Der deutsche Basketball verliert einen seiner besten Spieler der Geschichte. Christian Welp führt Deutschland einst spektakulär zum EM-Titel, ist einer der ersten deutschen NBA-Profis und geht den legendären Riesen vom Rhein voran. Am Sonntag starb er in den USA.
Wenige Minuten machten ihn unvergessen. Es war der 4. Juli 1993 in München. Das EM-Finale zwischen Deutschland und Russland. Christian Welp steigt wenige Sekunden vor der Schlusssirene beim Stand von 68:70 zum Dunking hoch, wuchtet den Ball in den Korb. Weil er dabei gefoult wird, gibt es Freiwurf. Plötzlich wird es still. Ganz still. Welp geht zum Freiwurf, tippt den Ball kurz auf und wirft stoisch aus dem Handgelenk. Tausende in der Halle und noch viele mehr vor den TV-Geräten jubeln hemmungslos. Deutschland ist Europameister. Was Mario Götze im Sommer 2014 bei der Fußball-WM in Brasilien gelang - Welp machte es 19 Jahre früher bereits vor.
Welp aber war nicht erst seit seiner Heldentat von München ein Name für jeden, der etwas auf Basketball hält. Er war der erste spektakuläre Export der jungen Bundesrepublik in die nordamerikanische Profiliga NBA. Noch lange vor
Anschließend spielte er für die San Antonio Spurs, schließlich für die Golden State Warriors, bevor es 1991 zurück nach Europa ging. Hier prägte er das vielleicht erfolgreichste Klub-Team, das die Bundesliga bis heute hervorbrachte. Unter Coach Dirk Bauermann holte er mit den Bayer Giants Leverkusen sechs Meisterschaften in Folge. Die Gegner erstarrten in Ehrfurcht vor den "Riesen vom Rhein", wie diese unschlagbar anmutende Mannschaft um Welp und Henning Harnisch bald genannt wurde. Gemeinsam führten sie Deutschland 1993 zum Titel in der Heimat. Harnisch war mit 12 Punkten pro Spiel bester Scorer, gefolgt von Welp mit im Schnitt 11,3 Punkten. Doch er machte die entscheidenden Punkte. Nicht nur gegen Russland. Im Halbfinale gegen Griechenland kam er auf eine überragende Trefferquote von 87,5 Prozent, im Spiel zuvor machte er gegen Spanien nicht weniger überragende 23 Punkte. Welp rieb sich dabei in der gegnerischen Defense stets auf, schreckte auch vor bösen Fouls an ihm nicht zurück - einer wie Fußball-Star
106 Mal trug er das Trikot mit dem Bundesadler. Nicht nur seine physische Präsenz unter dem Korb bei 2,12-Meter-Körpergröße nötigten seinen Gegnern Respekt ab. Welp galt vielmehr als Teamplayer, als vorbildlicher Sportler. "Christian war einer der außergewöhnlichsten Studenten, die jemals für Washington gespielt haben. Er war nicht nur ein großartiger Typ, sondern auch ein großartiges Vorbild und ein großartiger Vater", sagte Lorenzo Romar, Trainer der Universität Washington. "Wir werden ihn sehr vermissen."
Der Deutsche Basketball-Bund (DBB) widmete ihm einen großen Nachruf auf seiner Homepage. "Wir sind geschockt und tief traurig. Chris Welp ist viel zu früh von uns gegangen. Wir verlieren einen herausragenden Nationalspieler, einen tollen Kameraden und einen guten Freund", wird DBB-Generalsekretär Wolfgang Brenscheidt darin zitiert. "Chris wird für immer mit dem Europameistertitel 1993 verbunden sein und so in unserer Erinnerung weiter leben." Überall, wo er wirkte, ist die Trauer groß. Auch in Piräus. Mit Olympiakos holte er 1997 den Europapokal der Landesmeister. Und in Berlin. Mit ALBA wurde er 1998 Meister. Und auch am Rande Siziliens. Dort beendete er 1999 bei Viola Reggio Calabria seine Karriere.
Am Sonntag verstarb Welp, der zuletzt in Seattle lebte, nun im Alter von 51 Jahren an einem Herzinfarkt, wie der DBB offiziell bestätigte. Er hinterlässt Ehefrau Melanie und drei Kinder. Den deutschen Sportfans bleibt er in Erinnerung - nicht nur als Held der Heim-EM 1993.
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