Mainz/Kaiserslautern - Der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann schaut mit gewissen Bedenken auf das Sprachmodell DeepSeek und die App des chinesischen Startups.
"Die ist datenschutzrechtlich nach erstem Eindruck kritisch zu sehen, da fehlt offenbar viel", sagte er. Wenn eine App auf dem europäischen Markt verfügbar sei, müssten hiesige Regeln beachtet werden. Im Fall von DeepSeek habe er Zweifel, dass Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung eingehalten werden.
Um den Regeln gerecht zu werden, brauche ein Anbieter etwa eine Niederlassung in Europa oder zumindest einen Vertreter. Seine Behörde werde zunächst der Frage nachgehen, wer das im Fall von DeepSeek sei. Bedeutend sei aus datenschutzrechtlicher Sicht, wohin mit DeepSeek verarbeitete Daten gehen. Sollte es einen Datenfluss nach China geben, fehle dafür eine Rechtsgrundlage – anders als beispielsweise im Fall von Ländern wie den USA, Japan oder Südkorea.
Personenbezogener Datenaustausch könnte kritisch zu sehen sein
Für diese Länder habe die Europäische Kommission ein angemessenes, mit der europäischen Gesetzgebung vergleichbares Datenschutzniveau festgestellt. "In Bezug auf China existiert derzeit kein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission", erklärte Kugelmann. "Ein Austausch personenbezogener Daten mit China ist ohne Kenntnis weiterer Details derzeit deshalb per se als problematisch zu bewerten." Seine Behörde behalte sich vor, Einzelheiten zur Datenverarbeitung durch DeepSeek zu prüfen.
Relevant sei auch, ob es bei DeepSeek zum sogenannten Key Logging komme, dass also Eingaben von Benutzern protokolliert werden. Wenn sich herausstelle, dass Vorgaben nicht erfüllt seien, seien Bußgelder und Anordnungen möglich. Die durchzusetzen, sei in Drittstaaten allerdings enorm schwierig.
"Sprachmodell scheint einige neue Wege einzuschlagen"
Einen ganz anderen Fokus beim Blick auf DeepSeek haben Experten für Künstliche Intelligenz (KI) in Rheinland-Pfalz. Der Erfolg sollte Europa zu mehr Innovation ermutigen, sagte Paul Lukowicz, Wissenschaftlicher Direktor und Leiter des Forschungsbereichs Eingebettete Intelligenz beim Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern. Es gebe zwar viele Förderprogramme in der EU. "Aber dass jemand mal eine Milliarde Euro in die Hand nimmt und sagt: "Jetzt bauen wir ein europäisches Modell." Das scheint einfach nicht zu passieren. Und das finde ich sehr schade", sagte Lukowicz.
Für Peter Liggesmeyer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering (IESE) in Kaiserslautern, hat die Entwicklung aus China das Potenzial, die Forschungslandschaft zu verändern. "Das Sprachmodell von DeepSeek scheint tatsächlich einige neue Wege einzuschlagen, um hohe Leistungsfähigkeit mit moderatem Einsatz von Ressourcen zu erreichen."
Energieeffizienz großes Thema
Forschungsergebnisse zu energieeffizienter KI würden in Zukunft wichtig werden, um große Sprachmodelle praktisch nutzen zu können, sagte Liggesmeyer. Die bisher übliche Lösung, große Sprachmodelle mit stets wachsender Leistungsfähigkeit der Hardware zu realisieren, sei das genaue Gegenteil von "Green IT" und stehe im Widerspruch zu mehr Nachhaltigkeit.
Für Liggesmeyer war das Erscheinen des Sprachmodells von DeepSeek durchaus überraschend. Lukowicz vom DFKI sagte, China habe sich wohl angesehen, welche Instrumente wie das US-amerikanische ChatGPT derzeit auf dem Markt seien. "Und da haben sie mit DeepSeek nicht nur aufgeholt, sondern auch leicht überholt." Eine "Hysterie" um das neue KI-Modell wäre aber übertrieben. "Es ist ja nicht etwas von einem anderen Planeten. China hat schlicht aufgeholt und ist jetzt vorne dabei."
Aspekt der politischen Beeinflussung
Eine breitere Debatte um die Sicherheit von Daten wie bei der Video-App TikTok erwartet Lukowicz nicht. "Diskussion wird es geben, die gibt es zu dem Thema immer. Daten werden heute nahezu überall verarbeitet. Dem sollte man sich bei der Nutzung solcher Systeme bewusst sein." Er halte die Problematik aber nicht für primär wichtig. "Der Aspekt, den ich kritisch finde, ist halt die politische Beeinflussung. Wenn ich lese, dass DeepSeek kritische Fragen über China nicht vernünftig beantwortet, ist das viel eher ein Problem."
"Es ist zu erwarten, dass gewisse Inhalte des Sprachmodells von DeepSeek mit Vorsicht verwendet werden sollten", sagte Liggesmeyer. "Mir scheint der dem Modell zugrundeliegende andere Ansatz aber wesentlich interessanter zu sein als die Inhalte des Modells." © Deutsche Presse-Agentur
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