Kentin Mahé kam zur neuen Saison zurück nach Gummersbach, elf Jahre nachdem seine Handballkarriere beim VfL Fahrt aufgenommen hatte.
Zuletzt war er beim ungarischen Verein KC Veszprem unter Vertrag. Wenn der 33-Jährige mit dem VfL am Donnerstag die Lanxess-Arena betritt, kehrt er an eine Spielstätte zurück, an der er Anfang des Jahres mit der französischen Nationalmannschaft Europameister geworden war. Was sich mittlerweile alles verändert hat, darüber sprach Andrea Knitter mit dem Spielmacher.
Bei aller Vorfreude auf das Weihnachtsspiel in der Lanxess-Arena, Sie werden es wohl von der Tribüne verfolgen müssen. Sie sind im November am Ellbogen operiert worden. Wie geht es Ihnen?
Kentin Mahe´: Ich mache sehr viele Fortschritte und liege mit dem Heilungsprozess in der Zeit.
Wann werden Sie wieder spielen können?
Da es eine Verletzung ist, die es nicht so häufig gibt, ist die Prognose nicht so einfach. Ich hatte mir im Training einen Sehnenanriss im rechten Ellbogen zugezogen und die Ärzte gingen von einer fünfwöchigen Pause nach der Operation aus. Ich bin im Moment bei 50 Pässen pro Trainingseinheit, was sehr wenig ist. Dass ich in Köln wieder spielen kann, da ist die Tendenz gleich null.
Ihre Mannschaftskollegen haben zuletzt gegen die Spitzenteams Magdeburg, Melsungen und im Pokal gegen den THW Kiel verloren. Dazu die Niederlage in Wetzlar. Es fällt Ihnen sicher schwer, dass Sie nicht eingreifen können?
Natürlich, doch Verletzungen gehören nun mal zum Geschäft. Ich habe mich auch für die Operation entschieden, um meinem Team schnell wieder zur Verfügung zu stehen und wieder Chancen auf die Nationalmannschaft zu haben. Es hat mir wehgetan, dass ich bei den Olympischen Spielen in meinem Heimatland nicht im Team war. Darauf hat man sich so lange vorbereitet.
Dann stibitzt auch noch Ihr neuer Mannschaftskollege
Es war ein unglaubliches Drama-Spiel. Der Fehlpass von Dika Mem hätte jedem passieren können. Julian ist ein unglaublicher Spieler, groß und wendig. Wenn er in der Abwehr spielt und auf einmal seine Krallen ausfährt, damit rechnet fast niemand.
Aber auch er hatte sich kurz nach Saisonstart verletzt, fiel ebenso aus wie Teitur Einarsson, Tom Kiesler, Sie und Ellidi Vidarsson. Gehen dem VfL daher zum Jahresende die Körner aus?
Man hat schon das Gefühl, dass die Jungs auch aufgrund der vielen Reiserei durch die Europa League an ihre Grenzen kommen. Doch muss der Anspruch schon sein, wenn man wie gegen Melsungen mit einem Tor führt, das Spiel in den letzten zehn Minuten nicht komplett aus der Hand zu geben.
Wie beschreiben Sie die bisherige Saison des VfL Gummersbach?
Es ist eine Berg- und Talfahrt, was vor allem an den frühen Verletzungen von Julian Köster und Teitur Einarsson lag. Es schmerzt schon, dass man aus dem Flow kommt, weil Spieler ausfallen. Aber wie gesagt, das gehört eben zum Sport. Trotzdem ist es im Rückblick ein positives Jahr. Der VfL geht in die richtige Richtung, muss sich sportlich keine Sorgen machen, der Trainer hat verlängert und wir sind in der Lage, eine überragende Abwehr aufzustellen, mit der wir alle Mannschaften in Schach halten können.
Wo sehen Sie vor allem Defizite?
Unser Tempospiel wollen und müssen wir verbessern. Zudem müssen wir an der Gestaltung des Angriffs arbeiten. Da können wir nicht zufrieden sein.
Der Dezember ist für den VfL der Monat gegen die Topclubs der Liga. Wo liegt da der Unterschied?
Vor allem in der Fähigkeit, zum Ende des Spiels den kühlen Kopf zu bewahren, mehr Ruhe und Gelassenheit ins Spiel zu bringen, um dann im entscheidenden Moment den Nagel einzuschlagen.
Was ist da Ihre Aufgabe?
Ich kann meine Erfahrung einbringen. Unsere Stärke ist, dass wir ein sehr homogenes Team sind, in dem jeder seine Rolle kennt.
Sie haben die vollbesetzte Lanxess-Arena mit der franzöischen Nationalmannschaft und mit Veszprem im Champions League-Finale erlebt. Was geben Sie Ihren Mannschaftskollegen mit auf den Weg zum Duell gegen die Füchse Berlin?
Ich war schon als zehnjähriger Junge als Zuschauer in der Kölnarena, als der VfL 2001 gegen den THW Kiel sein erstes Spiel dort ausgetragen hat. Ich freue mich mega für die Jungs, die das noch nie erlebt haben und bin dankbar, dass der VfL uns die Möglichkeit gibt. Ich habe mit Frankreich im Januar dort die EM gewonnen und nur gute Erinnerungen an die Halle.
Bevor Sie zum VfL zurückgekehrt sind, haben Sie sechs Jahre in Ungarn beim Spitzenclub Veszprem gespielt. Wie ist der Unterschied zur Bundesliga?
In Ungarn ist die Liga nicht mit der Bundesliga zu vergleichen, in der du in jedem Spiel Höchstleistungen abrufen musst. In Ungarn dreht sich alles um die Champions League und dafür muss man sich jeden Tag im Training mit den Besten der Besten messen. Das ist Druck genug. Ich kann jeden verstehen, der zu einer solchen Mannschaft wechselt. Die finanziellen Bedingungen sind top, das Klima ist angenehm und bei 90 Prozent aller Ligaspiele liegt man nach dem Abpfiff um 23 Uhr im heimischen Bett. Außerhalb des Spielfeldes hat man eine entspannte Lebenswelt.
Sie waren als ganz junger Spieler beim VfL und sind als erfahrener Profi zurückgekehrt. Was haben Sie in Gummersbach wiedergefunden?
Die Zeiten sind nicht zu vergleichen, ich bin ganz anders zurückgekommen als damals. Ich habe mich aber schnell wieder zurechtgefunden. Die Energie der Stadt für den Handball ist zu spüren, ansonsten bin ich zu einem Verein zurückgekommen, der sich komplett auf links gedreht hat. Das zum Positiven mit der Schwalbe-Arena, dem ganzen Stuff, dem Kraftraum und dem Bus mit dem wir reisen, um nur einige Dinge zu nennen. Alles ist darauf ausgerichtet, die besten Leistungen zu bringen, alles hat einen Plan. Ich freue mich, Teil des Projekts zu sein und meine Familie fühlt sich wohl in Gummersbach. Für uns war es die richtige Entscheidung.
Wie geht es sportlich für den VfL in der Saison weiter?
Wenn alle wieder fit sind, sollten wir den Anspruch haben, in der gleichen Tabellenregion zu landen, wie in der vergangenen Saison. Auch wenn wir noch in die Doppelbelastung von Bundesliga und Europa League reinwachsen müssen, haben wir gute Chancen, in dem Wettbewerb das Achtelfinale zu erreichen.
Wie feiern Sie Weihnachten und was wünschen Sie sich?
Meine Eltern kommen aus Frankreich, ebenso mein Bruder und meine Schwester mit ihren Familien. Wir werden gemütlich zu Hause feiern. Ich wünsche mir Gesundheit, mehr brauchen meine Familie und ich nicht © Kölner Stadt-Anzeiger
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