• Alexandra Burghardt und die anderen deutschen Wintersportler stehen vor dem Abflug nach Peking.
  • Was die Athleten im Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2022 erwartet, wissen sie noch nicht.
  • Vorab sprach die Bobfahrerin mit uns über die Ungewissheit bei der Einreise nach China, den Einfluss der Coronakrise auf die Spiele und warum ihre Schneehose "das coolste Teil überhaupt" ist.
Ein Interview

Frau Burghardt, am 9. Januar beim Weltcuprennen in Winterberg misslang Ihnen als Anschieberin mit Ihrer Pilotin Mariama Jamanka der Start in den ersten Lauf völlig. Wie weit sind Sie beide inzwischen mit der Aufarbeitung dieses Rückschlags?

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Alexandra Burghardt: Wir haben das direkt nach dem Rennen analysiert. Das Problem ist leicht erklärt: Wenn man zu kurz anschiebt, ist man nicht schnell genug, und wenn man zu lang anschiebt, ist die Spur irgendwann aus. In dem Fall war es so, dass Mariama noch nicht an den Lenkseilen war, als die Spur aus war und dann ist der Bob ausgebrochen. Zusätzlich hatte ich einen Schlenker mit meinem Arm und bin nicht symmetrisch in den Schlitten, das hat dem Ganzen noch mal einen Drall verliehen. Für Peking haben wir uns vorgenommen, auf jeden Fall nicht zu weit zu laufen. Aber es ist gut, dass uns dieser Fehler jetzt passiert ist.

Lieber jetzt, als im Wettkampf in Peking.

Genau.

Inwiefern hat dieser Sonntag, der für Sie und Jamanka nach zwei Läufen auf Rang neun endete, Ihre Erwartungen für die Olympischen Winterspiele gedämpft?

Das war direkt abgehakt. Dieses Rennen hat mir einmal mehr gezeigt, dass im Bobsport - wie im Sprint - Hundertstel entscheiden und dass auch kleine Fehler letztlich einen großen Ausschlag geben können. Aber zu wissen, dass ein kleiner Fehler eine Platzierung bedeuten kann, heißt vielleicht auch, dass man nicht die beste Startzeit hinlegen muss, um vorne mitzufahren.

Sie sagten vor rund einem Monat im Gespräch mit unserer Redaktion, Jamanka wolle, dass Sie in Topform seien, wenn es ernst wird. Wie ist denn Ihre Verfassung knapp eine Woche vor dem offiziellen Olympia-Start?

Ich würde sagen, ich bin in Topform. Ich war jetzt noch auf Teneriffa im Trainingslager: Dort bin ich Zeiten gelaufen, die ich vorher noch nie gelaufen bin. Vor diesem Trainingslager wusste ich überhaupt nicht, in welcher Form ich bin. Ich hatte eher das Gefühl, dass ich aktuell noch nicht so schnell bin, aber in Spanien hat sich gezeigt, dass meine Bedenken unbegründet waren.

Bleiben wir kurz bei Teneriffa. Warum bereiten Sie sich ausgerechnet auf der spanischen Insel auf die Winterspiele in Peking vor?

(lacht) Eigentlich sind wir jeden Winter dort. Als wir nun wieder auf Teneriffa waren, habe ich auch mal überlegt, wie oft das bereits der Fall gewesen ist. Und ich glaube: 15 Mal – und das nie für Urlaub, sondern immer, um zu trainieren. Auf Teneriffa haben wir keine Zeitverschiebung gegenüber Deutschland und immer gutes Wetter. Wir können dort sehr hohe Intensitäten trainieren, besser als in einer Halle in Deutschland. Und für den Kopf ist es auch nicht schlecht, ein bisschen Vitamin D zu tanken.

Sie haben immer betont, welche große Ehre es für Sie darstellt, innerhalb eines halben Jahres erst an den Sommerspielen in Tokio und dann an den Winterspielen in Peking teilnehmen zu dürfen. Wie viel Angst mischt sich in die Vorfreude, wenn Sie etwa die Diskussionen um die Corona-Testproblematik in Deutschland und China verfolgen?

Auf Teneriffa haben wir bereits versucht, uns so gut wie möglich von der Außenwelt zu isolieren. Ein positiver Coronatest wäre der Super-GAU und würde jegliche Hoffnung auf die Winterspiele auslöschen. Das trübt die Vorfreude. Ein bisschen Angst mischt sich also mit rein. Ich glaube, das kann ich für alle Sportler sagen, die nach Peking reisen, dass man sehr angespannt ist. Wir testen uns täglich. Erst wenn ich in Peking bin und dort die ersten Tests negativ bestätigt bekommen habe, kann ich mich entspannen. In der Bubble vor Ort dürfte dann nicht mehr viel passieren, aber natürlich müssen wir uns auch in China an die Hygienemaßnahmen halten.

Dürfen wir uns Sie in einem Skianzug und mit Handschuhen beim Einkaufen vorstellen oder wie sieht das aus, wenn man als Athletin kein Risiko eingehen möchte, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und dann im schlimmsten Fall die Teilnahme an den Winterspielen absagen müsste?

(lacht) Ich halte mich an die Hygienevorschriften, wasche mir die Hände, habe immer eine FFP2-Maske auf, halte Abstände ein und hoffe, dass ich Glück habe und mich nicht im Vorbeigehen infiziere. Ich denke, früher oder später werden wir uns alle anstecken, aber ich hoffe, dass es mich zumindest nicht in den nächsten vier Wochen erwischt.

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Sind denn unter den aktuellen Corona-Voraussetzungen faire Wettkämpfe um Medaillen überhaupt möglich?

Das wird sich zeigen. Ich hoffe zumindest, dass die Konkurrenz gut nach China einreist, dass es diesbezüglich keine Probleme gibt, alle gesund bleiben und an den Start gehen können. Natürlich gibt es im Vorfeld beim Training auch ein paar Einschränkungen, aber diese sind nicht mehr so relevant wie zu Beginn der Coronakrise, da wir nun bereits zwei Jahre in dieser Pandemie leben und alle Sportler ihr Training angepasst haben.

Für Sie geht es am 29. Januar nach Peking. Wie wird Ihre Anreise aussehen? Wie werden Ihre Tage vor Ort aussehen, bis es ernst wird? Können Sie uns vorab einen kleinen Eindruck geben?

Am vergangenen Montag stand die Einkleidung auf dem Programm und jetzt ist Kofferpacken angesagt. Dann gibt es noch die eine oder andere Trainingseinheit. Generell ist es diese Woche aber ruhiger, um das Trainingslager zu verdauen. Am Freitag werde ich in Frankfurt anreisen. Von dort aus wird es eine Art Charterflug geben mit vielen olympischen Athleten, vermutlich auch aus anderen Nationen, so war es zumindest im Sommer bei der Einreise nach Tokio. Was uns vor Ort erwartet, wissen wir noch gar nicht genau. Wir hoffen einfach, dass wir gesund und munter in Peking ankommen und dann auch einreisen dürfen.

Impressionen von Ihrer Einkleidung haben Sie bei Instagram geteilt. Wie kommen Sie denn zurecht mit der neuen Arbeitskleidung? Ist ja doch ein Unterschied gegenüber der, die Sie im vergangenen Sommer in Tokio getragen haben.

(lacht) Ich finde sie cool. Denn für mich ist es super, mal richtig warme Sachen zu haben. Ich war vorher nie im Besitz einer Schneehose, aber das ist ja das coolste Teil überhaupt. Wenn draußen null Grad sind, ich die Schneehose trage und mit meinem Hund spazieren gehe, dann friere ich nicht mehr. Das ist super (lacht). Ich hoffe natürlich, dass uns die Klamotten auch in Peking warmhalten. Dort ist es noch mal ein bisschen kälter als in Deutschland, aber das Zwiebel-Prinzip wird es schon richten.

Zur Person: Alexandra Burghardt (27) ist eine deutsche Sprinterin und Anschieberin im Zweierbob. Nach den Olympischen Spielen in Tokio 2021 nimmt sie auch an den Winterspielen in Peking 2022 teil. Sie gewann mehrere Medaillen bei den Deutschen (Hallen-)Meisterschaften, zuletzt 2021 Gold in Braunschweig.

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