Pavillon der Demokratie: Der Pavillon der Demokratie gastiert noch bis Allerheiligen in Höchst. Schon die Wahl des Standorts ist ein politisches Statement.

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Dank des Besuchs einer Schulklasse findet neben viel Selbstvergewisserung immerhin auch etwas gelebte Demokratie statt.

Juvela berichtet von rassistischen Äußerungen, es sei das Wort "Affe" gefallen. Elena spricht von "Jungs aus der Klasse", die sie wegen ihrer rumänischen Herkunft als Zigeunerin beschimpft hätten. Jutta Shaikh hört erschüttert zu. Der Pavillon der Demokratie auf dem Höchster Ettinghausenplatz ist nur wenige Minuten nach einer musikalischen Eröffnung und einem flammenden Plädoyer von Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Die Grünen) für die Demokratie mitten im Leben angekommen. Verantwortlich sind die Schüler der zehnten Klasse der Helene-Lange-Schule – und die "Omas gegen Rechts", eine mehrfach preisgekrönte Initiative. "Das müsst ihr in der Klasse klären, das ist so nicht tragbar, dass solche Äußerungen getätigt werden", sagt "Oma" Shaikh und schiebt eine Frage hinterher: "Hat jemand eine Idee, wie man das machen kann?"

Samim meldet sich und sagt: "Da müsst ihr zu mir als Klassensprecher kommen." Das aber will Elena nicht, weil sie ihm als Klassensprecher nicht vertraue. "Warum nicht? Ihr habt ihn doch als Klasse gewählt!", sagt Shaikh. Elena aber dreht sich ab und sagt nur: "Ich habe den nicht gewählt, ich habe mich gewählt." Bei nur einem Drittel Mädchen in der Klasse blieb ihr der Wahlerfolg versagt.

Stehend dargebrachte Ovationen

Der Unterricht in lebendiger Demokratie ist unerwartet lebensnah. Schon während der Eröffnungsrede von Eskandari-Grünberg fiel die Klasse auf, weil sie sich von der Bürgermeisterin schnell animieren ließ, immer wieder begeistert für Demokratie zu jubeln. Als die Kommunalpolitikerin davon sprach, dass die Mädchen der Demokratie zu verdanken hätten, dass sie in den Klamotten auf die Straße gehen dürften, die sie wollten, standen einige der jungen Zuhörerinnen spontan auf und applaudierten, andere grölten ein fröhliches "Yeah" auf die Demokratie in den Pavillon. Lehrer Fabian Wiegand sieht sich bestätigt, dass er seinen Politikkurs trotz aller für Höchst mit seiner Vielfalt an Kulturen typischen Probleme für zwei Stunden in den Pavillon geführt hat. "Das ist eine aufgeweckte, aufgeschlossene Klasse. Da wusste ich, dass sie das hier annehmen", sagt der 34 Jahre alte Lehrer.

Auch die 72 Jahre alte Shaikh wirkt zufrieden damit, dass sie die Zehntklässler zum Reden gebracht hat, auch wenn es gerade in der Gruppenarbeit mühsam ist, Jungs und Mädchen zu einem vernünftigen Gedankenaustausch zu bewegen. Meist gruppieren sich Schülerinnen und Schüler wieder schnell unter ihresgleichen. "Es geht nur über Begegnungen, dass wir die Demokratie schützen", sagt sie. Der Pavillon sei ein Begegnungsort, und deshalb beteiligten sich auch die "Omas" bei der Aktion, die Eskandari-Grünberg mit ihrer Mitarbeiterin Harpreet Cholia, Leiterin der Stabsstelle Antidiskriminierung, gewissermaßen als Begleitporgramm zu den Überlegungen um ein Haus der Demokratie auf dem Paulsplatz vorbereitet hat. Höchst ist bis Freitag der vierte Standort, an dem der Pavillon für je zwei Tage aufgebaut wurde.

Pavillon vertreibt nicht alle Sorgen

Als die Klasse in die Schule zurückkehrt und der Pavillon sich leert, könnte man freilich auch ins Zweifeln geraten. Erreicht eine solche Aktion, die man bei bösem Willen als Parallelaktion zu einem bestehenden Ort der Demokratie wie dem Ortsbeirat verspotten könnte, an einem nasskalten Herbsttag wirklich jene, die man für eine Teilhabe zurückgewinnen will? Ortsvorsteherin Susanne Serke (CDU) entdeckt um sich herum nur Menschen, die sich ohnehin engagierten, im Stadtteilparlament oder in einer Initiative. "Aber auch Selbstvergewisserung gehört als Grundlage dazu, wenn man für die Demokratie kämpfen will", sagt Serke.

Die Vertreterin der westlichen Stadtteile ist besorgt, weil in Höchst, Sindlingen und Griesheim bei den Kommunalwahlen die Beteiligung am niedrigsten war. "Der Pavillon hilft dagegen sicher nicht unmittelbar", sagt sie. Aber trotzdem komme die Idee in den meisten Stadtteilen gut an. Serke erscheint es zudem passend, dass der Stahlrohrbau und die drei kleinen Hütten mit ihren Mitmachaktionen an einem symbolträchtigen Ort stehen:

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Der Ettinghausenplatz erinnert an eine jüdische Familie, zudem war er Standort der Synagoge, die 1938 in der Pogromnacht niedergebrannt wurde. "Ich hoffe, dass der Pavillon den Blick darauf lenkt, dass hier endlich was geschehen muss." Seit drei Jahrzehnten setzen sich Bürger für eine Gestaltung des Platzes ein, die ein würdevolles Gedenken an die Gräuel der Nazizeit ermöglicht. Das werde überzeugte Rechtsextreme nicht zum Umdenken bringen, sagt "Oma" Shaikh. Aber sie gibt den Jugendlichen mit auf den Weg: "Nichts zu tun ist keine Alternative."  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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