Für Menschen im Sportjournalismus ist so eine EM Lust und Last zugleich: Einerseits bedeutet sie viel Arbeit. Andererseits durften wir manche Spiele aber auch aus Fan-Sicht betrachten - wenn der Dienstplan es hergab. Hier schildern wir Ihnen unsere schönsten und eindrücklichsten Momente des Turniers.
Jetzt ist sie Geschichte, die zweite EM-Endrunde auf deutschem Boden. Bilder und Szenen haben sich eingebrannt, die für immer bleiben werden. Die Sportredaktion wirft einen ganz persönlichen Blick zurück.
Sabrina Schäfer: Für mich bleibt von dieser EM neben sportlichen Momenten wie
Achja, im Stadion beim Halbfinale war zwischen Spanien und Frankreich war es auch wirklich schön, auch wenn meine Ohren von den Pfiffen gegen Cucurella noch immer klingeln.
Jörg Hausmann: Mein schönster EM-Moment fand bereits vor Turnierbeginn statt: auf dem Viktualienmarkt in München, auf dem Marienplatz und in der Fanzone im Olympiapark. Dort hatte ich wenige Stunden vor dem Eröffnungsspiel des Turniers zwischen Deutschland und Schottland das Vergnügen, gemeinsam mit zwei Kollegen in Bild und Ton Stimmen und Stimmung schottischer und deutscher Fans einzufangen. Sie fieberten gemeinsam dem Anpfiff der Begegnung und des Turniers entgegen und verbreiteten eine ansteckende Fröhlichkeit. So soll es sein.
Sportlich werde ich nie vergessen, wie Niclas Füllkrugs Kopfball in der Nachspielzeit die Niederlage gegen die Schweiz verhinderte und den deutschen Gruppensieg sicherte. Dieser Moment erinnerte mich ein wenig an David Odonkors Flanke in der letzten Minute des WM-Gruppenspiels gegen Polen in Dortmund in jenem oft besungenen "Sommermärchen"-Sommer 2006, als Oliver Neuville in der Mitte in den Ball spritzte und mit seinem Siegtor nicht nur das Westfalenstadion, sondern gefühlt ein ganzes Land explodieren ließ.
"Ein Hauch des Sommermärchens von 2006 wehte quer durch das ganze Land."
Michael Schleicher: Mir wird nach dieser EM vor allem eines in Erinnerung bleiben – und das hat nicht mal wirklich direkt sportlichen Bezug: die positive Grundstimmung in Deutschland. Ein Hauch des Sommermärchens von 2006 wehte von Nord nach Süd, von West nach Ost, quer durch das ganze Land. Vor allem nach dem furiosen 5:1-Auftakterfolg des DFB-Teams war die Euphorie bei den Menschen riesig. Ein schönes Gefühl, eine Atmosphäre, die für mich gerne so bleiben kann.
Daneben haben sich die meisten (!) ausländischen Fans von ihrer besten Seite präsentiert und die Europameisterschaft in Deutschland dank ihrer Stimmung zu einer ganz besonderen gemacht: Seien es die vielleicht sympathischsten Anhänger aus Schottland, die hüpfenden Niederländer oder die leidenschaftlichen Österreicher. Die Fanmärsche durch die deutschen EM-Städte lieferten tolle Bilder, bislang Unbekannte wurden plötzlich zu Social-Media-Stars (Grüße gehen raus an einen gewissen Saxophon-Mann) und humorvolle Fan-Aktionen sorgten immer wieder für Schmunzler.
Nach der WM in Katar ist diesmal jedenfalls eines deutlich geworden: Die EM in Deutschland, sie war auch ein Turnier, das die Fans geprägt haben. Und das in den meisten Fällen im besten Sinne. Schön war's!
"Das Video mit den hüpfenden Niederländern habe ich mir 15-mal angesehen und hatte dabei Gänsehaut."
Ludwig Horn: So vieles bleibt bei mir hängen von dieser EM. Am meisten habe ich die niederländischen Fans ins Herz geschlossen. Wie diese riesige orange Masse eine EM-Stadt nach der anderen einnahm und sicher nicht nur bei mir für einen der größten EM-Ohrwürmer sorgte. "Naar links! Naar rechts! Nog unne keer! Naar links! Naar rechts! Dö-dö-dö-dö-dö-dö. Dö-dö-dö-dö-dö. Dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö-dö." Das klingt vielleicht komisch: Aber das erste Video dieser Art, als die Niederländer vor dem ersten Gruppenspiel gegen Polen durch Hamburg hüpften, habe ich mir bestimmt 15-mal angesehen und hatte dabei Gänsehaut. Apropos Gänsehaut, "Major Tom" als Torhymne oder als Lied nach dem Spiel gefällt mir sehr gut und werde ich von nun an mit der Nationalmannschaft in Verbindung bringen.
Dann freut mich, dass ich mich wieder auf und über Spiele der deutschen Nationalmannschaft freue. Am Ende ist nun mal Erfolg ein ganz wichtiger Faktor und nach den vergangenen schweren Jahren kann ein Aus im Viertelfinale gegen die starken Spanier durchaus als Erfolg bezeichnet werden. Ich darf bloß nicht zu sehr an dieses Spiel denken, sonst rege ich mich wieder auf.
Negativ in Erinnerung bleiben die eigentlich großen Fußball-Nationen, die die EM mit defensivem Angsthasen-Fußball geprägt haben und dabei auch noch weit gekommen sind. Wie es England ins Finale geschafft hat, ist mir ein Rätsel. Auch über die Franzosen, die erst im Halbfinale (!) ihr erstes eigenes Tor aus dem Spiel heraus erzielt haben, haben mich sehr enttäuscht. Ebenso die Portugiesen rund um Cristiano Ronaldo, den 39-jährigen Stürmer vom Al-Nassr FC.
"Das unbeschwerte Turniersommer-Feeling von früher war wieder da."
Julian Münz: Es fällt mir schwer, aus dieser EM einen einzigartigen sportlichen Moment herauszufiltern. Der euphorische Auftakt der deutschen Nationalmannschaft im Eröffnungsspiel gegen Schottland wäre da vielleicht zu nennen, Bellinghams Last-Minute-Fallrückzieher im Achtelfinale gegen die Slowakei, Ronaldos verschossener Elfmeter gegen Slowenien oder der sensationelle Achtelfinaleinzug von Georgien. Aber eine Szene, die bei der Europameisterschaft wirklich herausstach, gibt es für mich nicht.
Vielleicht ist mein Moment der EM stattdessen banaler: Das erste Wochenende der Europameisterschaft, ein freier Samstag, ich auf der Couch und vor mir drei Spiele, die ich an diesem Tag sehen werde. Nach zu vielen Turnieren, die ich wegen der schwierigen Rahmenbedingungen nicht so richtig oder gar nicht genießen konnte, ist das unbeschwerte Turniersommer-Feeling von früher wieder da. Mein Wunsch war es, eine Europameisterschaft zu erleben, bei der der Sport wieder in den Vordergrund rückt. Und der wurde erfüllt.
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