Klage gegen Neubaugebiet: Der Hessische Verwaltungsgerichtshof weist eine Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz zum neuen Wiesbadener Stadtteil Ostfeld ab. Der Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft SEG zeigt sich darüber erfreut.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am Donnerstag die Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Hessen (BUND) gegen die städtebauliche Entwicklungsmaßname Ostfeld abgewiesen. Dort soll auf einer Fläche von rund 68 Hektar ein neuer Wiesbadener Stadtteil für etwa 10.000 Menschen entstehen, und im nördlichen Bereich soll der neue zentrale Standort für das Bundeskriminalamt gebaut werden, für den etwa 27 Hektar vorgesehen sind. Der VGH hat die Klage der Umweltschützer laut mündlicher Begründung deswegen abgewiesen, weil es an einem "statthaften Klagegegenstand" gefehlt habe. Eine Revision ist nicht zugelassen. Dagegen kann der BUND eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einlegen.
Der BUND hatte 2021 gegen die vom Darmstädter Regierungspräsidium genehmigte Zielabweichung von den Vorgaben des Regionalplans Südhessen geklagt, die die Regionalversammlung am 7. Mai 2021 beschlossen hatte. Die Umweltschutzorganisation hatte unter anderem bemängelt, dass ein so großes Vorhaben wie das Ostfeld nicht ohne eine Umweltprüfung raumordnerisch genehmigt werden dürfe. "Die Planung der Stadt Wiesbaden hat den gewaltigen Umfang von 450 Hektar. Das entspricht einer Fläche von rund 600 Fußballfeldern", sagte Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen, nach dem Urteil.
Seiner Einschätzung nach werde die gesamte Fläche der heutigen landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und als Freiraum verloren gehen. "Zu den besonders betroffenen Funktionen des Gebiets zählen die Biotopvernetzung, der Erhalt fruchtbarer Böden und der Lebensraum für seltene Tierarten", führte Nitsch aus und ergänzte: "Auch die Funktion als Kaltluftentstehungsgebiet zur Abkühlung der Sommerhitze im benachbarten Mainz und den Wiesbadener Stadtteilen an der Rheinschiene würde beeinträchtigt."
"Nie die Intention, die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu machen"
Der vierte Senat des VGH begründete sein Urteil damit, dass die Erfordernis einer Planänderung nicht bestanden habe, weil die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme keine Grundsätze der Planung berühre. Als Rahmenordnung bringe die Entwicklungsmaßnahme lediglich die Absicht einer entsprechenden Bauleitplanung zum Ausdruck, enthalte aber keine verbindlichen planungsrechtlichen Vorgaben, die eine Änderung des Regionalplans anstelle einer Zielabweichungsentscheidung erforderlich machten, argumentierte das Gericht.
Das Projekt Ostfeld wird von der Wiesbadener Stadtentwicklungsgesellschaft SEG entwickelt, deren Geschäftsführer Roland Stöcklin das Urteil als "positive Nachricht" für die Stadt bewertete. "Wir sind im Vorfeld des Verfahrens optimistisch gewesen und fühlen uns jetzt bestätigt. Das ist ein guter Tag für dieses Projekt und damit auch ein guter Tag für die ganze Region", sagte Stöcklin und fügte an: "Wir hatten gehofft, dass das Gericht unserer stichhaltigen Argumentation so eindeutig folgt. Es gab nie die Intention, die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zu machen." Er kündigte an, dass die SEG im Zuge der Bauleitplanung nun alle weiteren notwendigen Untersuchen und Gutachten veranlassen werde.
"Das Urteil ist auch ein schöner Beweis für die gründliche Arbeit, die wir in den vergangenen Jahren geleistet haben", sagte der SEG-Geschäftsführer weiter, und Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) kommentierte das Urteil wie folgt: "Damit sind wir einen schönen Schritt weiter bei der Realisierung des Ostfelds".
Der VGH wird sich allerdings in der kommenden Woche erneut mit dem Ostfeld beschäftigen müssen, weil Eigentümer von Grundstücken zwei Normenkontrollklagen angestrengt haben. "Die Antragsteller beider Verfahren wenden sich als Eigentümer von im Entwicklungsbereich liegenden Grundstücken gegen die Satzung über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs Ostfeld", teilte der VGH auf Nachfrage mit. "Heute war der erste Streich, und der zweite folgt sogleich", sagte Stöcklin zu den anstehenden Verhandlungen. Er sei auch bei diesen Verfahren optimistisch und werde an der Verhandlung in Kassel selbst teilnehmen. © Frankfurter Allgemeine Zeitung
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