Grünen-Politiker Cem Özdemir war am Mittwochabend (9. Oktober) bei "Maischberger" zu Gast und sprach mit der Moderatorin über seine migrationspolitischen Vorstellungen und den Zustand der Grünen. Beim Moment der Sendung sorgte er für Lacher im Studio. Das Rededuell des Abends lieferten sich die Kommentatoren, die in Sachen Israel-Politik ziemlich unterschiedlicher Meinung waren.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wie groß ist die Krise bei den Grünen? Aktuell stehen sie in den Umfragen nur bei knapp über zehn Prozent, bei der Landtagswahl in Brandenburg rutschten sie unter die Fünf-Prozent-Marke und dann gab es auch noch eine Rücktrittswelle innerhalb der Partei: Die Spitze aus Omid Nouripour und Ricarda Lang trat zurück, ebenso mehrere Vorstände bei der Jugendorganisation der Grünen.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Maischberger ging es um die Grünen, die derzeit ziemlich unter Druck stehen. Sandra Maischberger fragte: "Ist die Krise hausgemacht?" Und: "Hilft ein neuer Kurs in der Migrationspolitik?" Weitere Themenschwerpunkte waren der Krieg in der Ukraine und der Nahost-Konflikt. Hier ging es vor allem um die Fragen: "Verliert die Ukraine gerade den Krieg?" und "Geht Israel mit seiner Selbstverteidigung zu weit?"

Maischberger
Bei Sandra Maischberger (r.) diskutierten unter anderem (v.l.n.r) Susanne Gaschke (Autorin der "Neuen Zürcher Zeitung"), Iris Sayram (Korrespondentin im ARD-Hauptstadtstudio) und Günther Jauch (Fernsehmoderator). © WDR/Oliver Ziebe

Das sind die Gäste

  • Cem Özdemir (Grüne): Der Landwirtschaftsminister sagte: "Wir müssen wissen, wer im Land ist. Wir müssen dafür sorgen, dass nur die im Land sind, die hier sein dürfen. Bei denen, die hier sind, müssen wir in die Integration und Identifikation mit unseren Werten investieren." Es bleibe nicht mehr viel Zeit zum Handeln, er wolle nicht, dass der Bundestag so aussehe wie einer der Landtage im Osten.
  • Iris Sayram: "Matthias Miersch bringt einen ganz anderen Sound", meinte die Journalistin aus dem ARD-Hauptstadtstudio. Er habe gesagt, die CDU unter Merz stehe für alles, für das er nicht stehe – und gehe damit einen ganz anderen Weg als FDP und Grüne. Diese würden nämlich eher daraufhin arbeiten, wieder mit der CDU koalieren zu können.
  • Günther Jauch: "Der Grundirrtum der gegenwärtigen SPD: Sie versteht sich immer noch als Vertreter der Arbeiter. Das war sie mal. Inzwischen wird sie eher wahrgenommen als die Partei der Bürgergeldempfänger. Das ist gefährlich", sagte der Fernsehmoderator. Wenn die SPD jetzt einen "Anti-Merz-Kurs" fahre, werde es "lustig", wenn unter Miersch eine Große Koalition verhandelt werden dürfte.
  • Susanne Gaschke: Die Journalistin von der "NZZ" sagte über Israel und die Ukraine: "Zwei überfallene Länder wehren sich." Beide Länder hätten das Recht, sich gegen Angriffe zu verteidigen. Man könne der Meinung sein, dass Israel in einer Art "Notwehr-Exzess" zu weit gehe. Deutschland müsse nicht das erste Land sein, das Israel dabei berate.
  • Anders Fogh Rasmussen: Der ehemalige NATO-Generalsekretär beschrieb einen Frust in der Ukraine: "Wir brauchen mutige Entscheidungen, mehr Waffen zu liefern und alle Restriktionen zur Nutzung von Waffen der Ukraine aufzuheben", forderte er. Man solle der Ukraine erlauben, auch Langstreckenwaffen einzusetzen. Deutschland müsse endlich den Taurus liefern.
  • Claudia Major: "Es läuft für die Ukraine militärisch gerade extrem schlecht. Die Unterstützung des Westens lässt nach", so die Expertin für Sicherheitspolitik. In der Ukraine hätten die Menschen deshalb ein Gefühl der Ohnmacht und Entschlossenheit, weil ihnen keine andere Wahl bliebe, als zu kämpfen. Wenn die westliche Unterstützung so bleibe wie jetzt, "dann läuft die Ukraine auf eine Niederlage hin – über Abnutzung", so Major. Es gebe aber viele unbekannte Variablen.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Özdemir sollte Sätze beenden, die Maischberger vorgab. Den Satz "Mit Friedrich Merz würde ich gerne ...", beendete Özdemir mit: "Mal wieder essen gehen." Maischberger wollte wissen: "Vegetarisch?" und Özdemir erklärte: "Jeder wie er möchte, das ist doch das Schöne."

Weiter sagte er: "Markus Söder sieht das anders. Für den ist man, glaube ich, nur ein guter Bürger, wenn man Nürnberger Würstchen isst und ein Weizen trinkt." Er würde Söder gerne zurufen: "Mischt euch weniger ein in die Lebensumstände der Menschen, belehrt die Menschen etwas weniger."

Maischberger fragte daraufhin: "Mit Markus Söder möchte ich lieber nicht ...?" und Özdemir entgegnete: "Mit Markus Söder würde ich mich weniger als Politiker, sondern mehr als Sozialpädagoge treffen und versuchen rauszubekommen, woher die Obsession mit den Grünen kommt." Das Studio lachte beherzt.

Das ist das Rededuell des Abends

Zu einem Schlagabtausch kam es beim Thema Pro-Palästinensische Demos. Jauch erinnerte in Bezug auf den Hamas-Angriff: "Auf Deutschland umgerechnet hieße das, dass jemand in Deutschland einmarschiert und 11.000 Menschen abschlachtet. Dann muss man sich doch wehren können. Natürlich ist Israel jetzt im Krieg, aber die dürfen das."

Sayram äußerte sich: "Man muss mit in die Betrachtung einbeziehen, was vorher passiert ist. Die andere Frage ist: Inwieweit ist die Selbstverteidigung Israels bei der Anzahl an Toten und der Zerstörung in Gaza und im Westjordanland noch verhältnismäßig?"

Jauch warf ein: "Wenn die Hamas sich in Schulen verschanzt, missbrauchen sie ihre eigene Bevölkerung. 60.000 Israelis können in Nordisrael nicht wohnen, weil sie sonst von Raketen getroffen werden. Diese Dinge kommen mir zu kurz in der Berichterstattung."

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger war wachsam. Eine Frage saß besonders: Maischberger hatte mit Özdemir gerade über dessen Gastbeitrag in der FAZ gesprochen. Darin hatte der Grünen-Politiker von den Erfahrungen seiner Tochter berichtet, die in der Innenstadt von Männern mit Migrationshintergrund sexualisiert und begafft worden sei. "Wo ist der Unterschied zu Friedrich Merz' Aussage über kleine Paschas in Klassenzimmern?", wollte Maischberger wissen. Özdemir reagierte jedoch souverän: Er habe Merz nicht für diese Aussage als Rassist bezeichnet, es stimme sehr wohl, dass es kleine Paschas gebe. Über die eigene Wortwahl müsse aber jeder selbst entscheiden.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Drei Zitate, die die zentralen Ergebnisse gut zusammenfassen: Das erste kam von Özdemir: "Wir müssen jede Art von Menschenfeindlichkeit bekämpfen." Es müsse aufhören, sich nur über Rechtsextreme oder nur über manches grenzüberschreitende Verhalten von Migranten zu empören. Ein weiteres Zitat kam von Jauch: "Ich hätte es nie für möglich gehalten, wie in Deutschland die Stimmung gegen Israel gekippt ist."

Und schließlich hielt Sicherheitsexpertin Major fest, viele rote Linien gegenüber Russland hätten gar nicht existiert. "Die Frage ist, ob man letztlich durch die Besonnenheit dem Frieden näherkommt oder ob man durch dieses große Zögern die russischen Eskalationen nicht erst einlädt", sagte sie.

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