Vollbremsung beim Brexit: Das britische Parlament verweigert Premier Johnson wieder die Gefolgschaft. Johnson will jetzt mit der EU reden - und treibt die Vorbereitungen für einen ungeregelten Austritt voran.

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Brexit-News vom Dienstag, 22. Oktober: Tusk empfiehlt Frist-Verschiebung

22:35 Uhr: Beim Brexit stehen die Zeichen auf eine erneute Verschiebung. Der Termin 31. Oktober ist nach einem nervenaufreibenden Auf und Ab bei Abstimmungen im britischen Unterhaus wohl nicht mehr zu halten. Die Abgeordneten ließen am Dienstagabend den straffen Zeitplan für die Brexit-Beratungen durchfallen. Daraufhin legte Premierminister Boris Johnson das gesamte Gesetzgebungsverfahren zum EU-Austritt auf Eis. Ratspräsident Donald Tusk empfahl kurz danach den 27 bleibenden EU-Staaten, noch einmal Aufschub zu gewähren.

Johnson legt Brexit-Gesetzgebung nach Niederlage auf Eis

20:45 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson hat nach einer Abstimmungsniederlage seine eigene Gesetzgebung zum Brexit-Deal auf Eis gelegt. Er wolle mit der Europäischen Union über eine weitere Verlängerung der Frist verhandeln. Zugleich müsse er aber auch die Vorbereitungen für einen ungeregelten Austritt aus der EU vorantreiben, sagte Johnson am Dienstagabend im Parlament. Eine Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte auf Twitter, man nehme die Ergebnisse zur Kenntnis und erwarte Informationen von der britischen Regierung über die nächsten Schritte.

Johnson zeigte sich enttäuscht, dass das Unterhaus wieder für eine Verzögerung votiert habe. "Wir sehen uns nun noch größerer Unsicherheit gegenüber", sagte Johnson. "Die EU muss sich nun entscheiden, wie sie auf die Bitte des Parlaments um einen Aufschub reagieren will. Die Regierung muss die einzig verantwortungsvolle Richtung einschlagen und unsere Vorbereitungen für ein No-Deal-Ergebnis beschleunigen."

Johnsons Brexit-Gesetz nimmt erste Hürde - Unterhaus kippt aber Zeitplan

20:34 Uhr: Das britische Parlament hat in einer Abstimmung am Dienstag den straffen Brexit-Zeitplan von Premierminister Boris Johnson gekippt. Johnson hatte zuvor angekündigt, dass er für diesen Fall sein gesamtes auf den 31. Oktober ausgerichtetes Paket für einen geregelten EU-Austritt zurückziehen und Neuwahlen anstreben werde.

20:24 Uhr: Das britische Parlament hat am Dienstag den Gesetzesrahmen für den Brexit-Deal im Grundsatz gebilligt. Die Abgeordneten votierten in einer ersten Abstimmung für das zwischen Premier Boris Johnson und der EU vereinbarte Paket. Allerdings kommen auf Johnson schon bald weitere Abstimmungen zu, bei denen folgenschwere Niederlagen nicht auszuschließen sind.

Nach der 2. Lesung stimmten 329 Abgeordnete für das Gesetzespaket, 299 votierten dagegen, wie Parlamentspräsident John Bercow bekanntgab. Das Ergebnis gilt als wichtiges Meinungsbild. Nun muss noch eine 3. Lesung im Unterhaus stattfinden, bevor es zur endgültigen Abstimmung kommt. Auch das Oberhaus muss grünes Licht geben. Zuvor könnte es auch noch Änderungsanträge geben, die Sprengkraft entfalten und den Deal noch kippen könnten.

17:32 Uhr: Brexit-Unterhändler Michel Barnier wird Chef einer neuen Task Force für die Beziehungen der Europäischen Union zu Großbritannien. Die EU-Kommission machte die Ernennung am Dienstag bekannt. Sie gilt ab Mitte November.

Barnier soll zunächst die Verhandlungen mit London über den EU-Austritt zu Ende führen und die Vorbereitungen für einen etwaigen Brexit ohne Vertrag leiten. Unmittelbar nach der Trennung will die EU dann mit Verhandlungen über die künftigen Beziehungen beginnen.

16:21 Uhr: Menschen, die im Fall eines Brexit ohne Abkommen ihre Arbeit oder wichtige Aufträge verlieren, sollen von der EU finanzielle Unterstützung erhalten. Das EU-Parlament in Straßburg nahm am Donnerstag mit breiter Mehrheit ein entsprechendes Notfallgesetz an.

Demnach sollen Mittel aus dem EU-Fonds für die Anpassung an die Globalisierung dafür aufgewandt werden können, Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Leidtragende eines chaotischen Austritts Großbritanniens aus der EU zu bezahlen.

Boris Johnson droht im Fall einer Ablehnung mit Neuwahlen

15:38 Uhr: Premierminister Boris Johnson hat offen damit gedroht, seinen Brexit-Deal aus dem Parlament zurückzuziehen und eine Neuwahl anzustreben. Dies sei dann nötig, wenn ihm die Abgeordneten die Zustimmung für den Zeitplan zur Beratung der Brexit-Gesetze verweigerten, sagte Johnson am Dienstag im Parlament in London.

Eine Ablehnung des Zeitplans würde "den Pfad für einen No-Deal-Brexit in neun Tagen öffnen", sagte Johnson. Er steuert am Dienstagabend auf eine hauchdünne und möglicherweise wegweisende Parlamentsentscheidung zum Brexit zu. Die Abgeordneten des Unterhauses werden nach der zweiten Lesung des Brexit-Deals nicht nur ein Meinungsbild zu dem Gesetzespaket abgeben, sondern auch über den von Johnson vorgeschlagenen Zeitplan abstimmen.

Sollte Johnson letztere Abstimmung verlieren, könnte dies zu einem Rückzug des gesamten Brexit-Pakets führen, mit dem der Deal ratifiziert werden soll - der 31. Oktober als Datum für einen geregelten EU-Austritt Großbritanniens wäre dann Geschichte.

Am Mittag, als Johnson die Debatte im Unterhaus eröffnete, waren die Mehrheitsverhältnisse nicht eindeutig. "Wir können den Brexit erledigen und unser Land voranbringen", sagte Johnson an die Abgeordneten gerichtet. Gleichzeitig könnten dann auch die Vorbereitungen für einen ungeregelten Brexit beendet werden

Während der Premierminister bessere Chancen hat, die Abstimmung zum Meinungsbild zu gewinnen, könnte ihm die Mehrheit für den Zeitplan fehlen. Unter anderem überlegen nach britischen Medienberichten die zehn Abgeordneten der DUP, gegen den straffen Zeitplan Johnsons zu stimmen, der das 110 Seiten starke Gesetz mit zahlreichen Querverweisen auf weitere Bestimmungen in nur drei Tagen durchboxen will.

Kritik war daran zuvor auch von Labour und der schottischen SNP gekommen. Nach BBC-Informationen überlegen auch Rebellen aus Johnsons eigener konservativer Tory-Partei, ihren Regierungschef im Stich zu lassen. Normalerweise gilt für solche Vorhaben eine Mindestdauer von 21 Tagen für den parlamentarischen Prozess. Die Kritiker machen geltend, in drei Tagen seien die Implikationen des Gesetzes nicht zu erfassen.

Für Premier Boris Johnson wird es eng

15:16 Uhr: Nach heutigem Stand verlässt Großbritannien am 31. Oktober die Europäische Union - das ist am Donnerstag nächste Woche. Bis dahin passiert aber noch einiges, der aktuelle Zeitplan zum Brexit ist bis oben hin vollgepackt.

11:58 Uhr: Das Dokument zum Gesetz, das den britischen Abgeordneten jetzt präsentiert wird, umfasst etwa 110 Seiten. Um abstimmen zu können, müsse man den Inhalt kennen, sagte Emily Thornberry von der Labour-Partei. "Warum sollten wir das Spiel von Boris Johnson mitspielen?" Als "skandalös" bezeichnete Labours Brexit-Experte Keir Starmer das Vorgehen. Auch Pete Wishart von der Schottischen Nationalpartei war erbost: "Wie um Himmels willen sollen wir die Chance haben, das angemessen zu beurteilen?"

Nach Angaben des Brexit-Experten Joe Owen von der Denkfabrik "The Institute for Government" bekommt das Gesetz zum EU-Austritt weniger Zeit im Unterhaus als ein Gesetz für Wildtiere in britischen Zirkussen: Es habe nur 19 Tiere betroffen, darunter zwei Kamele.

Das Unterhaus berät an diesem Dienstag in zweiter Lesung über das Gesetz. Eine erste Abstimmung dazu ist noch am Dienstagabend (ca. 20 Uhr MESZ) geplant. Dann könnte sich schon abzeichnen, ob Johnsons Brexit-Pläne Chancen auf eine Mehrheit haben.

Auch über den Fahrplan, wie das Gesetz in so kurzer Zeit durch das Parlament gebracht werden kann, sollen die Abgeordneten am Abend abstimmen. Insgesamt umfasst das Verfahren drei Lesungen in beiden Parlamentskammern in London.

Am Mittwoch sollen die Abgeordneten bis in den späten Abend hinein tagen. Es wird auch mit Änderungsanträgen gerechnet.

Erst danach stimmt das Europaparlament über das Vertragswerk ab. Dies wird nicht mehr in dieser Woche sein, wie der portugiesische Parlamentsvize Pedro Silva Pereira am Montagabend mitteilte. Damit wird der Zeitplan für Johnsons Vorhaben allerdings noch enger.

Vorbehalte aus Brüssel gegen neuen Brexit-Deal

11:36 Uhr: Der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat vor dem Europaparlament eine ernüchternde Bilanz zum Brexit gezogen. "Es war eine Zeit- und Energieverschwendung", sagte Juncker am Dienstag in Straßburg.

Viele Male habe er vor dem Parlament über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sprechen müssen, sagte der 64-Jährige. Er werde die Entscheidung immer bedauern. "Wir können in den Spiegel schauen und uns sicher sein, dass wir alles dafür getan haben, dass es ein geregelter Austritt wird."

10:28 Uhr: Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, hat Bedingungen für die Ratifizierung des neuen EU-Austrittsvertrags mit Großbritannien gestellt. Es seien noch einige Probleme zu lösen, sagte Verhofstadt am Dienstag im Europaparlament. So müsse ausgeschlossen sein, dass EU-Bürger aus Großbritannien ausgewiesen würden, weil sie Fristen zur Registrierung verpasst hätten oder bedürftig seien. "Ich möchte, dass dieses Problem gelöst ist."

Im übrigen werde das Europaparlament dem Austrittsvertrag erst zustimmen, wenn das gesamte Ratifizierungsverfahren in Großbritannien abgeschlossen sei, fügte Verhofstadt hinzu. Das werde nicht mehr diese Woche geschehen.

9:42 Uhr: Die Europäische Union wird nach den Worten von Ratspräsident Donald Tusk alles tun, um einen Brexit ohne Vertrag zu verhindern. "Ein No-Deal-Brexit wird niemals unsere Entscheidung sein", sagte Tusk am Dienstag im Europaparlament in Straßburg. Das habe er dem britischen Premierminister Boris Johnson am Wochenende auch gesagt.

Tusks Aussage lässt darauf schließen, dass er nötigenfalls eine Verlängerung der Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus empfehlen würde. Er sei darüber im Gespräch mit den Staats- und Regierungschefs der 27 bleibenden Länder, sagte Tusk. Die Entscheidung über einen möglichen Aufschub werde aber erst in den nächsten Tagen fallen. "Dies hängt sehr davon ab, was das Unterhaus entscheidet - oder nicht entscheidet", sagte Tusk.

Parlament berät in zweiter Lesung über Brexit-Vertrag

9:17 Uhr: Heute berät das Parlament in zweiter Lesung über das Gesetz zum Brexit-Vertrag. Nötig ist ein Verfahren mit drei Lesungen in beiden Parlamentskammern in London. Erst danach stimmt das Europaparlament über das Vertragswerk ab. Johnson will Großbritannien aber schon Ende Oktober aus der EU führen. Noch am Montagabend rief er die Parlamentarier auf, ihn in seinem Vorhaben zu stützen. "Wir verlassen die Europäische Union, aber wir werden immer Europäer bleiben", teilte der Premierminister mit. "Lasst uns den Brexit am 31. Oktober vollziehen."

Das Europaparlament wird in dieser Woche nicht mehr über den Brexit-Vertrag mit Großbritannien abstimmen, wie der portugiesische Parlamentsvize Pedro Silva Pereira am Montagabend mitteilte. Damit wird der Zeitplan für Johnsons Vorhaben allerdings noch enger.

Brexit-News vom Montag, 21. Oktober: John Bercow sagt "Nein" zu Abstimmung

17:46 Uhr: Auch im EU-Parlament soll vorerst nicht über das ausgehandelte Brexit-Abkommen abgestimmt werden. "Das EU-Parlament wird (das Abkommen) erst ratifizieren, wenn die Ratifizierung im Vereinigten Königreich abgeschlossen ist", sagte ein Parlamentssprecher am Montag in Straßburg.

Auch die Brexit-Steuerungsgruppe des Parlaments empfahl am Montag diese Herangehensweise. "Es liegt nun am britischen Parlament, seine Wahl zu treffen", erklärte Guy Verhofstadt, belgischer Liberaler und Mitglied der Steuerungsgruppe, auf Twitter.

Nachdem der britische Parlamentspräsident John Bercow eine Abstimmung über den Deal im Unterhaus am Montag ablehnte, scheint eine Abstimmung des EU-Parlaments noch in dieser Woche nun nicht mehr wahrscheinlich.

Das Brexit-Abkommen müsste vom EU-Parlament in einer Plenarsitzung angenommen werden. Plenarsitzungen sind vor dem derzeitigen Austrittsdatum Großbritanniens, dem 31. Oktober, nur noch diese Woche in Straßburg angesetzt. Für eine spätere, rechtzeitige Abstimmung müsste eine außerordentliche parlamentarische Vollversammlung in Brüssel einberufen werden.

16:38 Uhr: Die Entscheidung des britischen Unterhauses über den neuen Brexit-Deal von Premierminister Boris Johnson verzögert sich weiter. Parlamentspräsident John Bercow ließ eine Abstimmung im Unterhaus in London am Montag nicht zu. Er begründete seine Ablehnung damit, dass der Entwurf der Regierung in ihrem Inhalt der gleiche wie der vom Samstag sei. Auch die Umstände hätten sich nicht geändert.

15:48 Uhr: Ein Gericht im schottischen Edinburgh hält sich eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Boris Johnsons Verhalten im Brexit-Tauziehen weiter offen. Der britische Premierminister hatte am Samstag einen nicht unterzeichneten Brief nach Brüssel geschickt, mit dem er die EU - im Einklang mit der geltenden britischen Rechtslage - um einen weiteren Brexit-Aufschub bittet.

In einem weiteren Brief hatte er aber erklärt, dass er einen Aufschub eigentlich nicht befürworte - dies hatte Kritiker vor Gericht ziehen lassen, weil sie befürchten, Johnson torpediere die auf einem Gesetz fußende Bitte um einen Aufschub.

Die Richter in Edinburgh erklärten, sie wollten vor einer Entscheidung nun erst beobachten, wie sich die Regierung in London weiter verhalte und ob sie vollends im Einklang mit dem Gesetz handele. Im Zweifel könne es noch immer zu einer Rüge kommen.

Allerdings hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk bereits über eine Sprecherin erklären lassen, er akzeptiere die von Johnson gewählte Form. Die Tatsache, dass der Brief nicht unterschrieben wurde, ändere nichts an der Vorgehensweise in Brüssel, hieß es.

14:44 Uhr: Die britische Regierung will den von Boris Johnson und der EU ausgehandelten Brexit-Deal ungeachtet eines möglichen Verbots am Montag zur Abstimmung stellen. Das sagte ein Sprecher der Downing Street am Montag wenige Stunden vor der möglichen Abstimmung. Einige Parlamentarier rechnen jedoch damit, dass Parlamentspräsident John Bercow die Abstimmung nicht zulassen wird. Es wäre die zweite Abstimmung binnen drei Tagen.

Frankreich lässt sich indes zur Zeit nicht auf eine Debatte über eine weitere Verschiebung des für den 31. Oktober geplanten EU-Austritts Großbritanniens ein. "Es ist nunmehr an den Briten, uns eine klare Antwort zu geben", sagte die Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye am Montag in Paris. Erst wenn klar sei, ob Großbritannien den Vertrag mit den übrigen EU-Ländern annehme oder nicht, könne über die Haltung Frankreichs entschieden werden.

Heiko Maas kann sich kurze Verschiebung vorstellen

13:27 Uhr: Im Brexit-Chaos den Durchblick zu behalten, ist aktuell nicht einfach. Wir haben den Stand der Dinge beim Brexit erklärt geben Aufschluss darüber, wie es weitergeht.

13:12 Uhr: Der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas kann sich bei einer Zustimmung des britischen Parlaments zum Brexit-Abkommen eine kurze Verschiebung des Austrittstermins vorstellen. "Ich würde nicht ausschließen, falls es in Großbritannien Probleme gibt mit den Ratifizierungsschritten, dass es eine kurze technische Verlängerung geben könnte", sagte der SPD-Politiker am Montag. Zum weiteren Vorgehen im Falle einer Ablehnung des Deals wollte sich Maas noch nicht positionieren, schloss eine weitere Verschiebung aber nicht kategorisch aus.

11:55 Uhr: CSU-Vize Manfred Weber unterstützt einen längeren Aufschub des Brexit nur, wenn die Zeit in Großbritannien für eine Neuwahl oder ein zweites Referendum genutzt wird. Es könne "keine endlose Verlängerung dieser Brexit-Tragödie" mehr geben, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament der "Passauer Neuen Presse" vom Montag. Bei EU-Gipfeln müsse endlich über die Zukunft Europas statt über den britischen Austritt gesprochen werden.

10:56 Uhr: Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) hat sich grundsätzlich offen für eine Brexit-Verlängerung gezeigt. "An einer kurzen Verlängerung der Brexit-Frist sollte es aus meiner Sicht nicht scheitern, wenn sie mit einem klaren politischen Fahrplan verbunden ist", sagte Roth der Düsseldorfer "Rheinischen Post".

Eine geordnete Lösung sei immer noch möglich. Er forderte die britische Regierung auf, "endlich Nägel mit Köpfen" zu machen und ihrer Verantwortung nachzukommen.

Dax-Anleger hoffen auf Brexit-Deal

10:15 Uhr: Das Hoffen und Bangen rund um den Brexit sowie ein Handelsabkommen zwischen den USA und China geht an den Aktienmärkten weiter. Wie der Blick auf den Dax an diesem Montag zeigt, scheint dabei erneut die Hoffnung größer zu sein als die Sorge.

"Am Aktienmarkt ist die Stimmung weiterhin deutlich besser als die Lage", kommentierte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. "Die abermalige Verschiebung der Brexit-Abstimmung lässt die Anleger kalt." Vielmehr dominiere die Zuversicht, dass der Deal des Premierministers Boris Johnson im Parlament womöglich noch am Montagnachmittag kurzfristig angenommen werde.

9:45 Uhr: Der britische Schriftsteller John le Carré (88) hat einen irischen Pass beantragt, um nach einem Brexit EU-Bürger zu bleiben. Seine Großmutter väterlicherseits sei in Irland geboren, was ihm den Anspruch auf irische Staatsbürgerschaft gebe, sagte le Carré. "Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich darüber nachgedacht, woanders zu leben."

In seinem neuen Roman "Federball", der am Dienstag erscheint, lässt le Carré seine Figuren den Brexit als "beschissenes Chaos" verurteilen. Er selbst kritisiert scharf Premierminister Boris Johnson, der "sofort gestoppt" werden müsse. "Es gibt keine Logik mehr in Johnsons Geschrei." Die Brexit-Gegner hätten es nicht geschafft, sich Geltung zu verschaffen. "Wir haben gelernt, wie fragil unsere Institutionen und unsere Demokratie sind - und die Tatsache, dass wir keine niedergeschriebene Verfassung haben, ist angsteinflößend."

Stimmt das britische Parlament heute ab?

Das britische Parlament stimmt möglicherweise am Montag über das zwischen Premierminister Boris Johnson und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Die Entscheidung darüber will Parlamentspräsident John Bercow am späten Nachmittag im Unterhaus in London bekanntgeben.

Gibt er den Weg dafür frei, könnten die Abgeordneten noch am selben Tag abstimmen. Auch mit Änderungsanträgen von Parlamentariern wird wieder gerechnet.

Johnson steht unter sehr großem Zeitdruck: Er hat versprochen, Großbritannien am 31. Oktober - also in etwa eineinhalb Wochen - aus der Europäischen Union zu führen. Außenminister Dominic Raab und andere Kabinettsmitglieder sehen Chancen für den Deal. Es scheine ausreichend Unterstützung im Unterhaus vorhanden zu sein, so Raab.

Parlament hatte die Entscheidung nochmals verschoben

Das Parlament hatte am Samstag eine Entscheidung über das Abkommen verschoben und Johnson damit eine Niederlage zugefügt. Ziel der Vertagung war es, einen No Deal auszuschließen. Die Abgeordneten stimmten für einen Antrag, der vorsieht, dass die Entscheidung vertagt werden soll, bis das Ratifizierungsgesetz verabschiedet ist.

Die Folge: Johnson war per Gesetz verpflichtet, in Brüssel eine Verlängerung der Brexit-Frist über den 31. Oktober hinaus zu beantragen - dies tat er widerwillig und ohne Unterschrift auf dem offiziellen Schreiben.

Sein Verhalten könnte am Montag bei einer Anhörung vor einem Gericht in Schottland eine Rolle spielen. Kritiker werfen Johnson vor, den Willen des Parlaments zu torpedieren.

Chaos-Brexit Ende Oktober immer unwahrscheinlicher

Ein Chaos-Brexit Ende Oktober mit all seinen wirtschaftlichen Turbulenzen wird unwahrscheinlicher. Der britische Staatsminister Michael Gove drohte zwar am Sonntag erneut damit und sagte, die Gefahr sei gestiegen.

Doch stemmt sich eine Mehrheit im Unterhaus dagegen. Auch die Europäische Union hat kein Interesse daran, wie Diplomaten in Brüssel am Wochenende bekräftigten.

Johnson hat im Parlament, das im Brexit-Kurs total zerstritten ist, keine eigene Mehrheit und ist für die Ratifizierung des Brexit-Deals auf jede Stimme angewiesen. Die Labour-Partei signalisierte inzwischen ihre Bereitschaft, ein Abkommen zu unterstützen, wenn es in einem Referendum zur Abstimmung gestellt wird.

Johnson hatte vor wenigen Tagen nach langem Streit mit der EU einen geänderten Austrittsvertrag vereinbart, der sofort von den EU-Staats- und Regierungschefs gebilligt wurde. Neu geklärt wurde die Frage, wie die Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland auch nach dem Brexit offen bleiben kann.

Umsatzrückgang deutscher Exporte wird erwartet

Zudem vereinbarte Johnson mit Brüssel in einer politischen Erklärung, dass es auf längere Sicht nur eine lose Bindung seines Landes an die EU geben soll.

Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Holger Bingmann, warnte vor weiteren Schäden für die Wirtschaft. "Es ist unfassbar, was die Briten ihren europäischen Partnern zumuten", sagte Bingmann der "Rheinischen Post" (Montag). "Die Unternehmen beiderseits des Ärmelkanals hängen weiter in der Luft und wissen noch immer nicht, wann und wie sie ihre Zoll- und Handelsprozesse künftig zu gestalten haben."

Bei anhaltender Unsicherheit könnte dies den Umsatzrückgang deutscher Exporte nach Großbritannien noch beschleunigen. Allein im ersten Halbjahr sei der Umsatz um mehr als 1,8 Milliarden Euro zurückgegangen. (dpa/dh/pak/afp/thp)

John Bercow

Goodbye, John Bercow!

Seine Leitung brachte dem ''Speaker of the House'' viel Sympathie, aber auch Kritik ein. Durch John Bercow hat der Streit um den Brexit deutlich an Unterhaltungswert gewonnen. Sein Nachfolger wird es schwer haben, aus seinem Schatten zu treten.
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