Der Gruppensieg ist gesichert, das Achtelfinale der EM 2016 in Frankreich erreicht. Trotzdem gab es bei der deutschen Nationalmannschaft nicht nur Licht, sondern auch viel Schatten. Hier die vier Gewinner und Verlierer der drei Vorrundenspiele.

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Gewinner: Jerome Boateng

Seine Leistungen in der Vorrunde waren tadellos. Die Rettungstat auf der Linie gegen die Ukraine ist längst Kult. Gegen Polen hielt Boateng mit Robert Lewandowski sogar den vielleicht besten Mittelstürmer der Welt in Schach. Zudem sind seine langen Pässe, die teilweise über das halbe Spielfeld gehen und oft zentimetergenau ankommen, ein wichtiger Bestandteil des Aufbauspiels.

Selbst wenn Boateng das eine oder andere Zuspiel nicht gelingt, lässt er sich niemals von seiner Linie abbringen. Unsicherheiten existieren nicht. Genau das macht einen Weltklasse-Fußballer aus. Längst hat er sich zum Führungsspieler entwickelt, der die Abwehr dirigiert und - wie nach der Offensiv-Flaute gegen Polen - auch Kritik ausspricht.

Gewinner: Joshua Kimmich

Joshua Kimmich ist das beste Beispiel dafür, wie rasant eine Fußballkarriere verlaufen kann. Vor gut einem Jahr spielte er noch in der 2. Liga für RB Leipzig. Bayern München verpflichtete ihn als Perspektivspieler, nutzte ihn jedoch als Allzweckwaffe für nahezu sämtliche Positionen. Belohnung war die Reise zur Europameisterschaft.

Im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland setzte Bundestrainer Joachim Löw ihn als Rechtsverteidiger ein. Ein kluger Schachzug: Kimmich leitete mit seinen Flanken und hervorragenden Pässen viele Torchancen ein. Auch am Aufbau zum 1:0 war er beteiligt. Löw sagte bei der ARD zufrieden: "Jo hat viel nach vorne gemacht, große Laufarbeit vollrichtet und gut geflankt."

Gewinner: Mats Hummels

Wann wird Hummels endlich fit? Diese Frage beschäftigte Fußball-Deutschland wochenlang. Weil sich der Innenverteidiger im DFB-Pokalfinale einen Muskelfaserriss zuzog, konnte er in der Turniervorbereitung nicht mit der Mannschaft trainieren. Auch das erste Gruppenspiel gegen die Ukraine verpasste er, stand dann aber gegen Polen in der Startelf.

Nach einem etwas wackeligen Beginn fand er zur altbekannten Souveränität. Im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland wurde er zwar selten gefordert, war bei den Kontern und hohen Bällen aber zur Stelle. Keine Frage: Hummels hat seine Turnierform erlangt.

Gewinner: Toni Kroos

Toni Kroos ist ein Meister der "Packing Rate". Zugegeben: Diese Statistik der ARD, in der es um die Anzahl der Gegenspieler geht, die mit einem einzigen Pass überwunden werden, stößt nicht überall auf Gegenliebe. Doch gibt es keine Datenerhebung, die so gut die Qualität von Toni Kroos unterstreicht. Mit seiner Spielübersicht und seinen genauen Pässen leitet er unzählige Angriffe ein.

Viele Fußballfans wundern sich, warum Kroos überall gelobt wird, obwohl sie ihn im Fernsehen selber kaum bemerkt haben. Der Grund: Wenn es im gegnerischen Strafraum interessant wird, ist Kroos daran nicht mehr beteiligt. Er hat jedoch oftmals für die Entstehung dieser Spielsituation gesorgt. Das ist nicht spektakulär, aber von essentieller Bedeutung.

Verlierer: Mario Götze

Seine Auftritte in der Nationalmannschaft vor Beginn der Europameisterschaft machten Mut. Doch kaum hatte das Turnier begonnen, befand sich Mario Götze schon wieder in einem Formtief. Als falscher Neuner kam er in den ersten beiden Gruppenspielen überhaupt nicht zur Geltung. Gegen Nordirland brachte Bundestrainer Löw ihn als Linksaußen.

Weil der neue Mittelstürmer Mario Gomez immer zwei Verteidiger an sich band, gab es nun mehr Räume für die offensiven Mittelfeldspieler. Zugegeben: Götze ist gerannt, Götze hat gekämpft. In Erinnerung bleibt aber, wie viele hundertprozentige Torchancen er vergab.

Verlierer: Julian Draxler

Zum Turnierauftakt gegen die Ukraine zeigte Julian Draxler ordentliche Ansätze. Er kam zu guten Flanken, war im Eins-gegen-Eins oft nur per Foul zu stoppen. Seine Nachlässigkeiten in der Defensivarbeit brachten ihm aber Kritik ein. Nachdem im zweiten Gruppenspiel gegen Polen auch die offensiven Aktionen wegfielen, ließ Löw ihn gegen Nordirland einfach auf der Bank. Es ist zu befürchten, dass Draxler dort bleiben wird.

Verlierer: Thomas Müller

Auf Thomas Müller lastet weiterhin der EM-Fluch. Während er bei seinen zwei Weltmeisterschaften zehn Tore in 13 Spielen erzielte, ist er nach insgesamt acht EM-Partien noch immer ohne Treffer. In den ersten beiden Gruppenspielen hatte er keine einzige Tormöglichkeit. Gegen Nordirland hingegen gab es vier Top-Chancen innerhalb der ersten 45 Minuten, die er allesamt vergab - einmal traf er sogar die Latte. Löw dürfte trotzdem weiterhin auf Müller setzen. So bleibt die Hoffnung, dass der Knoten bald platzt.

Verlierer: Lukas Podolski

Vor Turnierbeginn stellte Lukas Podolski klar, nicht das Maskottchen sein zu wollen. Allerdings hätte er als Maskottchen bislang wohl mehr zu tun gehabt. In den drei Vorrundenspielen setzte ihn Joachim Löw keine einzige Minute ein. Stattdessen hat Andre Schürrle die Aufgabe des Jokers eingenommen, der in der Schlussphase noch einmal die Offensive ankurbeln soll. Sollte es keine größeren Verletzungsausfälle im Angriff geben, dürfte sich an der Rolle von Podolski wenig ändern.

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