Eigentlich hatten Thomas Helfrich, Leiter von Bayer-Kultur, und Fabian Stiens, Organisator der Leverkusener Jazztage, ins Scala nach Opladen eingeladen, um zu verkünden, dass die Partnerschaft der beiden für die Jazztage weitergeht.
Der entsprechende Vertrag ist unterzeichnet. Dass es aber, wenn zwei der Personen zum Plausch zusammenkommen, die das Kulturleben in der Stadt entscheidend prägen, nur bei dem einen Thema bleibt, konnte wohl niemand erwarten.
Seit fünf Jahren besteht die Partnerschaft zwischen der Kulturabteilung von Bayer und Fabian Stiens und seinem Team inzwischen. "Wir sind buchstäblich von Null gestartet", sagt Stiens. Denn nachdem Bayer-Kultur entschieden hatte, das Festival nicht nur monetär zu unterstützen, sondern auch das Erholungshaus als Spielstätte zu integrieren, kam Corona. Das heißt: Es gab Streamingkonzerte ohne Publikum.
Inzwischen sieht das ganz anders aus. An 20 Tagen während der Jazztage gab es 2024 Konzerte in der Bayer-Kulturstube. Insgesamt, sagt Stiens, seien dabei rund 20.000 Menschen gekommen. Und die Konzerte seien fast immer ausverkauft gewesen.
700 Stühle können aufgestellt werden, es sei aber auch möglich, kleinere Formate zu stellen, wenn die Veranstaltung das verlangt. "Flexibel" nennt Thomas Helfrich den Konzertsaal, ein Faktor, der ihn bei Künstlern sehr beliebt mache. Das bestätigt auch Fabian Stiens: Akustik, Intimität, Größe. Das Erholungshaus sei der bessere Ort für Konzerte als das Forum. "Wenn du im Erholungshaus einen Steinway-Flügel in den Saal stellst, brauchst du den fast gar nicht abzunehmen", sagt Stiens.
Zurzeit laufen Gespräche über eine Übergabe des Erholungshauses an die Stadt, teilt Thomas Helfrich mit. Übergabe, nicht Verkauf, bekräftigt er. Bayer-Kultur selbst bespiele das Haus nur zu eher wenigen Zeiten im Jahr, dafür nehme man ordentlich Miete durch Gastspiele ein. Aber man müsse sich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoller sei, das Geld, das man zum Betrieb des Erholungshauses ausgebe, nicht eher in die Künstlerförderung stecken solle. Bayer-Kultur würde wie gehabt seine Veranstaltungen dort anbieten, für die Zuschauerinnen und Zuschauer würde sich laut Helfrich nichts ändern.
Mit der Kooperation bei den Jazztagen, die über eine finanzielle Förderung hinausgeht, will Bayer-Kultur den Weg der Förderung weitergehen, den man vor ein paar Jahren beschlossen habe, sagt Thomas Helfrich. Weg von "Gießkannenprinzip. Wenn Förderung, dann richtig". Die Initiative sei damals von Bayer-Kultur ausgegangen. "Wir haben uns angeschaut, welche Leuchttürme es gibt, die auch überregional bekannt sind. Das waren Fußball und die Jazztage", sagt Helfrich.
Vermutlich wäre das Festival deutlich kleiner ohne diese Zusammenarbeit, meint Stiens. Schon beim Fazit zu den Jazztagen hatte er im Gespräch mit dem "Leverkusener Anzeiger" beklagt, dass er gern mehr Unterstützung von der Stadt hätte. Denn einen Zuschuss gibt es nicht, anders als bei anderen großen Festivals, wie er sagt. Zum Beispiel in Stuttgart. Auch Helfrich sagt, er habe das Gefühl, dass "die Arbeit von Fabian gar nicht wertgeschätzt" werde.
Leverkusen: Zusammenarbeit gefordert
Die beiden liegen auf einer Wellenlänge, das ist nicht zu übersehen. Das, so berichten sie, habe mit einem "gemeinsamen Verständnis" zu tun. Sie kritisieren, dass ein gemeinsames Denken dahingehend, wie man Synergien nutzen könne, aber nicht überall in der Stadt gegeben sei. "Ich hab’ oft das Gefühl, wenn Bayer drinsteckt, wird misstrauisch draufgeschaut", sagt Helfrich. Dabei könne man doch miteinander arbeiten, ganz konkret. Inhaltlich.
"Wir wollten natürlich nicht noch ein Jazzfestival machen, wenn es das schon gibt. Oder auch Kabarett-Veranstaltungen gibt es schon hier im Scala", sagt Helfrich. Bayer-Kultur hat stattdessen das Start-Festival gegründet, mit Konzerten in Leverkusen und an anderen Standorten. Mit einem anderen Schwerpunkt. "Kannibalisieren" sollte man sich nämlich nicht, meint Helfrich.
"Ich habe aber das Gefühl, es wird wenig in der Sache argumentiert", sagt er. Dabei gebe es Kontakt und Gespräche mit der Stadtverwaltung. Aber der Wille, Dinge auszuführen, sei dann doch meist eher zurückhaltend. "Früher war Bayer der Gute-Laune-Onkel, der ständig Geld reinpumpt", sagt Helfrich. Die Zeit sei vorbei, aber trotzdem könne man doch "gut miteinander arbeiten". "Offenheit" fordern er und Fabian Stiens, der sagt: "Man könnte sich doch ergänzen." Zum Beispiel, wenn man merke, dass der Vorverkauf für Veranstaltungen besser oder schlechter als geplant laufe. Dann könne man doch die Spielstätten verlegen. "Aber der Blick für das große Ganze fehlt", sagt Stiens.
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Auf die Sparbemühungen der Verwaltung angesichts des Haushaltslochs schauen die beiden kritisch. Denn Kultur als "freiwillige Leistung" abzutun, gehe nicht mit Artikel 18 der NRW-Landesverfassung einher, sagt Helfrich. Darin steht: "Kultur, Kunst und Wissenschaft sind durch Land und Gemeinden zu pflegen und zu fördern." Vielmehr müsse man schauen, was man wirklich noch brauche und was nicht. Und Synergien, also Zusammenarbeit mit den Akteuren in der Kultur, würden dabei helfen.
Zukunft des Erholungshauses
(nip) © Kölner Stadt-Anzeiger
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