"Ich habe die Leben von vielen Leuten grundlegend verändert", sagt Anna Marquardt, die seit fast zehn Jahren bei der Adoptionsvermittlungsstelle der Stadt Köln arbeitet.

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Immer wieder habe sie erlebt, dass Paare "aus allen Wolken fallen", wenn sie den Anruf bekämen: "Ich habe da etwas." Das heißt ein Kind, das zu ihnen passen würde. Marquardt nahm am Montag am Pressegespräch teil, mit dem die Stadt über Adoptionen in Köln informierte. "Unser Eindruck ist, das das Thema nicht sehr präsent ist", sagte Dagmar Niederlein, Leiterin des Amtes für Jugend und Familie, zum Anlass des Gesprächs.

Eine wichtige Botschaft sei: "Eltern, die ein Kind abgeben, sind keine Rabeneltern. Sie verdienen Respekt und Anerkennung", so Niederlein. Zu den Aufgaben der Adoptionsvermittlungsstelle gehört, solche Eltern, meist sind es Mütter, intensiv zu beraten; oft genug ergeben sich dabei andere Lösungen als die Freigabe zur Adoption. Weiter sagte Niederlein, die Zeiten seien vorbei, in denen bei Adoptionen die nicht-leibliche Elternschaft häufig verschwiegen worden sei. Heute werde Wert darauf gelegt, "transparent" damit umzugehen. "Die Kinder sollen so früh wie möglich mit der Information leben, dass sie adoptiert sind."

Kein Höchstalter für Adoptionen

Von 2021 bis 2024 gab es in Köln durchschnittlich sieben Fremd- und Pflegekindadoptionen jährlich. Die Zahl der Stiefkindadoptionen war weitaus höher: im Schnitt 66 pro Jahr; in 60 Prozent der Fälle wurde das Kind vom Stiefelternteil eines gleichgeschlechtlichen Paars adoptiert. Auslandsadoptionen kamen im genannten Zeitraum in Köln im Durchschnitt fünfmal im Jahr vor. Zum Schutz der Kinder müssen hierbei anerkannte Fachstellen für Adoption im Heimatstaat des Kindes und dem der Bewerber kooperieren. Insgesamt wurden 2023 in ganz Deutschland 3610 Kinder und Jugendliche adoptiert.

Die Kölner Vermittlungsstelle lädt mehrmals im Jahr zu Informationsveranstaltungen ein. Von den über 80 Paaren, die daran teilnehmen, blieben bis zu 50 übrig, die bereit seien, sich der notwendigen Eignungsprüfung zu unterziehen, sagte Christine Schubert, Leiterin der "Familienanalogen Dienste – Adoption und Pflegekinderdienst". Wer ein fremdes Kind im Inland adoptieren möchte, muss mindestens 25 Jahre alt sein; bei Ehepaaren gilt dies für wenigstens einen der Partner.

Ein Höchstalter ist nicht vorgeschrieben. Der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjungendämter zufolge sollte der Altersunterschied zum Adoptivkind jedoch einem "natürlichen Abstand" entsprechen. Adoptionswillige müssen ein sicheres Einkommen nachweisen; ein Mindesteinkommen ist nicht festgelegt.

Manche Bewerber warten mehrere Jahre

Zu den Unterlagen, die mit Beginn des Adoptionsverfahrens einzureichen sind, gehören ein Lebensbericht, ein erweitertes Führungszeugnis und ein Gesundheitszeugnis. Die Überprüfung der Paare und Einzelpersonen dauert in der Regel sieben bis neun Monate. "Der Großteil ist geeignet", sagte Schubert. Die Dauer bis zur Vermittlung ist ganz unterschiedlich und hängt unter anderem davon ab, welches "Kinderprofil" die Bewerber angegeben haben.

Laut Marquardt kann es im günstigsten Fall ein paar Wochen dauern. Andere Bewerber hätten etliche Jahre warten müssen. In der Regel bringe die Vermittlungsstelle Kölner Kinder mit Kölner Bewerbenden zusammen. Gegebenenfalls würden Vorschläge von Bewerbern aus anderen Städten berücksichtigt. Umgekehrt könnten sich Kölner und Kölnerinnen nach der Überprüfung deutschlandweit bewerben.

Hat man ein Kind aufgenommen, lebt es mindestens ein Jahr lang in "Adoptionspflege". In dieser Zeit wird meistens der Antrag auf Adoption beim Familiengericht gestellt. Alle Beteiligten – Herkunfts-, Adoptivfamilien und Kinder – haben einen Anspruch auf "nachgehende Begleitung", das heißt darauf, von der Vermittlungsstelle unterstützt zu werden. Sie steuert zudem den Austausch zwischen den biologischen Elternteilen und der Adoptionsfamilie.

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Eine Kölner Besonderheit ist die "Herkunftsaufklärung" durch eine Fachberaterin. Sie kommt ins Spiel, wenn erwachsene Adoptierte auf der Suche nach ihren biologischen Wurzeln sind oder Angehörige der Ursprungsfamilie Informationen über ein adoptiertes Familienmitglied haben möchten. Rund 70 solcher Anfragen erreichen die Fachdienststelle pro Jahr.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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