Die Trennung von Carlo Ancelotti hatte sich abgezeichnet. Zu krass war die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim FC Bayern geworden. Der Italiener hat sich zu viele Fehler geleistet - und wurde am Ende auch ganz allein gelassen.
Jetzt haben die Bayern also auch das geschafft: Erstmals in der langen Vereinsgeschichte des besten Klubs der Republik wurde ein Trainer zur Wiesn-Zeit vor die Tür gesetzt.
Carlo Ancelotti wurde das zweifelhafte Vergnügen zuteil. Bereits Ende September, also nur wenige Wochen nach dem Beginn einer neuen Spielzeit, wurde in München noch niemand zuvor entlassen.
Am Ende ging es ziemlich schnell, zwei Niederlagen und ein Remis aus den letzten drei Spielen brachten das Fass zum Überlaufen.
Dass die Trennung besonders überraschend gekommen wäre, lässt sich im Rückblick auf die letzten zwölf Monate nicht behaupten.
Zu groß waren die Defizite in vielen Bereichen, die am Ende nicht mehr zu moderieren waren.
"Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie stellen. Das Spiel in Paris hat deutlich gezeigt, dass wir Konsequenzen ziehen mussten", wird Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge in einer Pressemitteilung zitiert.
"Ich darf mich bei
Ancelotti ist in München krachend gescheitert, so viel lässt sich jenseits der salbungsvollen Worte konstatieren. Aber warum konnte der Trainer mit der angeblich eingebauten Titelgarantie bei den Bayern nicht überzeugen? Eine Bestandsaufnahme.
Die sportliche Entwicklung
Es war klar, dass es der erste Trainer nach
Die Bayern spielten selbst in der Triple-Saison mit
Ancelotti war trotz seiner Erfolge nie als konzeptioneller Trainer bekannt. Der Mister ist ein Pragmatiker, ein Spielerversteher, der mit Stars umgehen kann und auf zwischenmenschlicher Ebene das genaue Gegenteil des reservierten, klinisch wirkenden Guardiola versprach.
Nur wurde schnell ersichtlich, dass die sportliche Entwicklung unter dem großen Laissez-faire-Gedanken Ancelottis immer mehr verwässerte.
Kein einziger Spieler hat sich in den vergangenen 15 Monaten weiterentwickelt, die Mannschaft hat die Guardiola-Strukturen in ihrem Spiel verloren und lebte am Ende von ihrer in der Liga immer noch überragenden individuellen Stärke.
Aber dafür allein benötigt selbst der FC Bayern keinen Trainer. Ancelotti hat den Abgang von Philipp Lahm und Xabi Alonso nicht kompensieren können und er schien auch kein Konzept zu haben, das anstehende Ende von Franck Ribéryund
Ancelotti sollte den Wandel der Mannschaft begleiten und aus Sicht der Bosse auch verwalten. Aber das reichte nicht mit einem Team, das über seinen Höhepunkt hinaus war.
Die Machtspiele
Zuletzt war immer häufiger zu erkennen, dass einige Spieler dem Trainer nicht mehr bedingungslos folgten. Diese kleinen und großen Eskapaden fielen immer auf Ancelotti zurück, ein kritisches Statement hier, eine versteckte Kritik da, ein Trikotwurf, schmollende Spieler auf der Bank.
Ancelotti war angetreten als einer, dessen größte Gabe es ist, einen Haufen Ich-AGs im Zaum zu halten und auf ein Ziel zu fokussieren. Aber der Italiener hatte die Kabine schon lange verloren, gerade die alte Garde folgte ihm nicht mehr.
Diese Spieler haben als erste gemerkt, dass die unter van Gaal, Heynckes und Guardiola entwickelte Spiel-DNA langsam zerstört wird und es gibt ja einige die behaupten, Lahms Rücktritt habe genau mit dieser Erkenntnis zu tun gehabt: Dass diese Bayern mit diesem Trainer sich immer weiter von Europas Spitze entfernen werden.
Am Ende war Ancelotti mehr Alibi für schlechte Leistungen als ein Trainer, der positiv auf die Mannschaft einwirken kann. Die Rochaden mit Ribery, der ausgewechselt oder auf die Bank gesetzt wurde, waren nur ein Sinnbild dieser Entfremdung.
Ancelottis Trainingsmethoden
Immer mal wieder war aus Spielerkreisen zu hören, dass das Training zu lasch sei, dass keine spielnahen Abläufe einstudiert würden.
Nun lag das vielleicht auch an der enormen Diskrepanz zwischen den Einheiten unter Guardiola, der seine Spieler mit Penetranz nervte und jenen des generösen Ancelotti.
Aber im Grunde heufte sich der Vorwurf, es werde zu selten intensiv trainiert, fast über die komplette Amtszeit Ancelottis.
Als Willy Sagnol im Sommer als Co-Trainer vorgestellt wurde, machten das die meisten Beobachter an der Tatsache fest, dass mit Hermann Gerland ein enger Vertrauer der Führungsriege bald das Nachwuchsleistungszentrum übernehmen wird.
Die Bayern wollten auch eine Art Aufpasser haben, schließlich umgab sich Ancelotti fast ausschließlich nur noch mit "seinen eigenen" Leuten, unter anderem seinem Sohn und seinem Schwiegersohn und langjährigen Assistenten, die vorher schon bei anderen Klubs mit Ancelotti gearbeitet hatten.
Keine Unterstützung von den Bossen
Die Verpflichtung Ancelottis war Rummenigges Idee. Nachdem Uli Hoeneß sich damals Pep Guardiola in den Kopf gesetzt hatte und den dann auch nach München holen konnte, war danach der Vorstandsvorsitzende dran und holte einen alten Bekannten aus Mailänder Tagen.
In den letzten Wochen schrumpfte die anfängliche Begeisterung immer mehr und wandte sich ins Gegenteil. Man musste nicht mehr groß zwischen den Zeilen lesen, um zu erkennen, dass aus der Führungsetage kaum noch Unterstützung kam, sondern immer noch mehr Druck auf Ancelotti aufgebaut wurde.
Robben und Ribérybräuchten eine Art Stammplatzgarantie, monierte Hoeneß in einem Interview. "Sonst sind die stocksauer. Und die Stimmung ist das Wichtigste im Verein."
Im ersten wirklich großen Spiel, und eben in jenen sollte Ancelotti ja besonders liefern, gegen Paris saßen dann auf der Bank: Robben und Ribery.
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