Abberufung von Messari-Becker: Das Wiesbadener Verwaltungsgericht hält die Abberufung der Wirtschafts-Staatssekretärin Lamia Messari-Becker für rechtmäßig.
Der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags will jedoch klären, ob die Landesregierung "fragwürdige Methoden" angewandt hat.
Nach ihrer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden hat die entlassene hessische Wirtschafts-Staatssekretärin Lamia Messari-Becker den von Minister Kaweh Mansoori (SPD) erhobenen Vorwurf eines außerdienstlichen Fehlverhaltens abermals zurückgewiesen. Die Kammer habe lediglich festgestellt, dass sich die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand als rechtmäßig darstelle, erklärten die Rechtsanwälte der Professorin für Bauphysik nach einem Agenturbericht am Dienstag.
Es habe betont, dass ein objektiv pflichtwidriges Verhalten gerade keine Voraussetzung für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei und der behauptete Vertrauensverlust zwischen Staatsminister und Staatssekretärin ausreiche, so die Anwälte.
Mansoori hatte seinen Vorwurf offiziell nicht präzisiert. Nach Medienberichten soll er darin bestehen, das Messari-Becker ihre Position in der Landesregierung missbraucht habe, um für ihre Tochter in deren Darmstädter Schule eine bessere Abiturnote durchzusetzen.
"Fragwürdige Methoden der Landesregierung"?
Die Opposition im Landtag hatte die Personalie über Wochen hinweg thematisiert, um schließlich einen Untersuchungsausschuss durchzusetzen. Kaya Kinkel, die Obfrau der Grünen in dem Gremium, sieht in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts lediglich die Bestätigung, dass eine politische Beamtin jederzeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden könne.
"Hieran hatten wir nie Zweifel", sagte Kinkel am Dienstag. Entscheidend seien die politischen Fragen: "Hat die Landesregierung fragwürdige Methoden angewandt und ihre beamtenrechtliche Fürsorgepflicht verletzt? Wurden Mitarbeitende des Wirtschaftsministeriums dazu eingesetzt, Material gegen ihre eigene Staatssekretärin zu sammeln?" Die Akten seien jetzt mit Verzögerung vorgelegt worden. Sie würden sorgfältig geprüft, "um Aufklärung und Transparenz in die Entlassungsaffäre zu bringen".
Gegen ihre Versetzung in den einstweiligen Ruhestand hatte Messari-Becker Ende August gegenüber der Landesregierung Widerspruch erhoben. Mit ihrem gerichtlichen Eilantrag verfolgte sie das Ziel, bis zu einer endgültigen Entscheidung als Staatssekretärin weiterbeschäftigt zu werden. Die Kammer erachtete die Vorgehensweise der Landesregierung nach den im Eilverfahren zugrunde zu legenden Maßstäben aber als "offensichtlich rechtmäßig".
Ein Staatssekretär könne bereits in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wenn aus Sicht des für ihn zuständigen Ministers das Vertrauen nicht mehr vorhanden sei und die übrigen Regierungsmitglieder sich dieser Sichtweise anschlössen. Eines objektiv pflichtwidrigen Verhaltens bedürfe es dafür nicht, so die Kammer.
Gerade dies unterscheide "politische Beamte" von anderen Lebenszeitbeamten. Die Vorschrift zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand diene gerade dazu, die sofortige Abberufung von hochrangigen Beamten in Schlüsselpositionen zwischen politischer Führung und Verwaltung aus politischen Gründen zu ermöglichen. Hieran gemessen, habe die Landesregierung ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.
Ein sachlicher Grund für diese Entscheidung sei gegeben. So habe der zuständige Minister Mansoori, mitgeteilt, dass ihm "aufgrund eines nicht hinnehmbaren Fehlverhaltens im außerdienstlichen Kontext" eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich gewesen sei und zudem "in verschiedenen Zusammenhängen unüberbrückbare Differenzen zutage getreten" seien.
In der Kabinettsvorlage vom Oktober sei außerdem ausgeführt worden, dass aufgrund der anhaltenden öffentlichen und medialen Debatten nach Überzeugung der Landesregierung keine Zweifel daran bestünden, dass das Vertrauen in Messari-Becker in ihrem Amt als Staatssekretärin verloren gegangen sei. Diese Einschätzung hielt das Gericht für nachvollziehbar. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Die Antragstellerin kann binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden hätte.
Dem Untersuchungsausschuss liegen nach den Angaben des Vorsitzenden Marius Weiß (SPD) inzwischen insgesamt acht Ordner aus der Hessischen Staatskanzlei vor. Sie seien den Abgeordneten in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt worden.
Nach drei nicht öffentlichen Sitzungen des Ausschusses steht inzwischen das weitere Verfahren fest. Ende Januar wird in öffentlicher Sitzung zunächst ein Sachverständiger gehört, der sich zu den beamtenrechtlichen Aspekten des Vorgangs äußert. Ende Februar sollen die ersten Zeugen befragt werden. Zunächst geht es um die Vorgänge in der Darmstädter Schule. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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