• Nach Deutschlands Niederlage gegen Japan prasselt die Kritik von allen Seiten auf zwei Dortmunder Abwehrspieler.
  • Selbst der Bundestrainer gibt seine ansonsten eher vornehme Zurückhaltung auf.​​​​​​

Das Urteil kam von höchster Stelle und es fiel nicht gut aus für Niklas Süle. "Wenn wir die Linie halten, ist er im Abseits. Da muss Niklas einfach aufpassen", sagte Hansi Flick in der ARD über das Verhalten seiner Verteidiger beim zweiten japanischen Treffer und rückte Süle dabei klar in den Fokus. "Er hebt das Abseits auf, weil er sich zwei, drei Schritte zu weit fallen lässt. Das sind individuelle Fehler, für die wir heute büßen mussten!"

Mehr News zur Fußball-WM

Und die der deutschen Nationalmannschaft den Auftakt gegen Japan vermiesten. "Ganz, ganz schlecht" sei auch Süles Abwehrverhalten vor dem Ausgleich gewesen, sagte ARD-Experte Bastian Schweinsteiger – wie Flick auch ansonsten eher zurückhaltend mit persönlicher öffentlicher Kritik. "Für einen Verteidiger, wie Süle es ist, war das nicht gut genug. Das ist ein klassischer, richtig schwerer Abwehrfehler. Und so lange wir solche Fehler machen, werden wir Spiele verlieren. So einfach ist das!"

Süle und Schlotterbeck bei den Gegentoren im Fokus

Es waren so viele Fehler im deutschen Spiel, dass die lange Zeit völlig harmlosen Japaner fast schon gar nicht anders konnten, als ein paar der Einladungen einfach anzunehmen. Und bei den entscheidenden Situationen schlüpften die Dortmunder Spieler leider in die jeweiligen Hauptrollen.

Beim Ausgleich rückte Süle im Verbund mit Leon Goretzka erst zurück, wollte dem ballführenden Japaner das Tempo nehmen. Dann aber öffnete Süle mit dem Eindrehen seiner Körperposition die Innenbahn, bot dem Gegenspieler den direkteren Weg zum Tor an und erlaubte den Steckpass, der zum ersten Torabschluss und im Nachgang zum Abstauber durch Ritsu Doan führte.

Beim zweiten Tor reichte den Japanern ein Zuspiel aus der Kreisliga, ein simpel nach vorne geschlagener Freistoß auf Takuma Asano. Nico Schlotterbeck hatte keinen Gegnerkontakt, sondern rückte mit Abwehrchef Antonio Rüdiger ein paar Schritte nach vorne, um Asano ins Abseits zu stellen. Ein probates Mittel – wenn alle anderen auch dabei mitmachen.

Süle aber reagierte als ballferner Außenverteidiger nicht auf den Plan der beiden Kollegen, übersah das Rausrücken und stand offenbar auch nicht verbal mit Nebenspieler Rüdiger in Kontakt. Asano entwischte Schlotterbeck, der noch einmal Kontakt herstellen konnte und für einen kleinen Moment auch die Chance hatte, sich entscheidend zwischen Gegenspieler und Ball zu schieben oder Asano wenigstens beim Abschluss zu stören.

Beides gelang nicht und weil sich auch Manuel Neuer im Tor nicht wie gewohnt aufbaute und die kurze Ecke – Asanos einzige Option für einen direkten Torschuss – schloss, fand der Ball den Weg ins Netz.

Die "Dortmund Experience"

So vieles am deutschen Spiel erinnerte auch an einige Dortmunder Spiele der Bundesliga-Hinrunde, dass im Netz schnell der Spruch von der "Dortmund Experience", der Dortmunder Erfahrung, die Runde machte. Und tatsächlich waren auch viele Dinge ordentlich bis gut, eine Stunde lang hatte die deutsche Mannschaft die Partie im Griff und die wenigen Fehler – etwa durch Schlotterbecks Unkonzentriertheit bei einem Ballverlust – keine Auswirkungen.

Auch Süle, dem die Japaner im deutschen Spielaufbau bewusst etwas mehr Platz ließen, um dann den vermeintlich schwächsten Spieler im Pressing zu erwischen, erledigte seine Aufgaben zumindest zuverlässig. Zusammen mit den immer wieder aushelfenden Thomas Müller und Serge Gnabry fand die rechte deutsche Seite Lösungen, während auf der anderen Seite Schlotterbeck und sein Linksverteidiger David Raum im direkten Zusammenspiel in der zweiten Halbzeit immer fahriger wurden.

Bis hin zu den entscheidenden Fehlern, die sich dann in erster Linie die beiden Dortmunder Spieler leisteten. Und damit in der Tat frappierend an die Dortmunder Hinserie in der Bundesliga und die zuletzt gezeigten Leistungen erinnerten. Süle und Schlotterbeck reisten nicht in Topform nach Katar, was gegen Japan besonders schonungslos offenbar wurde. Wie sehr Süles Versetzung auf die rechte Seite damit zu tun hatte, ist eine müßige Debatte. Im DFB-Team war die Position für den Verteidiger neu, beim BVB dagegen spielte Süle zuletzt einige Spiele als rechter Verteidiger.

Lesen Sie auch:

Der Start in die Weltmeisterschaft hätte für die Nationalmannschaft und die Dortmunder DFB-Stars kaum schlechter laufen können, der Druck im zweiten Gruppenspiel gegen Spanien wird enorm werden und ein Fokus dabei auch darauf liegen, wie sich die deutsche Defensive präsentiert. Und die Dortmunder Sündenböcke – sofern sie noch einmal auflaufen dürfen.

Verwendete Quelle:

Interessiert Sie, wie wir über die WM in Katar berichten? Wir haben unsere Beweggründe in einem Text für Sie zusammengefasst.
Borussia Dortmunds Angreifer Anthony Modeste nach dem Bundesligaspiel in Gladbach

Hallers Ersatzmann Modeste hat sich an der Leiste operieren lassen

Mit der Verpflichtung des Kölners Anthony Modeste reagierte Borussia Dortmund kurz vor Beginn der Saison auf die Krebserkrankung des frisch eingekauften Stürmers Sébastien Haller. In der WM-Pause hat sich Modeste einem chirurgischen Eingriff unterzogen.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.