Pharmahersteller Biotest AG: Für Medikamente mit Antikörpern wird Blutplasma gebraucht. Weil es nicht künstlich hergestellt werden kann, ist Hersteller Biotest AG auf Spenden angewiesen.

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Darmstadt ⋅ Das Unternehmen Plasma Service Europe GmbH hat in der Darmstädter Innenstadt eine Annahmestelle für Spenden von Blutplasma eröffnet. Aus dem Plasma stellt die Biotest AG mit Sitz in Dreieich, deren Tochterunternehmen Plasma Service Europe ist, Medikamente her. Entscheidend dafür sind nach Angaben von Biotest die Antikörper gegen Krankheitserreger, die in dem Plasma erhalten sind. Die damit hergestellten Medikamente sind für Patienten lebenswichtig, deren Körper nicht selbst Antikörper herstellen kann oder deren Immunsystem zum Beispiel durch eine Chemotherapie geschwächt ist.

Die Gabe von Antikörpern wirkt dem Hersteller zufolge ähnlich wie eine Impfung, hat keine Nebenwirkungen und ermöglicht den Patienten ein normales Leben, etwa bei einer krankheitsbedingten Gerinnungsstörung wie der Bluterkrankheit. Manche Kranke brauchen ihr Leben lang eine Therapie mit Antikörpern aus menschlichem Blutplasma.

Aufwandsentschädigung von 25 Euro je Spende

Das Pharmaunternehmen ist auf Spender angewiesen, weil Blutplasma nicht künstlich hergestellt werden kann, wie Peter Janssen, Vorstandsvorsitzender der Biotest AG, ausführt. "Ohne Plasmaspenden gäbe es die Produktion von lebenswichtigen Medikamenten nicht", sagt Henrik Oehme, Geschäftsführer von Plasma Service Europe. Das Unternehmen betreibt 39 Plasmaspenderzentren in Europa, davon 14 in Deutschland, die übrigen in Ungarn und Tschechien.

Die Spender erhalten eine Aufwandsentschädigung von 25 Euro je Spende, über ein Bonusprogramm bekommt mehr, wer oft spendet. In der neuen Annahmestelle im Town House an der Ernst-Ludwig-Straße in Darmstadt mit 680 Quadratmetern stehen zwölf Plätze mit Liegen für die Spender bereit, 15 Mitarbeiter sind dort an fünf Tagen in der Woche im Einsatz. Spender werden vorher von einem Arzt der Einrichtung untersucht.

Zunächst wird den Spendern über eine Kanüle Blut abgenommen. In einer Zentrifuge neben der Liege wird das Blut in seine Bestandteile getrennt. Das Plasma wird in einem Beutel gesammelt, die übrigen Bestandteile, darunter die roten Blutkörperchen, werden mithilfe einer Kochsalzlösung wieder in die Blutbahn des Spenders zurückgeleitet. So muss dessen Körper nur das Plasma, nicht aber die roten Blutkörperchen neu bilden. Deshalb ist eine Plasmaspende weniger anstrengend als eine Blutspende. Nach Angaben des Betreibers werden bei einer Spende 0,7 Liter Plasma gewonnen. Das ist sechzigmal im Jahr möglich.

Lieferengpässe in Europa

Nach Einschätzung von Oehme muss Europa sich stärker selbst mit Plasma versorgen. Bisher kommen nach seinen Worten 60 bis 70 Prozent des Materials aus den Vereinigten Staaten. Die Corona-Pandemie mit Einschränkungen des internationalen Verkehrs und Handels habe für Patienten einschneidende Auswirkungen gehabt. In den vergangenen Jahren seien in Europa Lieferengpässe aufgetreten.

Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) sagte bei der Eröffnung des neuen Spenderzentrums, Biotest und Plasma Service Europe verbesserten die Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten. Zugleich unterstrich er die Bedeutung der Pharmaindustrie für Hessen: Die Branche beschäftige 25.000 Mitarbeiter und setze 16 Milliarden Euro jährlich um.

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Der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) zeigte sich erfreut über den Einzug des Plasmazentrums in ein ehemaliges Kaufhaus. Wie in anderen Städten mache sich auch in Darmstadt ein Trading-down-Effekt bemerkbar – dieser Begriff umschreibt, dass die Schließung einzelner Geschäfte Probleme für weitere Läden nach sich ziehen kann. Da sei es erfreulich, wenn sich die Innenstadt mit einer Anlaufstelle wie dieser weiterentwickele.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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