"Man kann nicht von sich behaupten, ein echter Kabarettist gewesen zu sein, wenn man nicht mindestens einmal im Bergneustädter Schauspielhaus aufgetreten ist."

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Diese Weisheit hat Sven Kemmler von zwei befreundeten Kabarettisten mit auf den Weg bekommen – und selbstverständlich ließ er es sich nicht nehmen, kurz vor Ende seiner Solokarriere in den Zug in Richtung Oberberg zu steigen, um am vergangenen Freitagabend genau diesen besonderen Punkt von seiner To-do-Liste zu streichen.

Vielseitige Vorerfahrungen

Kemmler gilt als echtes Urgestein der süddeutschen Kabarettszene und arbeitet regelmäßig mit Größen wie Lisa Eckhart, Jochen Malmsheimer und Michael Mittermeier zusammen. Dabei ist er mehr als "nur" Kabarettist: Autor, Regisseur und Fotograf, er zeigt sich als echtes Multitalent. Seine Vielseitigkeit verdankt er auch den Erfahrungen aus etwa 30 Berufen, die er vor seiner künstlerischen Laufbahn ausgeübt hat – darunter Kläranlagenmonteur, Herbergsvater und Wildhüter.

Selbstironie und Humor

Dieser Schatz an Lebenserfahrungen, gepaart mit seiner Belesenheit, spiegelt sich in der Originalität, dem Witz und der Tiefgründigkeit seines Programms "Dicke Schinken – eine Liebeserklärung" wider. Mit "dicken Schinken" sind in diesem Fall keine kulinarischen Spezialitäten gemeint, sondern Bücher – Kemmlers große Leidenschaft. Dabei ist er erfrischend offen: Er gesteht, dass auch in seinem Regal Bücher stehen, die eher dekorativen als literarischen Wert haben, dass manche Geschichten eben nur funktionieren, wenn man selbst dabei war, und einige Werke erst dann an Reiz gewinnen, wenn andere sie ausleihen wollen.

Mit dieser Mischung aus Selbstironie und scharfsinnigem Humor begeistert Kemmler sein erlesenes Publikum und zeigt, dass Literatur nicht immer bierernst daherkommen muss. Im Gegenteil: Häufig ist es gerade der schulische Zwang zu starren Interpretationsmustern, der den Spaß an Literatur verdirbt.

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Mit einer Prise Humor lässt sich selbst Hamlet neu entdecken, und Fabeln entfalten ihren Reiz umso mehr, wenn sie von Heribert, der "highen Hanfpflanze", handeln und die einzig gültige Moral lautet: Wir wissen nichts. Wer erfahren möchte, warum den griechischen Göttern ein großes Revival bevorsteht, was Komodo-Man besitzt, was Superman fehlt und weshalb das Paradies Eden vermutlich die Urversion des Reality-TV-Formats "Love Island" ist, sollte sich Karten für die letzten Auftritte sichern. Denn sobald der Geschichtenerzähler mit der markanten Stimme sich endgültig dem Schreiben widmet, bleibt nur noch, sich dessen Geschichten dann selbst vorzulesen.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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