Fußball-Bundesliga: Der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, Axel Hellmann, schlägt ein neues Modell für die Vermarktung der Bundesliga vor und warnt vor der Super League. Für den Klub stehe viel auf dem Spiel.

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In der Diskussion um die Vermarktung der Fußball-Bundesliga hat der Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, Axel Hellmann, ein neues Modell ins Gespräch gebracht. Hellmann sagte am Mittwochabend vor Journalisten in Frankfurt, statt einer Auktion um die Bundesligarechte, bei der bestimmte Übertragungspakete unter Fernsehsendern versteigert werden, könne er sich einen Festpreis vorstellen, sodass die gleichen Bundesligarechte von mehreren Anbietern erworben werden könnten.

"Ich könnte diesem Gedanken einiges abgewinnen", sagte Hellmann. Die Interessenten an der Übertragung von Bundesligaspielen könnten sich dann womöglich entscheiden zwischen den reinen TV-Bildern oder einem fertigen Produkt, inklusive zum Beispiel eines Kommentators. Das könnte bedeuten, dass die Zuschauer dann die gleichen Spiele auf unterschiedlichen Plattformen verfolgen könnten. Der Preis für die einzelnen Pakete könnte bei einem Festpreis gegenüber dem jetzigen Modell sinken, wodurch auch die Kosten für die Endkunden sinken würden.

Für den Eintracht-Boss ist die Frage, wie sich die Bundesliga künftig vermarktet, entscheidend mit Blick auf die Zukunft der deutschen Profiklubs. Derzeit mache sich die Deutsche Fußball-Liga, in der die 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga zusammengeschlossen sind, abhängig von Intermediären, also von jenen Pattformen wie Dazn oder Sky, die die TV-Pakete erwerben. Schließlich müssten die Sender den Preis für die Übertragungsrechte beim Kunden wieder erwirtschaften. Das jedoch sei offenbar schwieriger geworden, unter anderem wegen der höheren Zinsen, die es schwerer machten, sich günstiges Kapital zu besorgen.

Derzeit liegt die Auktion für die Medienrechte von Spielen in den Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 auf Eis. Die Deutsche Fußball-Liga hatte das Bieterverfahren zum ersten Mal in ihrer Geschichte gestoppt. Hintergrund ist, dass das Angebot des Senders Dazn für das attraktivste Paket B, in dem die Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend enthalten sind, nicht zugelassen wurde, wogegen sich Dazn nun juristisch wehrt. Die DFL soll dabei Finanzgarantien von Dazn nicht akzeptiert haben.

Selbstvermarktung der Medienrechte als Alternative

Axel Hellmann kann sich vorstellen, dass die Liga die Medienrechte dauerhaft selbst vermarktet und sich dabei den Weg über die TV-Sender als Vermittler zwischen Bundesliga und dem Endkunden zu ersparen. Das aber "kostet eine Menge Geld", so Hellmann, der den deutschen Profifußball derzeit "unter enormem Druck" sieht, weil es nach zwei gescheiterten Versuchen, den Einstieg eines Investors in die DFL zu ermöglichen, keine gemeinsame Zielvorstellung gebe. "Wo wollen wir hin mit der Bundesliga?", fragte Hellmann.

Für den von ihm geführten Klub Eintracht Frankfurt stehe viel auf dem Spiel. Schließlich würden rund 30 Prozent der Erlöse von heute auf morgen verloren gehen, wenn der Medienpartner der Bundesliga wegbreche, was wiederum "zu einem Problem in den Bilanzen zahlreicher Bundesligaklubs führen" würde. Hellmann fordert deshalb auch eine Reform der DFL, die aus seiner Sicht künftig stärker als Unternehmen denn als Verband agieren müsse. "Die Geschäftsführung braucht mehr Beinfreiheit bei der Umsetzung unternehmerischer Ziele." Derzeit liege die Verantwortung für alle Projekte beim gewählten Präsidium der DFL, dessen Mitglieder die Funktion wie Hellmann auch neben ihrer Tätigkeit bei ihren Klubs erfüllten. In den Präsidiumssitzungen gehe es zum Teil um Detailfragen, die besser in der Geschäftsführung verortet wären.

Anfang des Jahres war der zweite Versuch gescheitert, einen Einstieg eines Investors in die DFL zu ermöglichen. Teile des erlösten Geldes hätte in eine eigene Streamingplattform investiert werden sollen.

Bedrohung durch die Super League

Die Bundesliga selbst hält Hellmann für attraktiv, allerdings nur, so lange die sogenannte Super League verhindert werden könne. Dabei handelt es sich um die Idee, außerhalb der bestehenden Fußballverbände ein neues Ligensystem zu etablieren, in dem die besten Teams Europas dauerhaft gegeneinander antreten könnten. Hellmann sagt, eine solche Liga würde "Medien und Finanzmittel anziehen, sodass nachgelagerte Produkte wie die Bundesliga an Bedeutung verlieren würden".

Allerdings höre er, dass die Initiatoren einer solchen Liga derzeit daran arbeiteten, Kapital aufzutreiben, "da geht es um exorbitant hohe Summen". Für eine Super League brauche es allerdings auch die Beteiligung der richtigen Klubs, um die Liga zum Erfolg zu führen. Es hätten zuletzt aber mehrere führende Vereine aus England und Deutschland dem Projekt eine Absage erteilt, unter anderem der deutsche Rekordmeister Bayern München.

Eintracht will neue Multifunktionshalle gerne betreiben

Seinen eigenen Klub sieht Hellmann wirtschaftlich gut aufgestellt. Zu einem wichtigen Standbein ist dabei auch der Betrieb des Waldstadions geworden, den die Eintracht 2020 von einer städtischen Tochter übernommen hat. Hier erwirtschaftet die Eintracht laut Hellmann ein Drittel aller Einnahmen aus dem Stadionbetrieb mit Veranstaltungen außerhalb des Fußballs, vor allem mit Konzerten.

Zudem hofft der Klub darauf, künftig auch die Multifunktionshalle zu betreiben. Die Entscheidung über die Arena, die am Stadion entstehen soll, ist zwar noch nicht gefallen. Allerdings ist Hellmann davon überzeugt, dass die Eintracht der ideale Betreiber einer solchen Halle sein könne, in der neben Konzerten und Kongressen auch die Spiele der Basketballer der Frankfurt Skyliners und der Eishockeymannschaft Löwen Frankfurt stattfinden sollen.

Ob das schlussendlich dazu führen könnte, wie immer mal wieder spekuliert wird, dass einer dieser beiden oder gar beide Klubs unter das Dach der Eintracht schlüpfen und die Marke weiter starken könnte, blieb am Dienstagabend offen.

Auch in das Stadion will die Eintracht Hellmann zufolge weiter investieren. Allerdings wiederholte Hellmann abermals den Vorstoß, dass man sich schon bald auch Gedanken über ein neues Stadion machen müsse. "Wir werden uns irgendwann mit der Frage beschäftigen müssen, wann der Zeitpunkt ist, ein solches Stadion neu zu bauen, denn wir haben ja gelernt, dass wir zehn bis 15 Jahre brauchen für große Infrastrukturprojekte in der Rhein-Main-Region." Wolle man 2024 ein neues Stadion haben, müsse man sich nun damit befassen.

Neue VIP-Plätze auf der Gegentribüne

Bis dahin will die Eintracht die Arena nicht nur weiter digitalisieren, sondern denkt auch über eine bessere Vermarktung nach. Zuletzt hatte es in der Fanszene Aufregung über einen neuen VIP-Raum auf der Gegentribüne gegeben. Dort wird zur neuen Saison in Erinnerung an den ehemaligen Eintrachtspieler Jürgen Grabowski eine Bar in den ehemaligen Geschäftsräumen der Eintracht mit dem Namen "Zum Jürgen" eingerichtet, wodurch einige Dauerkarteninhaber dort ihre angestammten Sitzplätze verloren haben und umziehen mussten. Hellmann sagte, die Räume seien beim Bau des Stadion zwischen 2002 und 2005 bereits als VIP-Bereiche vorgesehen gewesen, "es war immer klar, dass das VIP-Räume werden sollen, sie wurden damals nur einfach nicht nachgefragt", so Hellmann. Deshalb habe man dort Geschäftsräume eingerichtet. Nun aber ist die Eintracht nebenan auf ihren eigenen Campus gezogen. Gleichzeitig stünden rund 3000 Unternehmen und Privatpersonen auf der Warteliste, die gerne einen der teureren VIP- oder Businessplätze buchen würden. Die Tickets für die Bar seien auch schnell verkauft gewesen.

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Nun sei geplant, ein weiteres, ähnliches Projekt auf der Gegentribüne zu starten. Man habe auf der Nordwestkurve, wo die aktive Fanszene ihren Platz hat, zuletzt 5000 neue und günstige Stehplätze geschaffen, sagte Hellmann. Aber es gehe aber auch darum, die Vermarktungsmöglichkeiten des Stadions auszuschöpfen.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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