"Neues Frankfurt": Frankfurt erinnert an Ludwig Landmann und das Stadtplanungsprogramm "Neues Frankfurt". Die damaligen Herausforderungen und Lösungen sind auch einhundert Jahre später erstaunlich aktuell.

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Wenn die Stadt Frankfurt in diesen Tagen ihres früheren Oberbürgermeisters Ludwig Landmann gedenkt, der vor 100 Jahren ins Amt kam, dann geht es nicht nur um den historischen Rückblick auf eine große Persönlichkeit. Es handelt sich um den Auftakt eines Jubiläums, das an eine kurze, aber bedeutende Epoche erinnert. Zwischen 1925 und 1930 wurde unter dem Titel "Neues Frankfurt" ein Stadtplanungsprogramm verwirklicht, das für die weitere Entwicklung der Stadt von entscheidender Bedeutung war.

Die vor 100 Jahren geführten Debatten sind zum Teil heute noch aktuell, die Parallelen oft verblüffend. Schon in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts ging es Landmann und dem von ihm geholten Stadtbaurat Ernst May darum, die richtigen Rezepte gegen den Wohnraummangel zu finden. Um zügig Bauland zu beschaffen und Spekulation zu verhindern, wurden Grundstückseigentümer enteignet und mit vergleichsweise geringen Summen entschädigt – so wie es heute in ähnlicher Form bei der Stadtentwicklungsmaßnahme im Nordwesten an der Autobahn gemacht werden soll. Die Baupreise versuchte man durch serielle, standardisierte Produktion zu reduzieren. Ein großer Teil der Mittelschicht sollte sich die Wohnungen und Siedlungshäuser leisten können.

Lange vor der Debatte über den Klimawandel erkannten May und seine Mitstreiter die Bedeutung öffentlicher Grünflächen und legten die Grundlage für den heutigen Grüngürtel. Schulen wurden so gebaut, dass neue pädagogische Ansätze verwirklicht werden konnten. Selbst die Ideen für einen politischen Zusammenschluss Frankfurts mit den Städten im Umland erinnern an spätere Regionaldebatten.

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Bei einem der Themen ist es besonders dringend, an die Rezepte der Zwanzigerjahre anzuknüpfen: Zwischen 1924 und 1930 wurden in Frankfurt rund 12.000 Wohnungen gebaut. Diese sechs Jahre schließen nicht nur die Bauzeit ein, sondern auch die gesamte Planung und Genehmigung. Heute sind solche Abläufe unvorstellbar. Am "Stadtteil der Quartiere" mit bis zu 6800 Wohnungen im Nordwesten Frankfurts wird seit sieben Jahren gearbeitet – und es gibt noch nicht einmal die grundsätzliche Zustimmung der Regionalpolitik. Bis die ersten Bagger rollen, werden noch viele weitere Jahre vergehen. Natürlich sind Stadtplanung und der rechtliche Rahmen heute wesentlich komplexer als zu Zeiten Ludwig Landmanns. Aber die Nöte der Wohnungssuchenden sind heute nicht viel anders als vor 100 Jahren.  © Frankfurter Allgemeine Zeitung

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