Ein Glück, "Let's Dance" kehrt nach Köln-Ossendorf zurück! Wer im Halbfinale für Schnappatmung sorgte - und wer sich spontan zu einem Plädoyer gegen Hass hinreißen ließ: die Kritik zur vergangenen Folge.
Fernsehstudios haben, da sind sich die meisten der aktuellen Weltreligionen einig, keine Seele und keine Gefühle. Das ist gut so, denn sonst wäre das RTL-Tanzstudio in Köln-Ossendorf sicher gekränkt, dass der Heimatsender des Starmoderationsduos
Die Scheidungspapiere sind glücklicherweise noch nicht eingereicht - man will es noch einmal miteinander versuchen. Reumütig kehrt das von einst 14 durch RTL kurzerhand zu Prominenten ausgerufenen Tanzflur-Azubis inzwischen auf
Hier ist die Stimmung blendend, immerhin ist Halbfinale in Deutschlands drittbekanntester Tanzshow nach "Dancing on Ice" und "Skate Fever". Da fällt es nicht mal auf, dass im Ossendorfer Urstudio nur knapp 900 Zuschauer Platz finden, während bei der heißen Location-Affäre Musical Dome bis zu 1.600 Fans für Party-Atmosphäre sorgen konnten.
Nur 900 Zuschauer - da wäre nicht mal genug Platz für alle Trainer, die dem FC Bayern München dieses Jahr bereits abgesagt haben. "Dancing on Ice" ist übrigens ein Format, bei dem Prominente auf einer Eisfläche in Schlittschuhen tanzen und nicht etwa in einem InterCity Express der Deutschen Bahn, das nur als Kontext für alle, die nicht automatisch einschalten, wenn irgendwo im Fernsehen etwas mit Tanzen angekündigt wird.
Wer ist dieser Ann-Kathrin-Ben Dixen?
Der erste Tanz des Abends kommt dann von
Chefjuror
Zur eher mittelmäßigen Tanzdarbietung der Motorradbraut aus Handewitt-Timmersiek jedenfalls urteilt er: "Du standest gut zwischen deinen Füßen!" Mal abgesehen davon, dass das Stehen zwischen seinen Füßen anatomisch eher in den Bereich Notoperation als in den Bereich Tanzkunst fällt, ist diese Evaluation aus Richtung Llambi eigentlich wie eine Liebeserklärung. Vor lauter Verwirrung verfällt Wertungs-Abhol-Moderatorin Victoria Swarovski nach langer Zeit mal wieder in ihr Kasus-Dilemma und stellt die bange Frage: "Wer holt die meisten Punkten?"
Noch härter hat es
Wie genau Jorge verunfallt ist, darüber schweigt man sich während der gesamten dreieinhalb Stunden jedoch aus. Besorgt wenden sich Hunderte Tanzfans an den RTL-Zuschauerservice, der am Wochenende Überstunden machen wird, um der Nation glaubhaft zu versichern, dass ihr Lieblingsjuror unbeschadet durch die Sendung gekommen ist.
"Let's Dance": 200 Jahre Joachim Llambi
Neben den vier Halbfinalisten findet RTL die Zeit, während der annähernd dreieinhalb Stunden langen Semifinal-Festspiele auch noch Joachim Llambis Jubiläen zu feiern. Er ist nunmehr seit 20 Jahren bei "Let's Dance" engagiert und hat dabei 200 Sendungen absolviert. Sein, wie er selbst findet, extrem gutes Aussehen legt den Verdacht nahe, dass er bereits mit knapp zwölf Jahren Juror geworden ist. Wie er dem teilbeeindruckten Publikum mitteilt, freut er sich auf weitere 20 Jahre an der Seite von Daniel Hartwich, auch wenn der dann "nicht mehr in seinen Anzug passen wird", wie Tanz- und Modepapst Llambi feststellt.
Selbstkritisch und shitstormvermeidend fügt er sicherheitshalber jedoch rasch an: "Hinter dem Jurypult macht alles schlank!" Extrem schlank sogar. Was viele nicht wissen: Jorge González ist eigentlich Beth Ditto. Dieses Jurypult ist wirklich wirksamer als der beste auf Liposuktion spezialisierte Plastische Chirurg. Ich freue mich schon auf die verwirrten Gesichter in Münchner Schreinereien, wenn ab Montag erstaunlich viele Anfragen nach maßgefertigten Jurypulten für den Heimbedarf aus Grünwald eingehen.
Stichwort Alter:
Als Victoria Swarovski ihn nämlich fragt, ob er denn schon mal eine Trennung hinter sich bringen musste, verrät er, er wäre sowohl schon der Verlassene, als auch der Verlassende gewesen - und hätte Liebeskummer stets damit überstanden, Songs zu schreiben. Danke, Gabriel. Musikalisches Talent ist wirklich zum Kotzen. Normalsterblich unmusikalische Zeitgenossen wie ich müssen Liebeskummer weiterhin mit zu viel Eis, Schokolade, Chips, Pizza und "Sex and the City" verarbeiten.
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Fluch der Kommentarspalten
Jana Wosnitza sieht in ihrem Piraten-Kostüm Captain Jack Sparrow so ähnlich, dass sie vermutlich bei der Rückkehr in ihr Hotelzimmer feststellen wird, dass Amber Heard ihr ins Bett gekackt hat. Aus unerfindlichen Gründen tanzt sie ihren Flamenco aber dennoch nicht zum Soundtrack von "Fluch der Karibik". Für mich der Fauxpas der Staffel. Das ist nicht mehr mein RTL.
Da nur noch vier Tanzpaare im Rennen sind, RTL aber dennoch knapp vier Stunden Tanzmarathon vollbekommen muss, tanzt jeder Kandidat einfach noch mal eine zweite Runde. Mit 23 Punkten erhält Ann-Kathrin Bendixen erstaunliche 23 Punkte, darunter sieben von Joachim Llambi. So viele wie nie zuvor. Ob der rüstige Engtanz-Experte nach dem nicht leistungs-, sondern gesundheitsbedingten schmerzlichen Ausscheiden von Tony Bauer nun aus Solidarität (oder Trauerverarbeitung) Ann-Kathrin adoptieren möchte?
Die ist von Onkel Llambis netten Worten so gerührt, dass sie sich spontan zu einem Plädoyer gegen Hass hinreißen lässt. Die Tatsache, dass Ann-Kathrin nicht notwendigerweise als klassenbeste Tänzerin gilt, hatten viele ungehobelte Social-Media-Kommentatoren zum Anlass genommen, Ann-Kathrin massiv zu beschimpfen.
Dazu kann man nur sagen: Ja, Ann-Kathrin ist die handwerklich schwächste Tänzerin der Halbfinalisten - und hatte die Rolle der leistungslabilsten Teilnehmerin auch schon in den Wochen zuvor. Dennoch sind vor ihr einige Kandidaten gescheitert, die rein leistungsfaktisch betrachtet besser waren als Ann-Kathrin. An der Jury, der unterdessen bereits vorgeworfen wird, Ann-Kathrin auf Anweisung von ganz oben ins Finale loben zu wollen.
Bei näherer Betrachtung muss man diese Hoffnung der Aluhutfraktion unter Tanz-Fans wohl beerdigen. Fraglos zutreffend ist natürlich: Die Jury hat Ann-Kathrin stets sehr kritisch beurteilt. Sie war fast immer letzte im Jury-Ranking. Dennoch ist sie immer weitergekommen. Muss sie sich jetzt dafür entschuldigen, dass das Publikum sie ins Herz geschlossen hat, sie möglicherweise sympathischer findet als etwa Biyon Kattilathu, Stefano Zarrella oder Tillman Schulz und sie diese Mittänzer darum über das Publikums-Voting ausstechen konnte?
Das "B" in Bendixen steht für Bye Bye
Entspannter geht es bei
Auch Joachim Llambi ist von der Tanzeinlage Frau Wosnitzas freudig erregt. Sein "Du hast diesen weichen Schrittansatz" kann auf der nach unten offenen Heidi-Klum-Zotenskala eigentlich nur als Kopulations-Sehnsucht bewertet werden. Allerdings, es gibt für Jana nicht nur Positives aus dem Hause Llambi: "Deine Rechtsdrehung war nicht ganz so gut." Viel besser in Rechtsdrehung scheint diese Woche dagegen Cathy Hummels zu sein. Zumindest, wenn man Björn Höcke Glauben schenken möchte. Und das machen in diesem Land ja viele, die über einen IQ verfügen, der deckungsgleich mit der Punktausbeute von Jana Wosnitza ist: 29.
Komplette Schnappatmung erfasst die Jury dann flächendeckend nach dem zweiten Tanz von Gabriel Kelly. Motsi Mabuse, die kurz zuvor in der Werbepause noch BHs in Übergrößen angepriesen hatte, kehrt direkt mit einem Lob in Übergröße in den Showteil zurück: "Das war der Tanz der Saison!" Aber auch Soost-Stalker Jorge ist überzeugt: "Da hat alles gestimmt!" Ein "Das war sensationell" von Joachim Llambi, der anschließend gerne alle Zehn-Punkte-Kellen vergeben hätte, macht die Finalteilnahme von Gabriel sicher, der am nächsten Freitag wohl zweifelsfrei als Favorit ins Tanzrennen gehen wird.
Nach einer ermüdend langgezogenen Improdance-Einlage, die irgendwie als dritter Tanz des Abends gilt, steht fest: Ann-Kathrin Bendixen kann endlich die Tanzschuhe an den Nagel hängen. Sie muss als glückliche Halbfinalistin den Dancefloor verlassen. Jana Wosnitza, Gabriel Kelly und Detlef D! Soost bestreiten das "Let's Dance"-Finale. Wer am Ende den begehrten Pokal und die anschließende Ochsentour durch sämtliche RTL-Formate, an denen Promis teilnehmen können, gewinnt - das verrate ich hier nächste Woche. Bis dann!
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