Dem ARD-Experten passiert ein lustiges Missgeschick, vor allem in der Vorberichterstattung kann Bastian Schweinsteiger aber glänzen. Während Felix Kroos der ARD vorwirft, die EM-Euphorie ausbremsen zu wollen, liefert Thomas Hitzlsperger eine starke Analyse. Eine TV-Kritik.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Stüwe dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gerade erst war die Partie zwischen Deutschland und der Schweiz abgepfiffen, da lieferte Thomas Hitzlsperger bereits eine erste starke Analyse der Situation des DFB-Teams. "Sie dürfen sich nichts vormachen. Das war heute nicht ausreichend, nicht gut genug", sagte der Co-Kommentator, während die Kamera die Spieler und den erleichtert durchschnaufenden Bundestrainer Julian Nagelsmann einfing.

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"Aber vielleicht war es genau das, was es gebraucht hat", führte der frühere Nationalspieler weiter aus: "Sie müssen hart mit sich ins Gericht gehen, wie sie das Achtelfinale bestreiten wollen." Nagelsmann habe gut gewechselt, der späte Ausgleich zum 1:1 sei der Lohn dafür gewesen, sagte Hitzlsperger: "Es bleibt ein weiter Weg. Aber es ist schön zu wissen, dass man Spieler auf der Bank hat, die sofort funktionieren. "

Schon während der Partie hatte Hitzlsperger immer wieder kühl die Probleme der deutschen Mannschaft angesprochen, während Kommentator Gerd Gottlob das Spiel am Sonntagabend in der ARD deutlich emotionaler begleitete. Das Zusammenspiel des Duos funktionierte gut, auch die zahlreichen kniffligen Situationen wurden in Zusammenarbeit mit dem zugeschalteten Schiedsrichter-Experten Lutz Wagner souverän aufgeklärt.

Als etwa Maximilian Beier in der 70. Minute im Strafraum gehalten worden war und Elfmeter gefordert wurde, sprach Wagner direkt von einer "Ermessensache des Schiedsrichters". Eine Einschätzung, die mit etwas mehr Abstand der Spieler selbst und Nagelsmann teilten.

Felix Kroos wirft ARD vor, die EM-Euphorie auszubremsen zu wollen

Deutlich schwerer fiel die Gesamtbeurteilung der Partie. Auf der einen Seite gewann das DFB-Team durch das späte Tor von Niclas Füllkrug die Gruppe und blieb ungeschlagen. Auf der anderen Seite tat sich die Mannschaft lange schwer und hätte das Spiel durchaus auch verlieren können. Der klassische Fall eines Glases, das je nach Betrachtungswinkel entweder halbvoll oder halbleer ist.

Felix Kroos, der Bruder von Toni Kroos, gehört offensichtlich zu den Menschen, die das Glas halbvoll sehen. Nachdem Toni Kroos im Interview nach Abpfiff durchaus kritisch nach seiner Leistung und der Mannschaft befragt wurde, warf Felix Kroos den "ARD-Leuten" bei X/Twitter vor, die Euphorie rund um das DFB-Team ausbremsen zu wollen.

Während Kroos mit seiner Meinung deutlich über das Ziel hinausschoss, tat sich Bastian Schweinsteiger in seinem finalen Fazit schwer, die Leistung der DFB-Elf einzuordnen. Am Ende eines langen Fußballabends konnte man dem früheren Mittelfeldspieler des FC Bayern München aber nachsehen, dass er nicht mehr so klare Worte wie zuvor Hitzlsperger fand.

Schweinsteiger nach wie vor nah dran am Geschehen

Der Weltmeister von 2014 war in dieser Woche im Dauereinsatz als Experte, am Sonntagabend ging er bereits um 19:15 Uhr auf Sendung und führte mit Moderatorin Esther Sedlaczek durch die knapp 90-minütige Vorberichterstattung.

Während Sedlaczek ihren Job gewohnt souverän erledigte und die richtigen Fragen stellte, zeigte auch Schweinsteiger, was für ein guter Experte er mittlerweile ist. Der 39-Jährige sprach mit Insider-Wissen über seinen ehemaligen Mitspieler Xherdan Shaqiri, über den Schweizer Torwart Yann Sommer oder erzählte, wie er sich selbst auf große Turnierspiele vorbereitet hatte.

Thomas Müller schaute bei seinem alten Kollegen vorbei, auch Turnier-Direktor Philipp Lahm begrüßte Schweinsteiger herzlich mit einer Umarmung. Mit der Hacke versuchte Schweinsteiger einen Ball zu den sich aufwärmenden DFB-Kickern zurückzuspielen, was aber erst im zweiten Versuch gelang.

Schweinsteiger verwechselt Kaffeebecher mit Mikrofon

"Kicker-Note 3", frotzelte Sedlaczek angesichts des misslungenen Hackentricks. Wenig später sorgte Schweinsteiger für einen weiteren lustigen Moment, als er einen Kaffeebecher in der Hand hielt und diesen für einen Moment mit seinem Mikrofon verwechselte. "Du brauchst immer noch dein Mikro. Wir wollen dich schon hören", amüsierte sich Sedlaczek, die das launige Zusammenspiel mit ihrem Experten immer weiter perfektioniert.

Gut gelungen war auch der Einstieg in die Übertragung, Lea Wagner meldete sich aus der noch leeren Kabine des DFB-Teams. Während die Mannschaft noch im Bus saß, gab die Reporterin Einblicke. Sie zeigte die mit Bildern bedruckten Schienbeinschoner von Füllkrug und Kai Havertz oder die mit extra langen Stollen versehenen Fußballschuhe von Manuel Neuer.

Man kann sicherlich darüber streiten, ob 90 Minuten Vorlauf für ein EM-Gruppenspiel nicht übertrieben sind. Langweilig wurde es am Sonntag aber trotz der XXL-Vorberichterstattung nicht. Während das DFB-Team zumindest phasenweise wackelte, gelang der ARD eine souveräne Sendung.

Verwendete Quellen

  • Übertragung des EM-Spiels Deutschland – Schweiz in der ARD am 23. Juni
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