Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kann es nicht schnell genug gehen bei der Einführung des "Neuen Wehrdienstes", den er im Juni angesichts zunehmender Kriegsgefahr in Europa ins Spiel gebracht hat.
"Ich brauche das Gesetz jetzt", sagte der Sozialdemokrat am Montagabend im Rahmen der Gesprächsreihe "Köln & Köpfe". Das Thema der Veranstaltung, zu der die Konrad-Adenauer-Stiftung in die Räume der Fritz-Thyssen-Stiftung geladen hatte und die Michael Krons moderierte, lautete "Wehrdienst, Wehrpflicht, Gesellschaftsjahr – was braucht Deutschland?"
Das Konzept des "Neuen Wehrdiensts" sieht vor, dass zunächst alle Männer und Frauen, die im Jahr der Erfassung das wehrdienstfähige Alter von 18 erreichen, einen digitalen Fragebogen zugeschickt bekommen. Abgefragt werden unter anderem die körperliche Fitness und die Dienstbereitschaft. Das Konzept orientiert sich am schwedischen Modell und soll keiner Wiedereinführung der Wehrpflicht gleichkommen.
Frauen steht es frei, den Fragebogen auszufüllen
Alle Männer – um die 350.000 – müssten den Fragebogen beantworten, Frauen steht es frei, dies zu tun. Ein Teil derjenigen, die geeignet erscheinen, werden zur Musterung eingeladen. Von ihnen werden wiederum die Geeignetsten und Motiviertesten ausgewählt. Im ersten Jahr sollen zusätzlich rund 5000 Soldatinnen und Soldaten in die Bundeswehr aufgenommen werden. Sie können sich entscheiden, ob sie einen sechsmonatigen Grundwehrdienst leisten oder einen Wehrdienst, der auf bis zu 23 Monate verlängert werden kann und in dem Möglichkeiten der Weiterqualifizierung geboten werden. Wer den Dienst hinter sich hat, soll der aktiven Reserve zugeordnet werden, damit sie – auch durch Reaktivierung anderer Reservisten – Zug um Zug wächst.
Serap Güler: nicht nur "auf die Bundeswehr fokussieren"
Pistorius entgegnete darauf, den verpflichtenden Anteil des Modells auf Frauen – denen es ja unbenommen sei, den Fragebogen auszufüllen – auszudehnen, erfordere eine Änderung des Grundgesetzes, die ihre Zeit brauche. Außerdem lasse sich allein mit dem jetzt geplanten Gesetz die angepeilte Zahl zusätzlicher Soldatinnen und Soldaten erreichen. Mehr könnten auch gar nicht aufgenommen werden, weil jahrzehntelang die "Kapazitäten" abgebaut worden seien; so fehle es an Kasernen und Ausbildern. Es habe keinen Zweck, "den Aufwand für das gleiche Ergebnis zu erhöhen". Trotzdem halte er es für sinnvoll und nötig, auch eine Debatte über eine Dienstpflicht für alle zu führen.
In einigen Jahren werde Russland in der Lage sein, Nato-Gebiet anzugreifen, warnte Marcel Bohnert, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbands. "Bis 2029, 2030 sollten wir kriegstüchtig sein." Schon jetzt werde Deutschland angegriffen, nicht "konventionell", aber durch Fehlinformationen, Cyberattacken, Sabotage und Spionage. "Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr Frieden, sondern in irgendeinem Graubereich." © Kölner Stadt-Anzeiger
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