Es ist nach wie vor nicht so, dass die Bürger die Türen des Beteiligungsbüros in der Altstadt einrennen, weil ihnen so viele Themen auf den Nägeln brennen.
Das räumt Florian Striewe, der Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Bürgerbeteiligung, im Gespräch mit dieser Zeitung ein.
Aus seiner Sicht sollte die Stadt aber dennoch daran festhalten, alle zwei Wochen dort im Haus Bachem ansprechbar zu sein. Allerdings habe sich, so Striewe, seit dem Ausbau der Bürgerbeteiligung und der Einrichtung des Büros gezeigt, "dass wir vor Ort auftauchen müssen". Die Existenz des Büros tue niemanden weh, zumal es sich als Teil eines Netzwerkes innerhalb der Stadtverwaltung etabliert und man auch landesweit Kontakte geknüpft habe.
Koalition in Königswinter strebt Ausbau der Bürgerbeteiligung an
"Aber wir müssen mehr in die Fläche gehen. Wir müssen konkrete Vorhaben definieren, publik machen und dazu einladen, ins Gespräch mit den Bürgern zu kommen." Der Ausbau der Bürgerbeteiligung war erklärtes Ziel der Koalition von Königswinterer Wählerinitiative, Bündnis 90/Die Grünen und SPD, die seit 2020 eine Mehrheit im Stadtrat hat.
In Zukunft sollten die Bürgerinnen und Bürger von Königswinter "über die gesetzlichen Vorschriften hinaus an Planungen und Entscheidungen unserer Stadt beteiligt werden", heißt es in der Koalitionsvereinbarung der drei Partner. Viel "Gehirnschmalz" hatten die Vertreter der Kommunalpolitik und der Stadtverwaltung seit 2020 in das Thema gesteckt.
Ein Ergebnis der Beratungen war die "Bürgerbeteiligungssatzung", die der Stadtrat im Oktober 2023 dann auch beschlossen hat. Doch das Votum war nicht von langer Dauer: Im Sommer 2024 hat der Rat den Beschluss wieder aufgehoben. Der Grund: Es gab Bedenken der Kommunalaufsicht beim Rhein-Sieg-Kreis.
In derselben Sitzung beschlossen hat der Rat seinerzeit zwar die sogenannten Leitlinien zur Bürgerbeteiligung. Doch auch die mussten nach Anmerkungen der Kommunalaufsicht überarbeitet werden. "Ziel ist es, eine Beteiligungskultur in Verwaltung, Politik und Bürgerschaft zu fördern", hieß es in der Satzung, die wieder aufgehoben wurde.
Leitlinien für Bürgerbeteiligung mussten überarbeitet werden.
Nach Auffassung der Kommunalaufsicht sei solch eine "Rechtssetzung nicht zwingend erforderlich". Es gebe ja die Leitlinien. Zudem beziehe sich die Satzung "auf verwaltungsorganisatorische Zuständigkeiten des Bürgermeisters, die alleine in seiner Zuständigkeit lägen". Die Satzung wurde nie bekanntgemacht, ist also nie in Kraft getreten.
Die Leitlinien mussten unter anderem auch korrigiert werden, weil die Rolle und Zuständigkeiten des Rates und seiner Mitglieder tangiert würden. Eine Folge: Die Ideenliste als ein Beteiligungsinstrument wurde komplett gestrichen. Sie sollte laut Ursprungsentwurf den Bürgerinnen und Bürger eigentlich "eine zusätzliche Möglichkeit" bieten, weitere Ideen und Anregungen für eine Beteiligung einzubringen.
Die Behörde in Siegburg wies darauf hin, dass Paragraf 24 der NRW-Gemeindeordnung Bürgern schon die Möglichkeit gebe, Anregungen und Beschwerden im Rat vorzubringen. Dass in Königswinter ein vergleichbares Instrument geschaffen werden sollte, "sieht die Kommunalaufsicht äußerst kritisch", hieß es im Juli.
Weiter Bestandteil der Leitlinien ist indes die "Vorhabenliste", die ein Instrument sein soll, "um frühzeitig, transparent und verständlich über Vorhaben zu informieren". Ein Baustein für mehr Bürgerbeteiligung sollte auch das Streaming von Ratssitzungen im Internet sein.
Allen die Pilotphase fürs Streamen von Ratssitzungen kostet 30.000 Euro
Doch das Projekt haben die Fraktionen Rat laut Striewe intern zurückgestellt. Für das Streaming, das in manchen Kommunen gängige Praxis ist, hätten die Geschäftsordnung und die Hauptsatzung geändert werden müssen.
Doch die Skepsis im Rat ist groß. Auch aus Kostengründen. So wurden allein für eine Pilotphase 30.000 Euro eingeplant. Laut Verwaltung kommt die Stadt Gütersloh auf Kosten von 150.000 Euro im Jahr. Eine Größenordnung, die laut Florian Striewe auch auf Königswinter zukäme.
"Interessierten Königswinterer Bürgern besser die Fahrt mit dem Taxi spendieren"
Ratsmitglied Roman Limbach (fraktionslos) hat schon vor Monaten ironisch angemerkt, es sei billiger, den wenigen Bürgern, die eine Ratssitzung verfolgen wollten, eine Taxifahrt zur Aula in Oberpleis zu spendieren.
Unterdessen überlegen Rat und Verwaltung, den eigens geschaffenen Ausschuss für Bürgerbeteiligung zum Ende der Ratsperiode auslaufen zu lassen. Der neue Stadtrat könnte dann stattdessen einen Beteiligungsbeirat ins Leben rufen. Dem sollen keine Vertreter der Fraktionen angehören, aber Bürger unterschiedlichen Alters und Vertreter von Vereinen und Initiativen.
Dass der Ausschuss nur für eine Übergangszeit existieren und der von Bürgern besetzte Beirat die dauerhafte Lösung sein soll, sei aus ihrer Sicht von Anfang an so geplant gewesen, sagt auf Anfrage Ulrike Ries-Staudacher (KöWI). Die Vorsitzende des Ausschusses für Bürgerbeteiligung meint, dass es in den vier Jahren Diskussion Fortschritte in Sachen Bürgerbeteiligung gegeben hat, auch wenn nicht alles ganz perfekt gelaufen ist.
Etwa bei der gute besuchten Bürgerversammlung zur Umgestaltung der Rheinpromenade und der Rheinallee, wo das Prozedere auf Kritik gestoßen war. Florian Striewe hat eine Liste mit zahlreichen Beteiligungsprojekten seit dem Jahr 2019 zusammengestellt, die von Ideenworkshops über Bürgerinformationsveranstaltungen bis zum Kinder- und Jugendforum und Onlineumfragen reichen.
Das sei eine Bilanz, die sich sehen lassen könne, meint der Leiter des Geschäftsbereiches. "Ich wüsste nicht, an welcher Stelle wir noch was draufsatteln könnten." © Kölner Stadt-Anzeiger
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