Frankfurter Bahnhofsviertel: Die Stadt und die Polizei setzen ihren Kurs im Bahnhofsviertel fort: Nach den Plänen, auswärtige Drogenabhängige abzuweisen, werden nun auch die Waffenkontrollen weiter verschärft, um schwere Gewalttaten zu verhindern – und das auch an anderen Orten.

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Nach der Ankündigung von Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), Drogenabhängige aus anderen Kommunen künftig in Frankfurter Hilfseinrichtungen abzuweisen, haben Stadt und Polizei am Donnerstag ihren Kurs zum Bahnhofsviertel konkretisiert. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zogen sie Bilanz zur Waffenverbotszone, die es seit nunmehr einem Jahr gibt. Zugleich machten Josef und Polizeipräsident Stefan Müller deutlich, dass sie bereit seien, "polizeirechtliche Schritte einzuleiten", wenn abgewiesene Drogenabhängige dann auf der Straße ihr Rauschgift konsumierten, wie sie es formulierten.

Josef sagte, auch in den Neunzigerjahren sei die Repression schon eine wesentliche Säule des "Frankfurter Wegs" gewesen. "Warum sollten wir in Frankfurt das tolerieren, was in anderen Städten selbstverständlich verboten ist?", fragte er. Nach den Worten Müllers ist der wichtigste Schritt getan, wenn die "Sogwirkung", die Frankfurt derzeit auf auswärtige Drogenkonsumenten habe, nicht mehr gegeben sei. Mit einer dann wesentlich kleineren Szene umzugehen und diese aufzufordern, den Konsum im öffentlichen Raum zu unterlassen, halte er "für polizeilich beherrschbar".

Auch Weihnachtsmarkt soll Waffenverbotszone werden

Bezogen auf die Waffenverbotszone haben Josef und Müller angekündigt, diese künftig im Bahnhofsviertel zeitlich auszuweiten. So soll es den Beamten fortan rund um die Uhr möglich sein, auch jene Messer einzuziehen, die nicht unter das Waffengesetz fallen. Derzeit ist diese Möglichkeit nur in den Abend- und Nachtstunden gegeben. Müller sagte, es sei jedoch festzustellen, dass Messer in tätlichen Auseinandersetzungen zu jeder Tageszeit eingesetzt würden. Darauf müsse man reagieren. Zudem soll auch der Weihnachtsmarkt zur Waffenverbotszone werden, ebenso wie Alt-Sachsenhausen. Diese ist aber auf Freitag und Samstag von 20 bis 6 Uhr beschränkt. Die Frankfurter Sicherheitsdezernentin Annette Rinn sagte, das Ordnungsamt erreiche immer wieder Beschwerden von Anwohnern aus dem Sachsenhäuser Vergnügungsviertel wegen Lärms oder Prügeleien. Mit einer Waffenverbotszone an diesem Ort wolle man sicherstellen, dass zumindest keine Waffen eingesetzt werden könnten, wenn sie zuvor abgenommen würden.

Bei den Kontrollen im Bahnhofsviertel wurden in den vergangenen zwölf Monaten 80 verbotene Gegenstände, darunter 66 Messer, Schlagstöcke und Macheten, sichergestellt. Müller sagte, man müsse sich immer wieder vergegenwärtigen, dass Waffenverbotszonen "kein Allheilmittel" seien. Die Erfolge seien nur schwer messbar. Aber jede eingezogene Waffe bedeute, dass damit keine Straftat mehr verübt werden könne. Das gelte vor allem für Situationen, in denen es zu spontanen Auseinandersetzungen komme. "Ein Attentäter lässt sich dadurch natürlich nicht aufhalten." Müller machte den Erfolg vor allem an den sinkenden Fallzahlen fest, die im Zusammenhang mit "Messerdelikten" im Bahnhofsviertel registriert worden seien. Dennoch, sagte er, seien die Zahlen "noch immer viel zu hoch".

Festnahmen von Straßendealern im "dreistelligen Bereich"

Für wesentlich hält Müller auch die Videokameras, die inzwischen nahezu flächendeckend im Bahnhofsviertel aufgestellt sind. Die Anlagen seien "ein Beispiel, wie die Sicherheit an einem Ort verbessert werden kann". Die Polizei sichte die Bilder rund um die Uhr. Müller spricht von "virtuellen Streifengängen", mit denen Gefahren frühzeitig erkannt werden könnten. Vor allem aber gehe es auch darum, Beweismittel für Strafverfahren zu generieren, die unverfälscht und neutral seien. Das habe in zahlreichen Fällen schon dazu geführt, dass Straftäter identifiziert und festgenommen werden konnten, bis hin zur Untersuchungshaft.

Zunutze macht sich die Polizei die Videokameras nach Müllers Worten auch bei der Verfolgung von Straßendealern. Es habe Festnahmen "im dreistelligen Bereich" gegeben. Zusätzlich befasse sich ein eigenes Kommissariat mit den Ermittlungen zu Hintermännern. Müller sagte, eine große Herausforderung sei die "Kokainschwemme". Selbst bei Beschlagnahmungen im Tonnenbereich sei auf dem Markt kein Einbruch zu beobachten.

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Auf Nachfrage, ob die gängige Rechtsprechung hinsichtlich der Strafverfolgung von Straßendealern ausreichend sei, sagte Müller, er sei in Gesprächen mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Frankfurt. Nach derzeitiger Praxis muss die Polizei bei einem Tatverdächtigen dreimal einen gewerbsmäßigen Handel nachweisen, bis eine Untersuchungshaft erlassen wird. Polizisten kritisieren dieses Vorgehen schon seit Längerem. Denn wenige Stunden nach der Festnahme stünden die Dealer dann schon wieder auf der Straße – und vor dem dritten Mal werden sie ausgetauscht.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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