Für Jordan Siebatcheu war es eine ungewohnte Situation. Nachdem der Angreifer des 1. FC Union Berlin in den ersten drei Pflichtspielen der Saison jeweils in der Startelf gestanden hatte, fand er sich bei der Partie in Leipzig am vergangenen Wochenende plötzlich auf der Ersatzbank wieder.

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Anstelle von Siebatcheu durfte sich Tim Skarke in einer Dreierreihe mir Benedict Hollerbach und László Bénes als Neuner ausprobieren – eine auf dem Papier mehr als ungewöhnliche Rolle für den Flügelstürmer.

"Wir haben mit Skarke vorne gespielt, weil wir uns davon versprochen haben, mit ihm als Tiefensprinter aus den Balleroberungen schneller in die Tiefe zu kommen. Jordan ist ein Spielertyp, der gerne entgegenkommt und die Bälle gut klemmt – wir wollten aber das Pressing schneller überspielen und hinter die Kette von Leipzig kommen", begründete Co-Trainer Babak Keyhanfar, der den erkrankten Bo Svensson vertrat, die Entscheidung.

"Tim hat uns schon im Testspiel gegen Braunschweig und während der Trainingswoche gezeigt, dass er immer wieder lauert, gut hinter die Kette arbeitet und sich dort durchsetzen kann. Das war die Überlegung an der Sache", so Keyhanfar weiter. Alles also nur eine ganz normale, an die Spielweise des Gegners angepasste Rotation?

Ganz so einfach ist es vermutlich nicht. Denn auch einen knappen Monat nach Pflichtspielstart haben die Eisernen ihre Stammformation in der Offensive noch nicht gefunden. Siebatcheu, der sowohl bei der DFB-Pokalpartie in Greifswald als auch bei den Bundesligapartien gegen Mainz 05 und St. Pauli fleißig Einsatzminuten sammelte und auch in Leipzig im zweiten Durchgang eingewechselt wurde, konnte bislang noch keine Argumente in eigener Sache sammeln.

Im Angriffsspiel der Eisernen wirkt der neunmalige amerikanische Nationalspieler wie ein Fremdkörper. Oft fehlt ihm die Bindung zum Spiel, in aussichtsreiche Abschlusssituationen kommt er nur äußerst selten. Dabei hatte er sich nach der Rückkehr von seiner einjährigen Gladbach-Leihe noch optimistisch gezeigt und betont, dass ihm die Spielweise von Bo Svensson entgegenkommen würde.

"Der Coach legt viel Wert auf Pressing und Gegenpressing. Wir versuchen grundsätzlich, höher zu stehen und auch höher zu pressen. Unser Spiel ist sehr intensiv, das war auch schon unter Urs Fischer so. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich die Mannschaft schnell zurechtfinden wird. Für mich persönlich ist es zudem ein Vorteil, dass ich diese Spielweise bereits aus meinen vorherigen Stationen kenne", sagte der 28-Jährige im Sommer gegenüber der Berliner Zeitung.

Vielleicht hat Siebatcheu aber auch damit zu kämpfen, dass von ebenjenem hohen Pressing im Union-Spiel in der ersten Phase der Saison noch nicht allzu viel zu sehen ist. Die Köpenicker sind momentan eher darauf bedacht, hinten sicher zu stehen und auf Umschaltmomente oder Einzelaktionen zu lauern. Bislang hat Svensson mit dieser Strategie Erfolg – an den ersten drei Spieltagen kassierte seine Mannschaft aus dem Spiel heraus kein einziges Gegentor und holte fünf Punkte.

Auf der anderen Seite ließ Union in Leipzig fast jegliche Torgefahr vermissen. Und auch beim Heimsieg gegen St. Pauli (1:0) täuschte der traumhafte Distanzschuss von Hollerbach über die mangelnde Durchschlagskraft im letzten Drittel hinweg. Wer aber könnte den eisernen Angriff beleben?

Im Sommer gab der FCU die Offensivspieler Chris Bedia und Brenden Aaronson ab, zudem scheiterte die Verpflichtung des Kaiserslauterner Torjägers Ragnar Ache (17 Tore in der vergangenen Zweitligasaison). In den finalen Zügen des Transferfensters gelang es Sportchef Horst Heldt zwar noch, Andrej Ilic vom französischen Erstligisten OSC Lille nach Köpenick zu lotsen – bislang spielte der Kroate in den Planungen von Svensson aber genauso wenig eine Rolle wie sein bereits im Juni gekommener Landsmann Ivan Prtajin.

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Besser sieht es eine Position weiter hinten aus: Im offensiven Mittelfeld überzeugte HSV-Zugang Bénes von Anfang an, traf am ersten Spieltag in Mainz nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung zum Ausgleich. Und auch Wooyeong Jeong deutete in Leipzig bei seinem ersten längeren Einsatz im Union-Dress seine Qualitäten an: In der Schlussphase sicherte er seiner Mannschaft mit der ein oder anderen gekonnten Entlastungsaktion das Remis.  © Berliner Zeitung

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