Hetze gegen Grüne auf Kerb: Am Kerbebaum in Mörfelden-Walldorf soll eine Puppe mit der Aufschrift "Bündnis 90 die Grünen" verbrannt werden.

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Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Der Vorsitzende des Kerbevereins äußert sich gemeinsam mit dem Bürgermeister.

Die Kerb in Mörfelden im Kreis Groß-Gerau ist ein Fest mit Tradition. Dazu gehört der Kerwebaum, an dem oben eine Puppe baumelt, die nach der Kerb verbrannt wird. Dazu gehört auch der Kerweumzug und der Zug der Kerweborsch am Montag durch die Kneipen. Doch dieses Jahr ist das Volksfest aus dem Ruder gelaufen. Die Grünen haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet.

Dass nun am Kerwebaum eine Kerwepuppe baumelte, die auf ihrem T-Shirt "Bündnis 90/Die Grünen" stehen hatte, empört nicht nur die Betroffenen im politischen Lager, sondern auch ein Teil der Bevölkerung. Beim Aufstellen des Kerwebaums und beim Anbringen der Puppe wurde aus dem Publikum gerufen: "Sollen sie hängen, die Penner." Die Grünen sehen darin einen Gewaltaufruf und haben Anzeige erstattet. Der Staatsschutz ermittelt.

In den sozialen Netzwerken kochen seitdem die Gemüter hoch. Der örtliche Kerweverein wird als "Naziverein" beschimpft der sich sofort auflösen müsse, andere mokieren sich, dass der Schriftzug wegen des Protests entfernt wurde. Nun haben sich Bürgermeister Thomas Winkler (Die Grünen), der den Schriftzug übersprüht hat, und der Vorsitzende des Kerwevereins, Denis Leistner, in einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt.

"Nazis und Rechtsextremismus haben bei uns keinen Platz"

Traditionen müssten von Zeit zu Zeit überprüft werden, gleichzeitig stelle niemand infrage, dass die Kerb als größtes Mörfelder Volksfest auch im kommenden Jahr wieder ausgelassen gefeiert werde. "Hier soll nichts verboten oder zensiert werden, aber wir müssen auf die aktuelle politische Großwetterlage reagieren", heißt es unter anderem in der Erklärung. Gemeint sind vermehrte Angriffe auf Politiker.

Der auf dem Video zu hörende Zwischenruf sei menschenverachtend, erklären Winkler und Leistner. Leistner betont, nach den bisherigen Erkenntnisse stamme der Ausruf "Sollen sie hängen, die Penner", nicht von einem Kerweborsch und auch von keinem Vereinsmitglied, sondern komme wohl aus dem Publikum. Sollte er dennoch aus den Reihen des Vereins gekommen sein, werde der Vorstand entschlossen handeln und das entsprechende Mitglied ausschließen. "Wir wollen keine Rechtsextremen in unserem Verein".

Bei der Kerwedisco sei der DJ ausdrücklich angewiesen worden keine Lieder aufzulegen, zu denen oft rechte Parolen gesungen werden. "Nazis und Rechtsextremismus haben bei uns keinen Platz", betonte Leistner. Die Kerweborsch hätten nicht zu Gewalt und Hetze aufgerufen, sagte der Vereinsvorsitzende. Was auf der jeweiligen Kerwepuppe stehe, legten die Kerweborsch fest. "Hier haben wir die Tragweite nicht erkannt, gibt sich der Vorsitzende selbstkritisch. Die Kerwepuppe sei ein Maskottchen der Kerb und kein Zeichen von Hass und Hetze. Künftig solle die Kerwepuppe als einfache Strohpuppe verbrannt werden.

Wenn sich die Aufregung gelegt hat, wollen sich der Bürgermeister und die Verantwortlichen des Kerwevereins in einer größeren Runde an einen Tisch setzen und beraten, wie in den kommenden Jahren Vorkommnisse wie dieses Jahr vermieden werden können.

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In Mörfelden-Walldorf steht 2025 die Bürgermeisterwahl an. Der Wahlkampf hat schon im Rathaus zu einer deutlichen Abkühlung des politischen Klimas geführt, denn Bürgermeister Thomas Winkler und sein Erster Stadtrat Karsten Groß (CDU) treten beide als Bürgermeisterkandidaten an. Am Montag war die Kerweborsch-Aktion schon auch Thema im Magistrat, der das geplante öffentliche Verbrennen der Puppe mit der Beschriftung kritisiert worden.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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