Schon am Samstag kann der FC Bayern die nächste deutsche Meisterschaft feiern. Und das nicht zum ersten Mal deutlich vor dem Saisonende. Wir blicken zurück auf die schnellsten Meisterschaften der Bayern-Geschichte.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Steffen Meyer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vier Spieltage vor Saisonende ist die achte Meisterschaft in Serie für den FC Bayern schon so gut wie sicher. Der Vorsprung auf den Verfolger aus Dortmund beträgt vier Spieltage vor Saisonende bereits sieben Punkte. Theoretisch reicht den Bayern ein Sieg im nächsten Heimspiel gegen Gladbach zur Meisterschaft – wenn Dortmund in Düsseldorf patzt.

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Ob das gelingt, ist jedoch fraglich. Auf der einen Seite fehlen den Münchnern mit Thomas Müller und Robert Lewandowski zwei Leistungsträger der letzten Wochen gelbgesperrt. Auf der anderen Seite spielt der Hauptkonkurrent aus Dortmund seit einigen Wochen auf konstant hohem Niveau.

Meisterschaft am 31. Spieltag? Das klappte schon deutlich früher!

Selbst wenn es klappt: Eine Meisterschaft am 31. Spieltag wäre noch längst kein Rekord. Die Münchner haben die Marke für die früheste Meisterschaft der Bundesliga-Geschichte in den letzten Jahren deutlich verschoben. Der Titel am Samstag wäre nur ein geteilter achter Platz in der ewigen Rangliste der schnellsten Titelgewinne. Die Bestmarke aus dem Jahr 2014 wird wahrscheinlich auf lange Zeit unerreicht bleiben.

Wir blicken auf die fünf frühesten Münchner Meisterschaften der Bundesliga-Geschichte:

Platz 5: Saison 2002/2003 (30. Spieltag)

Bereits am 30. Spieltag machte der damals von Ottmar Hitzfeld trainierte FC Bayern die Meisterschaft mit einem 2:0 in Wolfsburg perfekt. Für mich persönlich war dieses Spiel damals die erste Begegnung mit einem wahrhaftigen Münchner Erfolgsfan, der hinter mir auf der Tribüne in der Volkswagen Arena noch bis weit in die Schlussphase hinein über die "unterirdische" Leistung der Mannschaft schimpfte, jedwede Unterstützung einstellte und erst mit dem Schlusspfiff - als wäre nie etwas gewesen - wie selbstverständlich in den Meistermodus wechselte.

Das südamerikanische Angriffsduo Elber und Pizarro besorgte die Tore zur damals vierten Meisterschaft in fünf Jahren. Auf der rechten Seite durfte übrigens damals schon ein blutjunger Bastian Schweinsteiger wirbeln.

Platz 4: Saison 2014/2015 (30. Spieltag)

Zwölf Jahre später wirbelte ein ergrauter Bastian Schweinsteiger immer noch beim FC Bayern. Auch, wenn sich neben der Frisur auch seine Spielweise inzwischen deutlich geändert hatte. Am 30. Spieltag der Saison 2014/2015 stieß er mit seinem Treffer zum 1:0-Erfolg gegen die Berliner Hertha das Tor zur Meisterschaft weit auf. Meister wurden die Bayern allerdings erst am Tag danach auf der Couch.

Weil der VfL Wolfsburg seine Partie gegen Borussia Mönchengladbach verlor, durfte der FC Bayern vorzeitig feiern. Dass er das nicht tat, lag an der Dramaturgie der Saison. Die Meisterschaft war ohnehin nie wirklich spannend gewesen. Zudem standen die Münchner in dieser Phase im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona. Das war Coach Pep Guardiola wichtiger und das ließ er auch alle spüren.

Keine Münchner Meisterschaft fühlte sich wohl so emotions- und belanglos an wie diese.

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Platz 3: Saison 2017/2018 (29. Spieltag)

Die wohl letzte Meisterschaft von Don Jupp. Nachdem der insgesamt glücklose Carlo Ancelotti bereits im Herbst 2017 gegangen worden war, übernahm Triple-Trainer Jupp Heynckes nach einem kurzen Intermezzo mit Willy Sagnol das Kommando an der Seitenlinie. Und wie. Nach schwachem Saisonstart formte Heynckes eine formidable Mannschaft, die von Altstars wie Arjen Robben und Franck Ribéry auf der einen, und jungen, hungrigen Spielern wie Joshua Kimmich und Niklas Süle auf der anderen Seite geprägt wurde. Der Lohn war die drittfrüheste Meisterschaft dank eines 4:1-Auswärtserfolgs gegen den FC Augsburg.

Ein angemessener Abschied für Heynckes, dem die ganz große Krönung zum Abschluss jedoch versagt blieb: Im Halbfinale der Champions League war gegen Real Madrid Schluss. Und im Pokalfinale unterlagen die Münchner überraschend Eintracht Frankfurt. Heynckes' Karriere schmälerte das jedoch nicht.

Platz 2: Saison 2012/2013 (28. Spieltag)

Denn das größte Meisterstück war Heynckes bereits einige Jahre zuvor gelungen. Mit dem Triple ging der FC Bayern in die Geschichte ein. Lange bevor der Rekordmeister in Wembley gegen Borussia Dortmund den Henkelpott gewinnen sollte, machte er Anfang April die Meisterschaft klar. Wieder einmal war Bastian Schweinsteiger daran maßgeblich beteiligt. Sein sehenswerter Hackentreffer nach Vorlage von Philipp Lahm ebnete am 28. Spieltag der Saison den Sieg zum 1:0 gegen Eintracht Frankfurt.

Nach zwei Saisons voller Tiefschläge und ohne Titel pflügte das Team von Jupp Heynckes förmlich durch die Saison und verlor gerade einmal eines der 34 Bundesliga-Spiele. Meister am 28. Spieltag? Ein Rekord für die Ewigkeit, so dachte man damals. Denkste.

Platz 1: Saison 2013/2014 (27. Spieltag)

Nur ein Jahr später legte der FC Bayern unter dem neuen Coach Pep Guardiola noch einen drauf. Am 25. März gewannen die Münchner im ausverkauften Berliner Olympiastadion mit 3:1 gegen die Hertha. Es war nicht nur die früheste Meisterschaft, sondern mit Sicherheit auch die kälteste. Als die Mannschaft nach dem Schlusspfiff am späten Dienstagabend den Titel auf dem Rasen feierte, zeigte das Thermometer im zugigen Olympiastadion kaum mehr als 0 Grad an.

Schaut man heute auf dieses Spiel vor mehr als sechs Jahren, kommt es einem vor wie aus einer anderen Fußballwelt. Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger spielten in dieser Phase gemeinsam im zentralen Mittelfeld. Mario Götze zeigte eines seiner besten Spiele im Bayern-Trikot. Und der besessene Pep Guardiola trieb seine Elf gegen Berlin über 90 Minuten auf 82 (!) Prozent Ballbesitz. Zahlen, die im heutigen Fußball und bei der heutigen Münchner Spielweise wie ein Tippfehler wirken.

Flick will ersten Titel als Trainer des FC Bayern

Die früheste Meisterschaft wird es also nicht am Wochenende. Und doch wäre die achte Meisterschaft in Folge durchaus etwas Besonderes. Nicht nur wegen der verrückten Corona-Bedingungen. Sondern, weil es die erste Meisterschaft mit Bayern-Coach Hansi Flick werden würde.

Dass der FC Bayern nach ganz schwachem Saisonstart überhaupt so früh nach dem Titel greifen kann, ist vor allem ihm zu verdanken. Ob es nun bereits am Samstag klappt oder erst in den Wochen danach, wird ihm dabei ziemlich egal sein.



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