An diesem Freitag (15. November) sollte es in Köln um die künftigen Flächen für die Windkraft gehen. Unter dem Tagesordnungspunkt "Sachlicher Teilplan erneuerbare Energien" war die Beratung in einer Sondersitzung des Regionalrats bei der Bezirksregierung darüber vorgesehen, wo Windkraftanlagen künftig mit einem erleichterten Genehmigungsverfahren aufgestellt werden können – auch im Kreis Euskirchen.

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Doch nun heißt es: Kommando zurück. Wie der Schleidener SPD-Politiker Wolfgang Heller am Donnerstagmorgen mitteilte, ist die Sondersitzung des Regionalrats sehr kurzfristig abgesagt worden. Das Thema soll stattdessen in der regulären Sitzung des Gremiums am 20. Dezember behandelt werden.

SPD-Politiker aus Schleiden sauer auf die NRW-Landesregierung

Der Grund für die Verschiebung liege daran, dass die Bezirksregierung ihre Vorlage, welche Flächen für den schnellen Ausbau vorgesehen werden sollten, nachbessern müsse. "Es ist festgestellt worden, dass es in Sachen Vogelschutz wohl an der ein oder anderen Stelle Probleme gibt", so Heller.

Die Schuld liege aber nicht bei der Bezirks-, sondern bei der Landesregierung, die nach zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts zu dem Thema "derart rumeiert", so der Schleidener: "Sie ist nicht in der Lage, uns eine klare, verlässliche und rechtlich zuverlässige Grundlage zu geben."

Die Initiativen im Kreis Euskirchen, die den Ausbau der Anlagen unter anderem als natur- und tierschädlich scharf kritisieren, hatten im Vorfeld der ursprünglich geplanten Sondersitzung nochmals ihren Protest deutlich gemacht.

In einem Offenen Brief schrieben etwa die Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Windenergie Eifel/Börde, Dr. Ralf Hoffmann und Heinz-Rüdiger Hugo, an die Mitglieder des Regionalrats: "Von den vorgesehenen Planflächen liegen zirka 90 Prozent auf der westlichen, linksrheinischen Seite. Eine solche Flächenausweisung verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz!"

Initiative: Die linksrheinische Seite wird übermäßig belastet

Und in einer gemeinsamen Mitteilung einiger Initiativen heißt es: "Wir, die Bürgerinitiativen im Kreis Euskirchen, befürchten, dass mit einer einseitigen Ausrichtung von Windkraftstandorten auf die windhöffigsten Bereiche in der Eifel und Börde Naturräume mit höchster Bedeutung für den Arten- und Naturschutz überproportional belastet werden."

Innerhalb der im Plan festgelegten Windvorranggebiete, so die Bezirksregierung auf ihrer Homepage, "führen Verfahrenserleichterungen zu einem beschleunigten Ausbau der Windenergie. Windenergieanlagen sind darin künftig bauplanungsrechtlich privilegiert".

Das solle zu einem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und zu einem Erreichen der Klimaschutzziele beitragen. Um das Ziel der Treibhausgasneutralität bis ins Jahr 2045 zu schaffen, sei der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien unabdingbar, so das Kölner Regierungspräsidium.

4340 zusätzliche Hektar Windkraftfläche im Kreis Euskirchen?

Das Wind-an-Land-Gesetz des Bundes von 2023 enthält demnach bundesweit geltende Flächenziele für den Ausbau der Windenergie an Land. Für Nordrhein-Westfalen seien 1,8 Prozent der Landesfläche vorgesehen. "In der Planungsregion Köln müssen 2,13 Prozent der Gesamtfläche für die Windenergie bereitgestellt werden", heißt es weiter.

Für den Kreis Euskirchen sehen die Pläne 4340 Hektar zusätzlich zu den bereits existierenden Windenergiebereichen vor, teilen die Initiativen aus dem Kreis mit: in Blankenheim (590 Hektar), Dahlem (368), Hellenthal (584), Nettersheim (532), Kall (150) und Bad Münstereifel (127). "In diesen Gemeinden sollen die Windenergieanlagen vorrangig auf Bergkuppen in Waldgebieten gebaut werden", heißt es in der Mitteilung.

Bezirksregierung Köln: Ausbau ist nötig, um das Klima zu schützen

"Diese Ausweisung", so Hoffmann und Hugo in ihrem Brief an die Regionalratsmitglieder, "belastet Mensch und Natur in den westlichen Kreisgebieten übergebührlich und sollte überdacht werden." Besonders Börde und Eifel würden als Naherholungsgebiet für die Städte an der Rheinschiene in der Planung überzogen von Windenergiebereichen. Vollkommen ungeklärt sei auch die Frage, welche Flächen im Land vorrangig dem Schutz der Arten zugutekommen sollen, die durch Windkraft im Bestand bedroht seien.

"Ohne eine definierte, gesetzlich geregelte Flächenausweisung von Zonen für die Sicherung der Biodiversität ist eine Flächenausweisung für die Windenergie verantwortungslos und abzulehnen", ist dem Brief an die Politiker zu entnehmen.

Wie nun auch am 20. Dezember entschieden wird, das letzte Wort sei damit noch nicht gesprochen, stellen die Sprecher der Initiativen in ihrer gemeinsamen Mitteilung: "Wenn der Aufstellungsbeschluss gefasst wird, besteht die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von mindestens einem Monat gegen die Pläne Einspruch bei der Bezirksregierung einzulegen."

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Das ist auch der Grund, warum Heller dem Vorschlag der Bezirksregierung zur Offenlage der Pläne schon gerne an diesem Freitag zugestimmt hätte: "Alleine um den Kommunen, Verbänden und Bürgerinitiativen und anderen die Möglichkeit zu bieten, sich anzuschauen, wie die konkreten Pläne aussehen."

Andererseits habe er durch die Vertagung nun auch noch die Möglichkeit, den Austausch mit den Initiativen zu suchen, so Heller.  © Kölner Stadt-Anzeiger

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