Berlin - Nach nicht einmal sechs Monaten ist das 29-Euro-Ticket für den Berliner Nahverkehr schon wieder abgeschafft worden - zumindest für Neukunden.

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Seit dem 10. Dezember ist das Abo für Busse und Bahnen in der Hauptstadt nicht mehr erhältlich. Wer bis dahin eines abgeschlossen hat, kann das Abo indes weiter nutzen - zum selben Preis und mit neuem Radius. Das müssen Inhaber nun wissen.

Wie lange kann ich das Ticket noch nutzen?

Inhaber des sogenannten Berlin-Abos können dieses bis zum Ende der jeweils einjährigen Vertragslaufzeit für 29 Euro pro Monat weiter nutzen. Das gilt auch für diejenigen, die das Abo noch kurz vor dem Vertriebsende am 10. Dezember gekauft haben. Der Vertrag gilt dann ab Januar ebenfalls für ein ganzes Jahr. Darauf haben sich nach wochenlangem Ringen die Koalitionspartner geeinigt.

Das Berlin-Abo wird trotzdem abgeschafft. Alle Kundinnen und Kunden werden in den nächsten Wochen nach und nach auf das bundesweit gültige Deutschlandticket umgebucht. Das heißt, sie können das Ticket, das bisher nur fürs Stadtgebiet galt, zukünftig bundesweit nutzen. Das Deutschlandticket kostet zwar ab Januar 58 Euro pro Monat. Doch davon sollen die Inhaber des einstigen Berlin-Abos nichts merken. Die Differenz übernimmt das Land Berlin.

"Es entstehen den Kundinnen und Kunden des Berlin-Abos also für die Dauer der Restlaufzeit des bestehenden Vertrages keine Nachteile oder Kosten", teilte die Senatsverwaltung für Verkehr mit. "Erst nach dem Ende der jeweiligen Mindestlaufzeit des bisherigen Berlin-Abos werden 58 Euro pro Monat fällig, es sei denn, der Vertrag wird gekündigt."

Kann ich das Berlin-Abo jetzt noch kaufen?

Nein. Der Vertrieb wurde zum 10. Dezember eingestellt. Die nun gefundenen Regelungen gelten nur für diejenigen, die bis dahin ein Berlin-Abo abgeschlossen haben oder schon länger eines hatten.

Was muss ich tun, um nicht unfreiwillig mehr zu zahlen?

Gar nichts. Die Inhaber des bisherigen Berlin-Abos werden automatisch auf das teurere Deutschland-Abo umgebucht. Die Preisdifferenz wird ihnen im ersten Quartal des kommenden Jahres erstattet. Wenn das Berlin-Abo nach einem Jahr ausläuft, gilt das natürlich nicht mehr. Inhaber, die das Deutschlandticket dann nicht zum regulären Preis von 58 Euro im Monat weiter nutzen wollen, müssen kündigen.

Welche Abo-Möglichkeiten gibt es noch in Berlin?

Neben dem Deutschlandticket hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg eine Reihe weiterer Nahverkehrsabos im Angebot. Dazu gehört die sogenannte Umweltkarte, die im Abo derzeit 71,40 Euro pro Monat kostet. Ab Januar erhöht sich dieser Preis auf 76,70 Euro. Außerdem gibt es das VBB-Firmenticket sowie Abo-Angebote für Senioren. Das VBB-Abo für Auszubildende entfällt hingegen ebenfalls ab Januar. Hier soll ein Nachfolgeangebot geschaffen werden, das mit dem Deutschlandticket verknüpft ist.

Warum ist das Berlin-Abo gescheitert?

Die Landeshauptstadt muss sparen - und zwar drei Milliarden Euro im Haushalt 2025. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien CDU und SPD ist eine Liste mit Tausenden Haushaltstiteln herausgekommen. Eines der prominentesten Opfer war das Berlin-Abo mit zuletzt rund 210.000 Nutzern, für das vor allem die SPD mit der damaligen Spitzenkandidatin Franziska Giffey im Wahlkampf 2023 geworben hatte. Im Haushalt sollen so bis zu 300 Millionen Euro eingespart werden. Giffey, mittlerweile Wirtschaftssenatorin, begründete dies mit einer Abwägung zwischen dem Monats-Abo sowie dem kostenlosen Schülerticket für über 300.000 Kinder, kostenlosem Schulessen und Kita-Betreuung. "Am Ende haben wir uns für die Familien, für die Kinder entschieden."

Was bedeutet das Aus für das ÖPNV-Angebot in Berlin?

Der ÖPNV in Berlin steckt in einer Krise. Lisa Ruhrort, die am Deutschen Institut für Urbanistik den Forschungsbereich Mobilität leitet, erwartet dennoch keine größeren Auswirkungen des Abo-Aus' für die Nutzung des Berliner Nahverkehrs. Sie vermute, dass der Aufpreis zum Deutschlandticket für den allergrößten Teil der Stammkunden nicht entscheidend sei. Das 29-Euro-Ticket hat Ruhrort von Anfang an kritisch gesehen. Es hätte viel dafür gesprochen, die Vergünstigungen nicht mit der Gießkanne zu vergeben, sondern nur bestimmte Gruppe zu fördern, wie sie sagt. Problematischer als das Ende des Berlin-Abos findet Ruhort nun auch die deutliche Preissteigerung vom Sozialticket von 9 auf 19 Euro.

Gibt es weitere Einsparungen im Verkehrsangebot?

Das 29-Euro-Ticket ist zwar das prominenteste, aber längst nicht das einzige Angebot im Verkehrsbereich, das den Sparplänen der Koalition zum Opfer fällt. Ursprünglich sollte vor allem bei Bus und Bahn, Fahrrad und Fußgängern gespart werden. Der Autoverkehr wurde weitgehend verschont. Inzwischen wurden die Sparpläne der Regierung aber von den Fachpolitikern überarbeitet und im Hauptausschuss erneut besprochen. Die Gelder wurden noch einmal umgeschichtet, der Rad- und Fußverkehr kommt inzwischen weniger schlecht weg als zuletzt befürchtet.

Für die nun gefundene Lösung wird der Senat erneut finanzielle Mittel aufbringen müssen. Für diejenigen, die das Abo noch vor dem 10. Dezember abgeschlossen haben, beginnt die einjährige Vertragslaufzeit erst zum Januar. Bis Ende 2025 muss der Senat diese Tickets also finanzieren. Was das für den gesamten Haushalt bedeutet, bleibt abzuwarten.  © Deutsche Presse-Agentur

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