Frankfurt/Main - Die Kinderärzte in Hessen sehen Nachholbedarf bei dem Impfstatus hessischer Kinder – insbesondere wenn Auffrischungsimpfungen nötig sind.
"Vor allem das Thema Masern muss wieder mehr in den Fokus rücken", sagte Ralf Moebus, Landesverbandsvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) in Hessen, der Deutsche Presse-Agentur. Die Impfbereitschaft habe in den Corona-Jahren abgenommen.
Um Masern dauerhaft einzudämmen, müssten mindestens 95 Prozent aller Kinder geimpft sein. Bei der Erstimpfung liegen die Zahlen in Hessen darüber: laut Moebus bei 98 Prozent. Die zweite Impfung aber werde zu oft versäumt. Zwar liege die Quote in Hessen um die 95 Prozent. Aber häufig erfolge diese zweite Impfung zu spät. "Im schlechtesten Fall fällt es erst bei der Einschulungsuntersuchung auf. Das ist fatal."
Die Masernimpfpflicht in Hessen hält Moebus für einen "Tiger ohne Gebiss". Kinder, die nicht gegen Masern geimpft sind, dürfen zwar nicht in die Kita. Aber Eltern, die ihre Kinder ohnehin in keine Einrichtung geben, können dem ausweichen. Später werde die Schulpflicht dann höher gewertet.
Auch bei weiteren Auffrischungsimpfungen Nachholbedarf
Nachholbedarf gebe es auch bei der Auffrischungsimpfung für Diphtherie, Keuchhusten und Tetanus, die mit sechs Jahren erfolgen soll. Die sogenannten U-Untersuchungen für Kinder, die in Hessen verpflichtend sind, enden aber mit dem fünften Lebensjahr. Dritter Fall ist Keuchhusten. "Hier wird viel zu selten aufgefrischt."
Die neue Impfung gegen RSV wird Moebus zufolge gut nachgefragt. Der Kinderarzt schätzt, dass derzeit rund die Hälfte der Eltern sich dafür entscheiden, ihr Kind gegen das RS-Virus impfen zu lassen. Er geht davon aus, dass die Nachfrage zunehmen wird, wenn die winterliche Krankheitswelle beginnt. Derzeit gebe es auch noch Lieferengpässe.
Erinnerung per App als Lösung?
Nicht immer ist seiner Einschätzung nach Impfskepsis die Ursache, dass Kinder nicht alle empfohlenen Impfungen bekommen. Oft geschehe das durch Nachlässigkeit, vor allem wenn die Auffrischungsimpfungen in ein Alter fallen, in dem keine verpflichtenden U-Untersuchungen mehr anstehen.
Helfen könnten seiner Meinung nach Apps, die auf Wunsch die Eltern automatisch an Impftermine erinnern können, wie "Meine pädiatrische Praxis". Auch die elektronische Patientenakte, die 2025 eingeführt werden soll, könnte dazu genutzt werden, sobald genug Daten erfasst sind und die Versicherten zustimmen. © Deutsche Presse-Agentur
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