Das Verhältnis zwischen dem FC Bayern und dem DFB erreicht durch den Rundumschlag von Uli Hoeneß eine neue Eskalationsstufe. Von Matthias Sammer bis Karl-Heinz Rummenigge - die Kritik aus München hat Tradition. Und sie hat viel mit dem Selbstverständnis des Rekordmeisters zu tun.

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Was Matthias Sammer wohl über den Rundumschlag von Uli Hoeneß gedacht hat? Ob sich der Berater von Bundesliga-Kontrahent Borussia Dortmund gefreut hat? Ob der einstige Sportvorstand des FC Bayern sich bestätigt fühlt?

Das bleibt (vorerst) das Geheimnis von Sammer. Der Europameister von 1996 ist ja so etwas wie der Chefkritiker des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), das personifizierte schlechte Gewissen des deutschen Fußballs, wenn es nicht läuft, und selbst dann, wenn es läuft.

DFB: Matthias Sammer gilt als Chefkritiker

Und das, obwohl der heute 52-Jährige zwischen 2006 und 2012 für den DFB arbeitete, als Sportmanager, ehe die Bayern ihn abwarben, als Sportchef - und Lautsprecher.

Kein Jahr später knöpfte sich Sammer von München aus seinen ehemaligen Arbeitgeber in Frankfurt am Main vor. "Einen guten Idioten werden sie sonst nicht mehr finden", meinte Sammer im Mai 2013 und forderte mehr Kompetenzen für den DFB-Sportdirektoren-Posten, den er selbst lange verantwortet hatte.

Der DFB war ob der verbalen Attacke alarmiert, ließ Sammer mittels des damaligen Generalsekretärs Helmut Sandrock ausrichten: "Wir reden den Bayern auch nicht in deren Organisation und Personal hinein."

Selbst Joachim Löw sah sich veranlasst, die Münchner Attacke zu parieren: "Dann soll er doch zurückkommen", sagte der Bundestrainer über Sammer, der 2016 seinen Job in München aus persönlichen Gründen aufgab.

Neue Eskalationsstufe zwischen DFB und FC Bayern

Jetzt also Uli Hoeneß, der Volkstribun und Verteidiger des FC Bayern. Durch den Rundumschlag des Vereinspräsidenten wegen der Causa Manuel Neuer und der Diskussionen über die Nummer eins im DFB-Team erreichte das ohnehin sensible Verhältnis zwischen Verband und Rekordmeister eine neue Eskalationsstufe.

Mit anderen Worten: In der Säbener Straße im beschaulichen München-Harlaching, wo der FC Bayern seine Geschäftsstelle hat, passt den Machern vieles von dem nicht, was in der Otto-Fleck-Schneise am Frankfurter Stadtwald entschieden wird, wo der DFB residiert. Die Attacken der Bayern haben mittlerweile Tradition.

Mal geht es um Organisatorisches. Zum Beispiel, als Sammer über das Profil des DFB-Sportdirektors referierte. Oder, als Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den anfangs tatsächlich konfusen Umgang des Verbandes mit dem Videobeweis kritisierte.

"Ich muss zugeben, dass ich sehr irritiert bin, wie der DFB mit diesem Thema umgeht", schrieb der 63-Jährige im November 2017 im "Bayern Magazin" und beklagte eine wachsende Unsicherheit.

Bayern-Boss Rummenigge: Scharfe Attacken gegen den DFB

Mal geht es um die Aufarbeitung von Ergebnissen - wie nach dem WM-Debakel im Sommer 2018 in Russland. So sei der DFB "eigentlich nur noch durchsetzt von Amateuren", klagte Rummenigge im Juli vergangenen Jahres und warf dem Verband schlechtes Krisenmanagement vor.

Seine Aussage hat ebenso wie die neuerliche Wutrede von Hoeneß viel mit dem Selbstverständnis des Rekordmeisters zu tun.

In München wird eben vieles richtig gemacht, was sieben Meistertitel in Folge eindrucksvoll dokumentieren. Und das wird gerne und häufig erwähnt. Neu ist, dass Hoeneß dem DFB nun sogar Konsequenzen androht.

"Wir werden den Leuten ein bisschen Feuer geben. Das können wir", sagte der Bayern-Patron in einer Überzeugung, als sei es die Selbstverständlichkeit von Welt. Angeblich fehlende Rückendeckung für Weltmeister Neuer nach der Kritik durch dessen Herausforderer Marc-André ter Stegen war den Bayern-Bossen dann wohl doch des Guten zu viel.

"Wir kriegen vom DFB ständig Theater", erklärte Hoeneß seine Wut und polterte: "Zuerst die Ausbootung von unseren drei Spielern und jetzt dasselbe mit Manuel Neuer. Das werden wir uns in Zukunft nicht mehr gefallen lassen, dass unsere Spieler ohne Grund beschädigt werden."

Dass Löw als Reaktion auf die katastrophale Weltmeisterschaft in Russland mit Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller ausgerechnet drei Bayern-Profis aussortierte, passte so gar nicht ins Münchner Selbstverständnis.

Zwist zwischen FC Bayern und DFB

Heute glänzt Hummels nach seiner Rückkehr nach Dortmund als bärenstarker Abwehrchef des BVB, Müller überzeugt in seiner Rolle als Joker und Vorbereiter bei Bayern.

Dass Löw und DFB-Manager Oliver Bierhoff im Zuge ihrer "Ausbootung" angeblich unvermittelt an die Säbener Straße kamen, wie berichtet wird, soll nicht gerade förderlich gewesen sein, heißt es.

Schließlich sind die Bayern dafür bekannt, ihre Spieler auf Verderb und Gedeih zu verteidigen. Doch damals blieb ihnen keine Möglichkeit dazu. Das soll jetzt bei Neuer offenbar gänzlich anders sein. Es dürfte nicht die letzte Episode im Zwist zwischen dem FC Bayern und dem DFB bleiben.

Quellen:

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