Turbine Potsdam und der 1. FC Köln machen den Abstiegskampf in der Bundesliga der Frauen wieder besonders heiß. An der Spitze liefern sich Bayern und Wolfsburg ein spektakuläres Fernduell. Wieder wird das Wochenende aber durch Spielabsagen überschattet. Fünf Erkenntnisse zum 17. Spieltag.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Justin Kraft sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es hätte ein großartiger Spieltag für die Bundesliga werden können. Wäre da nicht dieser Regen gewesen, der gleich an zwei Standorten zu weiteren Absagen führte. "Unbespielbarkeit des Platzes" werden vermutlich die Unwörter der Saison. Auch bei den Fans nimmt der Frust zu.

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Schon wieder zwei Spielabsagen

Und wieder rücken sportliche Ereignisse ein Stück weit in den Hintergrund. Denn wieder kam es zu zwei Spielabsagen in der Bundesliga. Einen Tag vor dem Spitzenspiel zwischen Eintracht Frankfurt und der TSG Hoffenheim kündigte die SGE an, dass der Rasen "durch die starken Niederschläge" unbespielbar sei. Auch in Essen gab es aus diesem Grund eine Absage der Partie gegen Leverkusen – allerdings am Tag des Spiels.

"Zusammen mit Potsdam ist Frankfurt davon in der aktuellen Saison am meisten betroffen", sagt Frankfurts Fanbetreuerin Isabel de Bruyn im Gespräch mit unserer Redaktion: "Und es schlägt mittlerweile wirklich merklich auf die Stimmung bei den Fans." Gerade weil die SGE eine besonders aktive Fanszene habe, sei die Situation besonders bitter. Erst recht, wenn die Absage sehr kurzfristig kommt wie am vergangenen Spieltag in Duisburg.

"Wir reden hier von einem Stadion, in dem mal Männer-Bundesliga gespielt wurde", erklärt de Bruyn: "Die Absage kam weniger als eine Stunde vor Anpfiff, kurz nachdem unsere Fans ihre Tickets an der Tageskasse gekauft hatten. Eine frühere Absage wäre das absolute Mindestmaß gewesen." Ein Umtausch der Tickets ist mittlerweile zwar möglich, doch angereist sind die Fans trotzdem und auch die dafür aufgebrachte Zeit bekommen sie nicht zurück. Stattdessen mussten sie frustriert abreisen.

In der Arena des MSV gibt es bereits seit Längerem das Problem, dass das Drainage-System nicht mehr richtig funktioniert. Nachdem auch das Spiel der Männer gegen den SV Elversberg neulich abgesagt werden musste, übte Geschäftsführer Thomas Wulf Kritik daran: "Es ist mehr als ärgerlich, dass innerhalb von einer Woche ein zweites Heimspiel abgesagt werden muss. Wir wissen aber auch, dass die Ursachen dafür in der Beschaffenheit des nunmehr fast 20 Jahre alten Unterbaus liegen."

Für de Bruyn sind die Spielabsagen "lästig". Zwar sei die Notwendigkeit "bei vereisten, zugeschneiten oder völlig durchnässten Plätzen natürlich gegeben", aber "in der Menge, in der momentan Spiele abgesagt werden, schadet das schlichtweg der Liga". Gerade aus Perspektive der Fans sei die bis zum Anpfiff bestehende Unsicherheit, ob ein Spiel nun stattfindet, ein Problem. "Für Profifußball sollten das indiskutable Zustände sein", findet die Fanbetreuerin: "Und eine Veränderung in diesem Bereich ist zwingend notwendig."

FC Bayern München: Eins von sechs! FCB hält dem Druck stand

Gespielt wurde indes beim SV Meppen – und das vor 3.685 Zuschauerinnen und Zuschauern. Der Platz in der Hänsch-Arena war zwar bespielbar, doch in keinem optimalen Zustand. Für ein spielstarkes Team wie den FC Bayern war es sichtbar schwierig, die Kugel mit viel Tempo laufen zu lassen. Immer wieder versprangen Bälle oder die Geschwindigkeit veränderte sich drastisch.

Auf dem tiefen Geläuf gelang es Meppen so, die Tabellenführerinnen zumindest im ersten Durchgang weitgehend von ihrem Tor fernzuhalten – und das, obwohl die Bayern kein schlechtes Spiel machten. Sie hatten aber Probleme damit, den Weg zum Tor zu finden. Meppen machte die Räume eng und hatte einen guten Zugriff auf die Münchnerinnen. Je länger die Halbzeit dauerte, desto unzufriedener wirkten die Gäste, desto mehr war ihnen anzumerken, wie groß der Druck jetzt ist.

Nach dem Aus in der Champions League ist eine Titelchance weg. In der Bundesliga sind die Bayern durch den 1:0-Sieg gegen Wolfsburg am vergangenen Wochenende jetzt die Gejagten. Eine neue Situation. Plötzlich hat das Team von Trainer Alexander Straus etwas zu verlieren. Doch Bayern kam deutlich verbessert aus der Kabine. Vor allem Sydney Lohmann und Lina Magull veränderten die Statik des Spiels, indem sie aktiver die Tiefe suchten. Dadurch entstanden Löcher in der gegnerischen Abwehrkette. Vor allem auf dem linken Flügel entstand Platz für Klara Bühl.

Dass Bühl das 1:0 durch Magull vorbereitete, war also kein Zufall. Ein Stanway-Elfmeter vollendete später den 2:0-Sieg. Und der FC Bayern braucht jetzt nur noch fünf Siege zum Meistertitel. In Meppen zeigten sie unter schwierigen Bedingungen, dass sie sich von der veränderten Situation nicht nervös machen lassen. Mit dem deutlichen 8:0-Sieg der Wolfsburgerinnen gegen Werder Bremen ist die Ansage nach München eindeutig: Der VfL ist da, wenn Bayern patzen sollte.

Mehr Kameras braucht die Liga

Der Elfmeter, den der FC Bayern zugesprochen bekam, war umstritten. Ein Abschluss von Glodis Perla Viggosdottir traf die Hand von Anna Margraf. Mehr als die nüchterne Beschreibung der Szene ist an dieser Stelle aber nicht möglich.

Niemand kann anschließend seriös bewerten, ob die Entscheidung von Schiedsrichterin Kathrin Heimann richtig war. Das liegt nicht an der komplizierten Handspielregel, sondern an dürftigen Kameraperspektiven. Zwei Wiederholungen gab es bei "Magenta Sport", beide konnten die Situation nicht endgültig auflösen.

Dass der Ball ihr an die Hand sprang, war offensichtlich. Nur lässt sich mit zwei Kameras kaum beurteilen, ob es für einen Elfmeter reicht. Szenen wie diese sind Alltag in der Bundesliga der Frauen. Sei es bei Abseitssituationen, Strafstößen oder Platzverweisen – eine ernsthafte Aufklärung ist oft schwierig oder gar unmöglich. Zur Professionalisierung muss in Zukunft auch gehören, dass diese Momente der Hilflosigkeit weniger werden.

Wer sind Sie und was haben Sie mit Turbine Potsdam gemacht?

Hilflos war bisher auch Turbine Potsdam. Am 15. Spieltag verloren sie mit 0:5 gegen den VfL Wolfsburg. Der Rückstand auf das rettende Ufer betrug elf Punkte. Einen Sieg holten die Brandenburgerinnen bis dato nicht. Am vergangenen Wochenende gab es dann einen überraschenden, aber verdienten 3:1-Sieg gegen den SV Meppen.

Viele waren sich dennoch sicher, dass das eine Eintagsfliege bleiben würde. Nun aber legte Potsdam nach: Beim SC Freiburg gewann das Team von Marco Gebhardt mit 1:0. Es war kein restlos überzeugender Auftritt und es brauchte eine gute Portion Glück, um gegen den SC zu bestehen. Aber die Einstellung und die defensive Disziplin, mit der Potsdam in den letzten beiden Partien aufgetreten ist, entfacht neue Hoffnung auf ein kleines Wunder.

Plötzlich sind es "nur" noch fünf Punkte Rückstand auf den SV Meppen. Allerdings wirkt dieser Abstand mit Blick auf die restlichen Spiele noch größer, als er ohnehin schon ist. Potsdam spielt noch in Hoffenheim, gegen Frankfurt und in München. Die Heimspiele gegen Essen und Leverkusen müssen gewonnen werden – und selbst dann ist es unwahrscheinlich, dass diese sechs Punkte reichen. Das Erwachen von Turbine Potsdam kommt wohl zu spät.

Der 1. FC Köln kann Fußball spielen

Auch in Köln hat ein Fußballteam entdeckt, dass es ganz passabel gegen einen Ball treten kann. Allerdings kommt diese Erkenntnis für den Effzeh im Vergleich zu Potsdam noch nicht zu spät. Mit 4:0 gewannen die Kölnerinnen gegen einen abermals schwachen MSV Duisburg.

Vor allem in der ersten Halbzeit spielte Köln deutlich zielstrebiger als in den Vorwochen. Das 1:0 durch Weronika Zawistowska ist ein Paradebeispiel dafür. Nach einem Ballgewinn auf dem linken Defensivflügel brauchte es nur drei Pässe, bis die Offensivspielerin frei vor dem Tor der Dusiburgerinnen auftauchte. Die Räume, die der MSV ihnen anbot, bespielten sie gnadenlos.

Das war in den letzten Wochen nicht immer so. Auch im Pressing zeigte der Effzeh eine klar verbesserte Leistung, wirkte insgesamt strukturierter und griffiger. Es scheint, als hätte Nicole Bender-Rummler zu Beginn vor allem eines geschafft: Den Knoten im Kopf vieler Spielerinnen zu lösen. Köln spielte befreiter, mutiger, vor allem aber auch einfacher.

Auch für den Effzeh bleibt die Situation aber schwierig. Weiter geht es mit einem Heimspiel gegen Frankfurt, ehe man dann nach Wolfsburg muss. Im Saisonfinale geht es dann daheim gegen Meppen und Essen sowie zwischen diesen beiden Spielen auswärts gegen den SC Freiburg. Sechs Punkte sind aus den verbleibenden fünf Spielen Pflicht. Dann sollte der Klassenerhalt erreicht sein – und eine maximal enttäuschende Saison kann doch noch versöhnlich enden.

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