Neue Preisrekorde: Der verregnete Sommer schlägt noch an Weihnachten auf den Geldbeutel. Denn er ist ein Grund, warum die Preise für Butter und Milchprodukte gerade wieder kräftig steigen.

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Unter zwei Euro gibt es das 250-Gramm-Stück auch beim Discounter nicht mehr: Während die Inflation nachlässt, ist der Butterpreis wieder auf Rekordhöhe geklettert und hat teilweise den Stand des Jahres 2022 nach dem russischen Überfall auf die Ukraine erreicht, in dessen Folge auch die Lebensmittelpreise stark gestiegen sind. Diesmal kommt der Anstieg mit Ansage – und der Prognose, dass der Höhepunkt noch nicht erreicht ist.

Was treibt den Preis für Butter diesmal in die Höhe?

Der Preis für Rohmilch und die Qualität der Milch, erklärt Günter Berz-List, Geschäftsführer von Schwälbchen, der größten Molkerei in Hessen. Dass es im Herbst etwas weniger Milch auf dem Markt gebe, sei normal. Unüblich sei aber der Fettgehalt der Rohmilch: Er liege aktuell nur bei 3,9 Prozent, in der Vergangenheit waren es bis zu 0,3 Prozent mehr. "Das sorgt dafür, dass das Milchfett knapp ist." In der typischen Deutschen Markenbutter stecken mindestens 82 Prozent Milchfett, da fallen die auf den ersten Blick kleinen Schwankungen ins Gewicht.

Wie kann denn die Milch dünner werden?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Laut Karsten Schmal, Vorsitzender der Landesvereinigung für Milch und Milcherzeugnisse Hessen und selbst Milchbauer, liegt es vor allem am Futter: Das seit Mai in mehreren Schnitten geerntete Gras sei reichlich gewachsen, aber häufig bei Regen und ohne Sonne, weswegen es weniger nährstoffreich sei. Gleiches gelte für den Mais. Dementsprechend steckten dann auch in der Milch weniger Fett und Eiweiße. Mit Zusatzfutter lasse sich das nicht völlig ausgleichen.

Ein zweiter Grund ist die Blauzungenkrankheit, an der derzeit etliche Herden leiden. Erkrankte Kühe bekommen Fieber, werden träge, fressen und saufen weniger, was auf den Milchertrag und auch wieder auf den Fettgehalt durchschlägt. Die meisten Landwirte haben ihre Tiere inzwischen geimpft und hoffen auf ein Ende der Epidemie.

Ein weiterer Grund ist nach Ansicht einiger Marktbeobachter der derzeit hohe Milchpreis – für die Bauern ist das Geschäft nach vielen Jahren mit Niedrigstpreisen wieder recht auskömmlich. Der Erzeugerpreis, den sie von den Molkereien für den Liter Milch bekommen, liegt knapp unter der 50-Cent-Marke. Weil es sich gerade lohnt, möglichst viel Milch zu verkaufen, würden die Kühe häufiger gemolken – woraufhin diese etwas weniger fette Milch produzierten.

Spielt auch Sommerhitze eine Rolle?

Die europaweiten Hitzewellen waren für die Milchviehhaltung auch nicht förderlich. Kühe mögen es eher kühl, bei zehn Grad fühlen sie sich am wohlsten. Bei andauernd hohen Temperaturen drosselt ihr Körper die Milchproduktion.

Also steigt der Butterpreis weiter?

Davon gehen Landwirte, Lebensmittelindustrie und Handel aus. "Das Backen an Weihnachten wird auf jeden Fall teurer", sagt Molkerei-Betreiber Berz-List. Für Butter würden die Preise zwischen Einzelhandel und Molkereien im Monatstakt vereinbart. "Wir haben in diesem Jahr also noch eine oder sogar zwei Preisrunden vor uns."

Nicht nur der Hesse, sondern auch die Branchenverbände haben den Preisanstieg früh vorhergesagt, im Großhandel seien die Preise für Rahm und Butter schon seit Monaten angestiegen. Dass der Einzelhandel das übliche Butterstück noch regelmäßig für unter zwei Euro angeboten habe, "spiegelte nicht die Marktsignale wider", sagt Berz-List. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zahlten Verbraucher im August 2024 für Butter 41 Prozent mehr als 2020.

Und was ist mit den Preisen für Milch und allen anderen Produkte daraus?

Die Milchpreise in den Supermärkten sind wohl vor allem deshalb noch nicht so stark im Preis gestiegen, weil der Einzelhandel mit seinen Lieferanten dazu nur alle halbe Jahre Preisverhandlungen führt. Es ist davon auszugehen, dass die Molkereien und Hersteller ihre hohen Einkaufspreise für die Milch in der nächsten Runde weitergeben wollen. Milch, Schmand, Sahne, Quark und Co. werden wohl mit etwas Verzögerung dem Trend des Butterpreises folgen. Bei etlichen Käsesorten, die zum Teil ja auch hohe Fettanteile haben, ist das bereits zu beobachten.

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Wird die Butter nach Weihnachten wieder billiger?

Ein wenig vielleicht, weil mit dem Ende des Plätzchenbackens die Nachfrage sinkt. Aber auch auf längere Sicht rechnen Marktbeobachter nicht damit, dass Milch und Milchprodukte stark im Preis fallen. "Wenn ein Rohstoff knapp ist, wird er im Geschäft teuer", sagt Bauernpräsident Schmal zur Erinnerung. Europaweit haben seit der Jahrtausendwende viele Milchviehbetriebe aufgegeben. Allein in Deutschland sei der Milchviehbestand in den vergangenen sechs Jahren um 700.000 gesunken. "Milch ist ein knappes Gut geworden", sagt Schmal.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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