Antonio Rüdigers Verletzung wirft im ohnehin schon wackeligen Defensivverbund neue Fragen auf. Ersatz Jonathan Tah ist zwar eine logische Lösung - sie befreit Bundestrainer Joachim Löw aber nicht von dessen Kardinalproblem.
Ein Blick zurück könnte helfen: Als sich
Bundestrainer
Nun hat sich am späten Dienstagabend
Tah als Hummels-Ersatz-Ersatz
Ein Fixpunkt war da bisher Rüdiger, der in diesem Kalenderjahr in allen vier Testspielen als einziger Spieler überhaupt jeweils die vollen 90 Minuten durchspielen durfte. Dass Löw jetzt anders als damals für keine große Überraschung sorgt und für einen verletzten Innenverteidiger einen hoffnungsvollen Innenverteidiger nachnominiert, ist auch ein Indiz dafür, dass die Situation in der Abwehr durchaus angespannt ist und für Experimente keine Zeit bleibt.
Fragezeichen bei Hummels und Höwedes
Wie lange Mats Hummels noch ausfällt, weiß niemand. Im besten Fall kann der Bald-Münchner im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland wieder mitmischen. Läuft es etwas schlechter, dann erst in der K.o.-Runde. Sicher scheint, dass Löw nicht konkret mit Hummels planen kann. Das ist keine neue Erkenntnis, im Zuge der Rüdiger-Verletzung und weil Tah allenfalls eine Art doppelter Boden für den schlimmsten aller Fälle sein dürfte, bekommt diese Tatsache aber eine neue Schärfe.
Zumal, und das erstaunt doch sehr, Mustafi in der ganzen Angelegenheit bisher kaum Erwähnung findet. Der 24-Jährige hat beim FC Valencia keine überragende, aber doch eine sehr ordentliche Saison gespielt. Mustafi stand in beinahe allen Spielen in insgesamt vier Wettbewerben fast immer in der Startelf, immer als Innenverteidiger.
Nur zweimal hatte er mit leichten muskulären Problemen zu kämpfen, ansonsten blieb er als einziger deutscher Innenverteidiger verletzungsfrei. Und er gilt als Musterschüler von Joachim Löw - trotzdem fällt sein Name bei den möglichen Alternativen als Rechtsverteidiger oder Innenverteidiger nur vereinzelt.
Höwedes wäre mit seiner Erfahrung und seinem Standing innerhalb der Mannschaft eigentlich die logische erste Alternative auf den Platz neben Boateng. Aber auch der Schalker verpasste wegen einer schweren Muskelverletzung beinahe die komplette Rückrunde.
Löw spielt auch auf Zeit
Rüdigers Ausfall birgt durchaus Gefahren. Zwar war der Römer auch nicht über alle Zweifel erhaben. Aber mit ihm konnte Löw planen, er hat ihn mehrfach unter Wettkampfbedingungen gesehen, getestet und für gut genug befunden. Und Rüdiger war wie Mustafi auch in der Rückrunde kaum verletzt und eine Stütze seiner Vereinsmannschaft.
Unter den Top-Nationen dürfte Deutschland mit der wackeligsten Defensive ins Turnier gehen. Zwar haben etwa auch die Franzosen (EM-Aus für Raphael Varane) oder Belgier (EM-Aus für Vincent Kompany) Probleme, in der Summe wie bei der DFB-Auswahl aber nicht. Geheimfavorit England oder die Spanier reisten mit der vollen Truppe an. Der Titelverteidiger kann es sich sogar erlauben, einen Weltklassespieler wie Javi Martinez zu Hause zu lassen.
Joachim Löw hat konservativ gehandelt. Er erwartet diesmal kein Turnier der Urkräfte, sondern einen zweigeteilten Wettbewerb, mit den Gruppenspielen als Auftaktphase und der K.o.-Runde als eigentliches Endturnier. Er muss Zeit gewinnen, um seine Defensivspieler wieder an ihr höchstes Leistungsniveau heranzuführen und in der Endphase des Turniers dann vielleicht die bestmögliche Mannschaft auf dem Feld zu haben. Sofern Deutschland überhaupt so weit kommt.
Jonathan Tah ist dafür eine logische Entscheidung. Dem Leverkusener gehört die Zukunft, er verkörpert den Innenverteidiger moderner Prägung und wird im wahrsten Sinne des Wortes als Absicherung dienen. Das Rüdiger-Problem wurde mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner gelöst. Das Spiel auf Zeit wird ohne Antonio Rüdiger aber nochmals gefährlicher.
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