Im Formel-1-Titelkampf gegen Weltmeister Max Verstappen darf sich Lando Norris keine Fehler erlauben. Ein Fauxpas unterläuft dem Briten aber immer wieder.

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70 Punkte Rückstand hat Lando Norris im Moment auf Spitzenreiter Max Verstappen. Neun Rennen sind in der laufenden Formel-1-Saison noch zu fahren.

Und bei Red Bull Racing hängt der Haussegen schief. Der Weltmeister-Rennstall befindet sich in der Krise, der Druck steigt, nachdem Titelverteidiger Verstappen in Zandvoort als Zweiter zum fünften Mal in Folge ohne Sieg blieb. "Unsere Techniker müssen sich was einfallen lassen, ganz klar. Noch neunmal Zweiter wird nicht reichen", warnte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko bei Sky.

Norris: "Habe seit dem ersten Rennen um die Meisterschaft gekämpft"

Gute Voraussetzungen für Norris, der sich in Zandvoort mit einem dominanten Sieg aus der Sommerpause zurückmeldete. Und damit seine und McLarens Hoffnungen auf einen möglichen Titelgewinn anfachte.

Norris aber blockt vorerst ab. "Ich habe seit dem ersten Rennen des Jahres um die Meisterschaft gekämpft. Es gibt keine plötzliche Entscheidung, dass ich es jetzt besser machen muss. Ich habe das ganze Jahr über hart gearbeitet. Ich liege immer noch 70 Punkte hinter Max. Also ist es ziemlich dumm, im Moment an irgendetwas zu denken", sagte er.

Norris und das große Start-Problem

Der Brite stellte klar, er "mache so weiter, wie ich es jetzt tue. Denn es hat keinen Sinn, an den Rest zu denken. Das ist mir im Moment egal. Ich konzentriere mich einfach auf ein Rennen nach dem anderen. Es ist also keine Frage, die ich mir jedes Wochenende stellen muss", sagte Norris.

Dafür muss sich der Brite regelmäßig eine andere Frage gefallen lassen: Warum bekommt er die Starts nicht hin? Sechs Mal ging er in seiner Karriere bereits von der Pole Position in ein Rennen, und in allen Fällen war er nach der ersten Runde nicht Erster.

Wie "Motorsport Total" berichtet, hat Norris 2024 in der ersten Runde der 15 Grand Prix und drei Sprintrennen nach den Starts satte 27 Plätze verloren. Gutmachen konnte er im gleichen Zeitraum keinen einzigen Platz.

Aktuell profitiert Norris vom stärkeren Auto

Auch in Zandvoort kam Norris mal wieder nicht gut weg, er verlor von der Pole aus das Duell mit Verstappen, profitierte dann später von seinem deutlich stärkeren Auto. "Nachdem ich es von der Linie weg in Kurve eins verloren habe, war ich überraschend ruhig. Vielleicht, weil ich schon ein bisschen daran gewöhnt bin, dass es am Start nach hinten geht", sagte Norris.

Eine dem starken Endergebnis geschuldete Gelassenheit nach dem Rennen, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Handlungsbedarf besteht. Denn sollten die Autos der beiden Titelkandidaten auf einer Strecke auf Augenhöhe agieren, kann der Start theoretisch Rennen und damit am Ende auch die WM entscheiden. Denn bei aller Freude über den dominanten Sieg: Fehler darf sich Norris im Endspurt nicht erlauben, um seine Chancen zu wahren.

Norris' Start-Problem ist dem Rennstall durchaus bekannt

Bei McLaren steht das Start-Thema natürlich auf der Agenda. Was das Fahren an sich, den Speed und die Konstanz im Rennen angehe, sei man gut aufgestellt, sagte Teamchef Andrea Stella. "Wenn überhaupt, dann haben wir in diesem Jahr Möglichkeiten eher in bestimmten Rennsituationen, wie dem Start und der ersten Runde, verpasst. Es ist ziemlich spezifisch und wir arbeiten definitiv daran, das zu verbessern."

Denn der Start sei ein grundlegendes Element des Rennsports, er sei genauso wichtig wie die Leistung des Autos, betonte Stella. "Wir müssen uns sehr genau ansehen, warum unsere Konkurrenten da einen kleinen Vorsprung auf uns zu haben scheinen. Wenn man eine gute Qualifying-Performance mit einem guten Start kombinieren kann, macht einem das das Leben sehr viel einfacher. Wir müssen uns definitiv damit beschäftigen."

McLaren schaut nach Optimierungen

Dem Bericht zufolge ist Norris' Reaktionszeit nicht das Problem, dafür aber eher durchdrehende Räder beim McLaren. Stella weiß, dass es auch am Fahrer liegt "und wie er den Startvorgang ausführt, aber es gibt auch einige Aspekte, die unter der Kontrolle des Teams liegen. Wir müssen uns ansehen, welche Art von Optimierung wir vornehmen können", sagte er.

Eine Optimierung könnte es auch bei der Hierarchie geben. Während Norris 70 Punkte Rückstand auf Verstappen hat, sind es bei seinem Teamkollegen Oscar Piastri bereits 116 Zähler. Zeit für eine Unterstützung von Norris durch den Australier? Stella ist das äußerst sensible Thema bislang mit einer beeindruckenden Diplomatie angegangen, wobei McLaren im Umgang mit einer Stallorder auch schon Lehrgeld zahlen musste.

"Die sind deshalb noch nicht ganz titelreif", hatte RTL-Experte Christian Danner zuletzt im Interview mit unserer Redaktion erklärt. "Sie machen noch ein paar Fehler, die aber der Tatsache geschuldet sind, dass man unbedingt vermeiden will, Fehler zu machen. Da geht halt auch mal was schief. Aber das nötige Selbstbewusstsein und die Sicherheit in der Entscheidungsfindung werden sie in kürzester Zeit lernen."

Eine Frage des Prinzips

Stella betonte, man gehe generell fair und mit Integrität vor. Er scheut sich davor, jetzt eine offizielle Nummer eins auszurufen. "Das ist keine gesunde Vorgehensweise für ein Team", sagte der Teamchef.

Man werde bei jedem Rennen die Situationen analysieren. "Und in den 50:50-Situationen oder in den Fällen, in denen Lando vielleicht eine zusätzliche Unterstützung braucht durch das Team, da werden wir diese Unterstützung gewähren. Aber Oscar gehört eben auch zum Team", erklärte Stella, für den das "eine Frage des Prinzips" sei, und wenn man diese Prinzipien zu schnell aufgebe, kreiere man ein Klima der mangelnden Fairness im Team, so Stella: "Das zahlt sich langfristig nicht aus." Denn die Saison 2025 kommt ganz bestimmt.

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