderen Ausflug geplant: Gemeinsam mit neun Klienten und Gruppenleiterin Andrea Funk geht es auf den Verkehrsübungsplatz.

Das Sozialpsychiatrische Zentrum richtet sich an Menschen mit chronisch-psychischen Erkrankungen, die nicht mehr arbeiten können. Jeden Donnerstag trifft sich die Pralinengruppe in der Tagesstätte in der Loreleystraße. Der Name ist inspiriert durch das Zitat aus dem Film Forrest Gump: "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt." Ziel ist es, Neues auszuprobieren und dabei Spaß zu haben.

Zwischen Anspannung und Vorfreude

Geleitet wird die Gruppe von Andrea Funk. Sie ist gelernte Fachkrankenschwester für Psychiatrie und arbeitet in der Tagesstätte. Den heutigen Ausflug haben sich die Klienten der Tagesstätte gewünscht. Viele von ihnen sind seit Jahren nicht mehr gefahren – so wie Peter Opterweidt. Manche mehr als zwanzig Jahre nicht mehr. Dadurch, dass sie psychisch erkrankt sind, dürfen oder können sie es nicht mehr.

Funk lenkt den weißen Bus und tuckert mit ihm langsam auf das Gelände des Verkehrsübungsplatzes. Die Stimmung im Bus ist gemischt. Einige Klienten wirken nervös. "Schaffe ich das noch? Nach all den Jahren?", fragen sie sich. So ein großer Bulli ist auch kein Einsteiger-Auto. Peter Opterweidt bleibt aber nach außen gelassen.

Heidi Schmitz besucht die Tagesstätte seit mehr als 20 Jahren. Trotzdem ist der Ausflug für sie etwas Besonderes: "Hier ist es ein geschützter Rahmen. Es tut gut, sich Dinge zuzutrauen, die man sonst nicht macht." Selbst wieder hinter dem Steuer zu sitzen, ist für viele Klienten ein außergewöhnlicher Moment. Heidi Schmitz ist überzeugt: "Ich denke, dass das Selbstwertgefühl dadurch für den Moment ein Stück gesteigert wird." Für sie selbst bedeutet Autofahren vor allem eins: Freiheit.

Das Steuer übernehmen

Am Übungsplatz angekommen, wechselt Andrea Funk vom Fahrersitz auf den Beifahrersitz. "Wer möchte zuerst?", fragt sie in die Runde. Peter Opterweidt meldet sich sofort. Entschlossen startet er den Motor. Die ersten Meter fährt er noch vorsichtig, doch bald nimmt seine Sicherheit zu. Jede Kurve gibt ihm mehr Selbstvertrauen, und sogar das Rückwärtsfahren klappt beim zweiten Versuch wieder.

Als er aussteigt, ist er stolz auf sich: "Hat doch ganz gut geklappt, oder?"
Autofahren habe ihn schon immer beruhigt, erzählt er. "Auch jetzt. Ich habe gedacht, du schaffst das schon!" Die Handgriffe von früher sitzen noch.

Sein Beruf als Taxifahrer habe ihm Freude bereitet – auch wenn das monotone Fahren manchmal ermüdend gewesen sei. Der Kontakt zu den Fahrgästen habe das aber wettgemacht. Besonders erinnert er sich an seinen letzten Job, bei dem er alte BMWs fuhr. "Die Marke war mir aber nie so wichtig." Doch seine Krankheit hat ihn gezwungen, den Beruf aufzugeben. "Als es mit meiner Psyche schlimmer wurde, war mir klar: Ich kann nicht mehr fahren. Das musste mir niemand sagen."

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Stolz wie Bolle

Andrea Funk ist begeistert: "Selbst derjenige, der noch nie einen Führerschein hatte, ist ein paar Meter gefahren. Gas geben durfte er nicht, aber allein mit Kupplung ist er auch 200 Meter weit gekommen und jetzt stolz wie Bolle." Genau darum gehe es bei der Pralinengruppe: einen sicheren Raum zu schaffen, in dem die Klienten ihre Grenzen ausloten und Neues ausprobieren können.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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