Frankfurter Ladenbauer: Das Frankfurter Unternehmen Münch und Münch ist als Ladenbauer ganz vom Einzelhandel abhängig und kann trotzdem nicht über dessen Krise klagen.

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Vielfach ist geredet und geschrieben worden über den Niedergang des stationären Einzelhandels. Umso erstaunlicher erscheint es, dass sich Konrad und Jennifer Münch davon so gar nicht Bange machen lassen. Und dass sie dem Trend sogar trotzen, obwohl ihr Unternehmen mit 135 Mitarbeitern auf Ladenbau spezialisiert und damit von der Branche abhängig ist.

"Wir als Münch und Münch haben in den letzten drei Jahren eine Sonderkonjunktur erlebt", erzählt der Seniorchef, der das Unternehmen mit Sitz im Frankfurter Stadtteil Nieder-Erlenbach lange mit seinem Bruder Jörg geleitet hat und sich nach dessen altersbedingtem Rückzug nun mit Tochter Jennifer und Thomas Reuhl die Geschäftsführung teilt.

Münch und Münch arbeitet für Kunden wie die Deutsche Telekom, den Schmuckhersteller Swarovski und einige Schweizer Premiumuhrenmarken, die im mittel- bis hochpreisigen Segment angesiedelt und international vertreten sind. Diese Unternehmen hätten schon während der Corona-Zeit damit begonnen, ihre Ladenlokale für die sich wandelnden Einkaufsgewohnheiten neu möblieren zu lassen. Und Stammkunde Swarovski, für dessen Aufträge Münch und Münch bis 2023 sogar eine Niederlassung in den Vereinigten Staaten unterhielt, ist gerade dabei, seinen gesamten Markenauftritt zu erneuern.

Produktion in Frankfurt

In Europa, Amerika und dem Nahen Osten sind die blauen, oktagonförmigen Regale, in denen die glitzernden Stücke ausgestellt werden, das neue Erkennungszeichen des österreichischen Kristallglasherstellers - gefertigt sind sie allesamt in Nieder-Erlenbach. Stolz verweist Konrad Münch darauf, dass es der Londoner Swarovski-Store als einer von 61 Läden weltweit in das Store Book des Deutschen Ladenbauverbands geschafft hat, in das Trendbuch der Branche, mit dem alljährlich die innovativsten Konzepte ausgezeichnet werden.

Die Frankfurter liefern die Ausstattung für alle Geschäfte, in ihrer Möbelfabrik, die tatsächlich am äußersten Rand der Stadt liegt, ist auch ein Swarovski-Ladengeschäft als Showroom aufgebaut, um das Baukastensystem zu erproben und weiterentwickeln zu können. "Unser Auftrag fängt an, wenn die Entwürfe fertig sind, wir machen daraus nachhaltige, kostengünstige und Roll-outfähige Konzepte", erklärt Konrad Münch.

Zudem fertigt der aus einer Schreinerei entstandene Betrieb selbst einen Teil der Ladenmöblierung. In den mit modernen Maschinen ausgestatteten Hallen sieht man nicht nur blaue Swarovski-Bauteile, sondern auch mit Displays ausgestattete Raumtrenner für einen Uhrenhersteller. Alles, was aus Plattenmaterial besteht, wird in Frankfurt produziert, Spiegel, Edelstahlteile oder Textilbespannungen kommen von Zulieferern. Zum Schluss geht ein Container mit allen Bauteilen an den neuen Laden.

Wohnzimmer statt Warenlager

War ein Ladengeschäft vor zehn, zwanzig Jahren noch ein kleines Warenlager, das in dicht bepackten Regalen alles parat zu haben versuchte, nach dem ein Kunde verlangen könnte, so funktionieren vor allem die Shops von Markenanbietern heute auch im Inneren mehr wie Schaufenster: "Es gibt Vitrinen statt Regale, die Trennung zum Kunden durch lange Verkaufstresen ist aufgehoben, das Erleben der Marke steht im Vordergrund", beschreibt Jennifer Münch.

Bei den Telekom-Geschäften sei das gut nachzuvollziehen: Blisterwände waren dort einmal das große Schlagwort, Wandregale voll mit allen nur denkbaren Kabeln, Adaptern, Handyhüllen und Telefonen, an die Wände gehängt und in transparenter Plastikverpackung. Danach kam eine Phase, in welcher sich auch Telekommunikationsanbieter als digitalaffin beweisen wollten und die Geschäfte mit Monitoren und Touchscreens pflasterten. Das war etwas viel des Guten. "Heute präsentieren sich die Läden eher wie Wohnzimmer, als Treffpunkte", sagt Jennifer Münch.

Sie wird die dritte Generation sein, die von diesem ewigen Wandel in der Konsumwelt lebt. Dazu möchte das Wort Nachhaltigkeit nicht recht passen, zumal die Frequenz, in der Anbieter ihr Ladendesign erneuern, eher geringer geworden ist. Alle fünf, sechs Jahre muss gerade bei Premiummarken etwas Neues her. Aber neuerdings ist dann nicht mehr alles neu.

Onlinehändler eröffnen Läden

"Es gibt eine größere Offenheit, Bestandteile weiterzuverwenden", sagt Konrad Münch und nennt als positives Beispiel den Weißwarenhersteller Miele. Im Ladenbau hätten sich weniger die Materialien verändert, wohl aber die Transportlogistik, der Umgang mit Verpackungsmaterial, ergänzt Jennifer Münch. Dass Styropor und Plastikfolien beim Aufbau massenweise im Container landen, schlössen die Hersteller heute schon bei der Auftragsvergabe aus.

Wohin sich der stationäre Einzelhandel entwickelt, das sei eine Glaubensfrage, sagt Konrad Münch, der schon etliche Moden und Krisen erlebt hat, seit er 1991 mit dem Bruder das väterliche Geschäft übernommen hat. Untergehen werde er jedenfalls nicht, auch wenn der Onlinehandel sich ein Stück des Kuchens genommen habe. "Wir erleben ja sogar, dass die Onlinehändler Geschäfte eröffnen", sagt Münch und erinnert an den Modehändler Zalando, dessen Outlets auch von seinen Mitarbeitern ausgestattet wurden.

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Doch gerade Modehändler stecken in der Krise, was auch ihre Ladenbauer trifft. "Nur zwei Drittel der Betriebe haben ihre Werkstätten voll ausgelastet", zitiert Münch Senior aus der jüngsten Erhebung seines Branchenverbandes. Umso schwerer lasteten die Kosten der deutschen Bürokratie und die Mehraufwände durch Lieferkettengesetz und ESG-Bilanzpflichten auf den Betrieben. "Damit hadern wir", sagt der Unternehmer, um dann optimistisch zu schließen: "Der Ladenbau ist hochquirlig und lebendig."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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