Der Kracher zwischen dem FC Bayern und Leipzig am Mittwoch wird auch eine Grundsatzfrage klären: Kann ein individuell unterlegenes Kollektiv gegen die Supermacht bestehen? Ein paar Dinge sprechen für den Herausforderer. Die Bayern verlassen sich auf ihr Bayern-Gen. Und auf einen speziellen Spieler.

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Die Rasenballsportler können gar nicht anders. Auch beim großen FC Bayern, beim Rekordmeister, dem Klassen-Primus lautet die Vorgabe: volle Attacke.

"Wir fahren nach München, um die drei Punkte zu holen. Ehrgeiziger kann man nicht an so ein Spiel herangehen", sagte Sportdirektor Ralf Rangnick am Sonntag bei "Sky90“. Trainer Ralph Hasenhüttl kündigt eine "elektrisierende“ Partie in München an.

Es gehört zum Markenkern des Mutterkonzerns, immer aggressiv und anders als die anderen zu sein. Die Bayern waren in den letzten Jahren auch anders als der Rest. Nicht nur, weil sie von einem Titel zum nächsten eilten. Sondern weil sie auch einen Fußball spielten, der sich vom üblichen Bundesligaformat längst entfernt hatte.

Carlo Ancelotti zockt

Das ist jetzt ein wenig anders. Die Bayern spielen irdischen Fußball. Das 1:0 in Darmstadt steht dafür geradezu exemplarisch. Auch unter Pep Guardiola hatte es enge Spiele gegeben und ganz selten sogar mal einen Punktverlust in der Vorrunde. Es geht aber um das Wie.

Momentan hat man das Gefühl, die Bayern steckten voll drin in der Umbauphase vom Guardiola- zum Ancelotti-Fußball. Das Spiel in Darmstadt war träge und zaudernd und ohne eine fulminante Einzelaktion von Douglas Costa wäre es wohl mit einem 0:0 geendet.

Trainer Carlo Ancelotti hatte ein eher lahmes Auftreten seiner Mannschaft in Kauf genommen und damit auch das Risiko, dass es in Darmstadt schiefgehen könnte. Wichtige Spieler wurden bereits geschont für den Kracher am Mittwoch.

Er habe die Aufstellung für das Spiel des Ersten gegen den Zweiten schon im Kopf, sagte Ancelotti Minuten nach dem Schlusspfiff in Darmstadt. Dann darf man Arjen Robben, Franck Ribery, Philipp Lahm und Joshua Kimmich zurück erwarten.

"Wir können besser spielen“

"Wir können besser, schneller spielen. Gegen Leipzig werden wir unser Bestes geben und versuchen, dieses aufregende Spiel zu gewinnen", sagte Ancelotti. Dafür müssen die Bayern aber eine Leistung abrufen, wie sie in der Vorrunde bisher nicht so oft zu sehen war. Das Darmstadt-Spiel sei ein Spezialfall gewesen, sagten fast alle Beteiligten. Auch der kommende Gegner aus Leipzig.

Und doch lag die Partie noch einigermaßen im Trend der Bayern. Nimmt man nur die letzten drei Spiele, spielen die Bayern zwar auf gehobenem Bundesliga-Maß. Aber sie kommen nicht an bestimmte Parameter der Leipziger heran. Dass die Laufleistung beider Mannschaften auseinanderklafft, ist dem ziemlich konträren Spielstil geschuldet.

Leipzig lief als Mannschaft rund vier Kilometer mehr als die Bayern. Der Aufsteiger bereitet seine Torabschlüsse anders vor - tief hinein in die gefährliche Zone des Gegners. 72 Prozent aller Torabschlüsse der letzten drei Partien gab Leipzig innerhalb des Strafraums ab. Die Bayern versuchen es deutlich öfter aus der Distanz: bei ihnen liegt der Wert nur noch bei rund 57 Prozent.

Zerstört Leipzig auch Bayerns Passmaschine?

Ein zentrales Kriterium für den Ausgang der Partie am Mittwoch dürfte aber die Passquote sein. Und zwar nicht die eigene, sondern jene, die eine Mannschaft dem Gegner gestattet. Leipzig ist mit seinem Powerfußball und dem dauerhaften Penetrieren gegnerischer Angriffe ein Meister der Zerstörung.

Den letzten drei Gegnern gestatte RB im Schnitt eine Passquote von lediglich 57 Prozent. Der Durchschnitt der Liga liegt im guten 70er-Bereich. In Ingolstadt drückte Leipzig die Marke angekommener Ingolstädter Zuspiele auf unfassbare 42 Prozent.

Die Bayern spielen bei weitem nicht so aggressiv gegen den Ball. Zuletzt hatten selbst die deutlich unterlegenen Mainzer, Wolfsburger und Darmstädter im Schnitt noch eine passable Quote von über 67 Prozent gegen die Münchener.

Arjen Robben macht den Unterschied

Aber vielleicht sind die statistischen Spielereien auch nur ebensolche. Wenn die Bayern in den Bayern-Modus finden, der sie in den großen Spielen regelmäßig vom Rest der Liga unterscheidet. "Die Bayern werden besser spielen, davon gehe ich aus“, sagt Rangnick.

Und die Bayern werden aller Voraussicht nach mit Arjen Robben spielen. Der Niederländer ist neben der Umstellung auf ein 4-2-3-1-System der wahre Grund für die verbesserten Bayern der letzten Wochen. Gegen Darmstadt wurde Robben noch leicht angeschlagen geschont. Gegen Leipzig soll er den Unterschied machen.

Denn auch das sind die Bayern in dieser Saison: Nicht mehr nur das Kollektiv gewinnt Spiele. Im Zweifel ist es die individuelle Klasse, die den Unterschied macht.

Und dass die Bayern immer noch deutlich besetzt sind als Leipzig, steht wohl außer Frage.

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