- Wolff-Christoph Fuss kommentiert am Freitag (13. August) das Eröffnungsspiel der Bundesliga zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach in Sat.1 (20:30 Uhr).
- Im Interview spricht der Kommentator über die Bayern, den Meisterschaftskampf, die abstiegsbedrohten Klubs und die Probleme von Traditionsvereinen.
Hallo Herr Fuss, die neue Bundesliga-Saison steht bevor. Rechnen Sie damit, dass der FC Bayern München die 10. Meisterschaft in Folge gewinnen wird?
Wolff-Christoph Fuss: Theoretisch würde ich sagen: Die Bayern haben den teuersten Trainer und den besten Kader. Was soll da passieren? Da wir aber alle nicht wissen, ob die beiden Komponenten gut zusammenfinden, tue ich mich mit einer Prognose schwer.
Ich habe zumindest die Hoffnung, dass Leipzig und Dortmund auch nach dem 25. oder 26. Spieltag noch für einen spannenden Titelkampf sorgen. Aber wenn man realistisch ist, werden die Bayern erneut Meister.
Der FC Bayern München hat eine Ablöse von angeblich rund 20 Millionen Euro für
Ich finde es grundsätzlich schwer zu beurteilen, ob ein Trainer 20 Millionen Euro oder ein Spieler sogar 100 Millionen Euro wert ist. Das bestimmt letztlich der Markt. Nagelsmann war für die Bayern der Top-Kandidat. Und das war eben der Preis.
Er ist einer der besten deutschen Trainer, der nun beim größten und erfolgreichsten deutschen Verein arbeitet. Jetzt muss er beweisen, dass er Titel gewinnen kann. Die Bayern haben Nagelsmann verpflichtet, weil er langfristig etwas aufbauen und auch den eigenen Nachwuchs stärker einbinden soll. Das benötigt Zeit.
Um ihm dafür das Vertrauen zu schenken, wurde ein Vertrag über fünf Jahre vereinbart. Das hat Signalwirkung.
Fuss kommentiert Bundesliga-Eröffnungsspiel
Sie kommentieren auf Sat.1 das Bundesliga-Eröffnungsspiel des Bayern München bei Borussia Mönchengladbach. Wird Gladbach den Bayern Paroli bieten?
Ich erwarte ein ausgeglichenes Spiel. Auch weil sich Borussia Mönchengladbach in den letzten Jahren zu einem kleinen Angstgegner der Bayern entwickelt hat. Nun spielen sie auch noch vor etwa 20.000 Fans, allesamt Gladbacher. Auch das ist ein Faktor.
Generell denke ich, dass die ersten Gegner von Bayern München sich durchaus Chancen ausrechnen können, weil sich die Mannschaft erst einmal finden muss.
Natürlich hat auch Gladbach in Adi Hütter einen neuen Trainer. Aber die Mannschaft blieb größtenteils unverändert.
Laut Marco Reus hat Borussia Dortmund den Kader, um Meister zu werden. Trauen Sie dem BVB dies zu?
Ich denke, dass Borussia Dortmund in der vergangenen Saison unter ihren Möglichkeiten geblieben ist. Erst in der Endphase der Saison sind sie auf allen Zylindern gelaufen. Wenn sie all ihre PS durchgehend auf den Platz bringen, sind sie ein Titelkandidat.
RB Leipzig, VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt – wer könnte ansonsten vielleicht noch in den Meisterschaftskampf eingreifen?
Für mich sind Dortmund und RB Leipzig die logischen Konkurrenten des FC Bayern. Natürlich können Mannschaften wie Wolfsburg und Leverkusen mal oben reinspringen. Das gab es auch in der vergangenen Spielzeit. Über die komplette Saison sind sie allerdings nicht durchgehend so leistungsfähig, dass sie Meister werden können.
Überhaupt bin ich bei Eintracht Frankfurt gespannt, wie es weiterläuft. Sie haben in Adi Hütter ihren Trainer verloren, in Fredi Bobic auch noch ihren Sport-Vorstand. Nun wird sich zeigen, wie stabil die geschaffenen Strukturen auch bei neuem Personal sind.
Fuss zum Abstiegskampf: "Die halbe Liga zittert"
Blicken wir in die untere Tabellenregion. Im vergangenen Jahr sind mit dem FC Schalke 04 und dem SV Werder Bremen zwei große Traditionsvereine abgestiegen. Wer muss in diesem Jahr zittern?
Ich glaube, dass die halbe Liga zittert. Mein Tipp ist, dass acht bis zehn Mannschaften sehr lange mit dem Abstiegskampf zu tun haben werden.
Dazu gehören natürlich die Aufsteiger VfL Bochum und die SpVgg Greuther Fürth, aber auch die Mannschaften, die bereits vergangene Saison gegen den Abstieg gekämpft haben.
Der 1. FC Köln, der sich letzte Saison erst über die Relegation gerettet hat, wird den Blick erstmal nach unten richten. Der FC Augsburg und Arminia Bielefeld ebenso. Selbst Union Berlin will im ersten Schritt erstmal die 40 Punkte erreichen. Dies gilt traditionell auch für die Freiburger. Der 1. FSV Mainz 05 – auch wenn die Rheinhessen sich nach ihrem famosen Ritt in der Rückrunde stabilisiert haben dürften.
Ich bin zudem sehr gespannt, wie es nach den vielen Veränderungen bei Hertha BSC weiterläuft. Richtet sich der Blick jetzt endgültig nach oben oder doch wieder nach unten? Das lässt sich noch nicht seriös prognostizieren.
Die Bundesliga hat seit dem Jahre 2012 stets den gleichen Meister produziert und verliert zunehmend namhafte Traditionsvereine wie Schalke, Bremen, den HSV oder den 1. FC Nürnberg an die 2. Bundesliga. Droht der Bundesliga dadurch ein Verlust der Attraktivität?
Dass viele große Vereine in die 2. Liga oder gar 3. Liga abgestiegen sind, erhöht die Attraktivität der Bundesliga sicherlich nicht. Daher muss sie neue attraktive Schwerpunkte entwickeln.
Normalerweise ist der Meisterschaftskampf das Interessanteste, gerade auch für den internationalen Markt. Da bleibt es abzuwarten, was Dortmund und Leipzig über eine komplette Saison leisten können. Unabhängig davon allerdings ist der Kampf um die internationalen Plätze und gegen den Abstieg ausgesprochen spannend.
Traditionsvereine geraten immer wieder in Schieflage
Wo sehen Sie die Ursache dafür, dass die genannten Traditionsvereine finanziell und sportlich in die Schieflage geraten sind, während sich vermeintlich kleinere Vereine wie der 1. FSV Mainz 05, der FC Augsburg und nun auch Union Berlin in der Bundesliga etabliert haben?
Ich glaube, dass die Erwartungshaltung im Umfeld vieler großer Traditionsvereine ein Problem ist. Insgeheim hoffen alle, dass international gespielt wird. Sie haben allerdings mehrheitlich nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um sich ernsthaft oben zu platzieren.
Daher machen diese Vereine teilweise verrückte Transfers, ohne auf die Kaderstruktur zu achten. Schalke ist ein Beispiel. Denn eigentlich war das in der vergangenen Saison kein Kader, mit dem man absteigen muss. Trotzdem war der Verein für die erste Liga bei weitem nicht gut genug aufgestellt.
Ich denke, es wäre für diese Vereine wichtig, sich von äußeren Erwartungen abzuschotten und die sportlichen Möglichkeiten sehr eng mit den finanziellen Gegebenheiten zu verknüpfen. Mainz hat das in der Rückrunde der vergangenen Saison vorgemacht, ein paar Identitätsstifter installiert und dahinter eine entsprechende Mannschaft entwickelt.
Oder Borussia Mönchengladbach: Bis vor zehn Jahren kämpften sie gegen den Abstieg und waren mittendrin im Fahrstuhlgeschäft. Unter der Leitung von Sportdirektor Max Eberl haben sie es aber geschafft, eine Spielphilosophie vorzugeben. So konnte sich dieser Verein über die Jahre hinweg Schritt für Schritt weiterentwickeln und steigern.
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