Uli Hoeneß wird wohl nicht mehr für das Amt des Präsidenten des FC Bayern kandidieren. Warum neben Karl-Heinz Rummenigge auch Oliver Kahn davon profitieren würde. Und was sein Rückzug für Hasan Salihamidzic und Niko Kovac bedeutet.

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Er werde sich am 29. August gegenüber dem Aufsichtsrat des FC Bayern äußern, ließ Uli Hoeneß verlauten. Er steht diesem Gremium vor. Wird er den Aufsichtsräten dann mitteilen, was die "Bild"-Zeitung berichtete? Dass er im November nicht mehr für das Amt des Vereinspräsidenten der Münchner kandidieren wird?

"Ich kenne den FC Bayern nur mit Uli Hoeneß. Ich kann mir das gar nicht vorstellen", sagte Nationalspieler Joshua Kimmich nach der Rückkehr des Meisters von der USA-Tour überrascht. Kollege Leon Goretzka meinte: "Er war natürlich über zig Jahrzehnte die prägende Figur."

Bayern ohne Hoeneß? Oder umgekehrt Hoeneß ohne Bayern?

Neun Jahre spielte er für den FCB, 40 Jahre war er sein Manager und Präsident. Für den Verein wäre es die größte Zäsur in seiner Geschichte, wenn Hoeneß aufhört. Das Machtgefälle würde sich verschieben.

Karl-Heinz Rummenigge wird diktieren können

Dass Hoeneß im November 2016 nach verbüßter Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung wieder zum Präsidenten und später auch zum Aufsichtsratsboss gewählt wurde, war einschneidend für Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Der heute 63-Jährige hatte zuvor zweieinhalb Jahre lang die Geschicke des Klubs bestimmt und sich gerne öffentlich mit dem von ihm hochgeschätzten Trainer Pep Guardiola präsentiert.

Als dessen Nachfolger holte Ex-Serie-A-Profi und Italien-Fan Rummenigge den Mister, Carlo Ancelotti. Ein Fehlgriff, wie sich später herausstellen sollte.

Hoeneß kehrte zurück, und zwar mit voller Wucht, und nicht gemäßigter, wie anfangs vermutet. Munter teilte er aus, was im Oktober 2018 in einer denkwürdigen Pressekonferenz an der Säbener Straße gipfelte.

Er soll sich entscheidend gegen Vereinsidol Philipp Lahm als Sportdirektor und Thomas Tuchel als Trainer ausgesprochen haben. Stattdessen installierte der Vereinspatron den von Anfang an öffentlich umstrittenen Hasan Salihamidzic als Sportchef und dessen Kumpel Niko Kovac als Chefcoach – und damit seine eigenen Vertraute.

Rummenigge hört erst Ende 2021 auf, das hat er bereits mitgeteilt. Er könnte den Verein bei einem Rückzug des Präsidenten ein Jahr lang nach seinen Vorstellungen formen.

Oliver Kahn kann sofort mehr Einfluss nehmen

Auch Oliver Kahn würde profitieren. Der 50-Jährige soll Anfang 2022 Nachfolger von Rummenigge und neuer starker Mann bei Bayern werden. Das gilt für die Außendarstellung für Fans und Sponsoren und nach innen gegenüber einer gerne launischen Mannschaft. Schließlich gehört es bei Bayern dazu, Kontrolle auszuüben und die Spieler zu mäßigen.

Hoeneß gilt im Gegensatz zu Rummenigge seit jeher als ein Freund der Spieler. Gegenüber Altstar Franck Ribéry äußerte sich das in einem beinahe väterlichen Verhältnis.

Ohne den Präsidenten kann Kahn freier handeln und bestenfalls, so erwarten es etliche Beobachter an der Säbener Straße, auf den väterlichen Ratgeber Hoeneß zurückgreifen, der dann aber von seinem Anwesen am idyllischen Tegernsee wirken wird.

Hasan Salihamidzic verliert seine Rückendeckung

Der Druck aus dem Umfeld auf Hasan Salihamidzic steigt gewaltig, mangels Ergebnissen auf dem Transfermarkt. Der 42-Jährige sei ein "Volltreffer, engagiert, wissbegierig und unglaublich fleißig", hatte Hoeneß noch im Mai dem ZDF erklärt.

Doch nun nehmen sogar Bayern-Profis den Sportdirektor öffentlich in die Pflicht: Robert Lewandowski und Joshua Kimmich zum Beispiel. Kapitän Manuel Neuer hatte über seinen Berater Thomas Kroth und dessen Zweifel an der Konkurrenzfähigkeit Bayerns den Anfang gemacht.

"Der Sportdirektor ist nicht umsonst daheim geblieben", sagte der Weltmeister auf der US-Tour. Das sind klare Botschaften an Salihamidzic. Zieht sich Hoeneß zurück, verliert der Bosnier den Mann, der ihm bisher den Rücken freihält.

Niko Kovac sieht sich mit Rummenigge konfrontiert

Eine "Eins minus" gab Hoeneß Trainer Niko Kovac nach der vergangenen Saison, errungen durch eine zweifellos bemerkenswerte Aufholjagd in der Bundesliga samt Meisterschaft sowie den DFB-Pokalsieg.

"Ich will mir gar nicht ausmalen, was hier los gewesen wäre, wenn wir Vizemeister geworden wären", sagte dagegen Rummenigge dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Er forderte vom auf defensive Stabilität bedachten Kroaten attraktiveren Fußball: "Die Philosophie von Louis van Gaal, Heynckes und Guardiola war quasi identisch. Das war spektakulärer Fußball und hatte schon was von Tiki-Taka."

Verwendete Quellen:

  • Zdf.de: Hoeneß lobt Salihamidzic, Eberl kein Thema
  • Spiegel Online (Spiegel Plus): Bayern-Boss Rummenigge über Trainer Kovac: "Ich wollte ihm nicht wehtun"
  • Bild.de: Rummenigge und Kovac haben sich angenähert
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